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Zweyer, Jan - Rainer

Zweyer, Jan - Rainer

Titel: Zweyer, Jan - Rainer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verkauftes Sterben
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auf der anderen Straßenseite entdeckte.
    Sie war gerade dabei, einen vor der RWE-Einfahrt geparkten Kleinbus zu verwarnen. Rainer spurtete los in der Hoffnung, dass sie seine Karre noch nicht entdeckt hatte. Aber schon von weitem entdeckte er das Stück Papier, das hinter seinem Scheibenwischer klemmte. Pech. Er verlangsamte seinen Schritt und warf einen Blick auf die Fassaden der Häuser in der unteren Rellinghauser Straße. Außer Arztpraxen, Anwaltskanzleien und Steuerberatern schien sich keiner die Mieten leisten zu können. Kurz bevor er seinen Wagen erreicht hatte, blieb er wie elektrisiert stehen. Am Haus mit der Nummer 22 wies ein graues Granitschild mit schwarz eingravierter Schrift darauf hin, dass hier eine Firma namens FürLeben ihr Domizil hatte. Nur einen Steinwurf entfernt von der Adresse, die Knut Hendrikson auf den notariellen Abtretungsverträgen angegeben hatte. Das konnte natürlich auch Zufall sein, aber andererseits…
    Nachdenklich steckte Rainer das Knöllchen in seine Tasche, stieg ein und dachte einen Moment nach. Dann entschloss er sich, mit seiner Partnerin über FürLeben und diesen Hendrikson zu sprechen.
    Doch Elke war schon nicht mehr in ihrem Büro, teilte ihm Martina am Telefon mit.
    Rainer erstand einen Strauß sündhaft teurer roter Rosen und quälte sich dann mit seinem Mazda Cabrio durch den Feierabendverkehr zum Recklinghäuser Quellberg.
    Anscheinend war Elke noch unterwegs, denn trotz mehrmaligen Klingeins öffnete sie nicht. Nachdem Esch einige Minuten ziemlich ratlos auf ihre Haustür gestarrt hatte, fiel ihm ein, dass sie an diesem Abend ihren Judokurs hatte. Wie alle zwei Wochen. Judo für Fortgeschrittene im Rahmen einer Veranstaltung der örtlichen Volkshochschule. In irgendeiner Turnhalle in Suderwich, wenn er sich recht erinnerte. Nervös steckte er sich eine Reval an. Eine asiatische Kampfsportart. In ihrem Zustand! Konnte sie nicht ruhig auf der Couch liegen und auf sich und sein Kind aufpassen?
    Rainer riss zwei Zettel aus seinem Kalender, schrieb auf einen eine kurze Nachricht und auf den anderen groß Elkes Nachnamen, schob Ersteren unter den zweiten und klemmte beide in das Papier, mit dem die Blumen verpackt waren. Dann drapierte er den Strauß so unter die Klingelknöpfe, dass Elkes Name leicht zu erkennen war, und ging zurück zu seinem Wagen. Es war kurz vor acht. Cengiz war bestimmt noch in seinem Laden. Rainer griff zu seinem Handy, um seinen Freund anzurufen. Vergebens. Der Akku war leer. Also keine Voranmeldung.
    Wenig später stand er vor dem Ladenlokal seines Freundes.
    Wie erwartet war alles hell erleuchtet.
    »Wie komme ich zu der Ehre deines Besuchs?«, fragte Cengiz, nachdem sie sein Büro betreten hatten.
    Esch sah sich um. Er war schon einige Monate nicht mehr hier gewesen. »Neuer Schreibtisch, was? Nobel. Und erst der Stuhl dahinter. Könnte einem Direktor gehören. Nicht schlecht.
    Die Geschäfte laufen also gut, nehme ich an?«
    »Danke der Nachfrage. Also, was ist los?«
    »Elke ist schwanger.«
    Cengiz sagte für einen Moment nichts, sondern grinste breit.
    Richtig überrascht wirkte er nicht. »Und?«
    »Was ›und‹?«
    »Wie fühlt man sich so als werdender Vater?« Cengiz ging zu einem Schrank, holte zwei Gläser und eine Flasche heraus und sah fragend zu Rainer hinüber.
     
    »Nee, ich muss noch fahren.«
    »Tja, als Familienvater solltest du natürlich solide sein. Keine Gelage mehr mit deinen Freunden, keine Besuche auf Schalke… Aber ich darf doch, oder?« Er goss sich etwas in sein Glas.
    »Grappa?«, erkundigte sich Rainer.
    »Grappa«, bestätigte Cengiz.
    »Noch ist mein Sohn ja nicht geboren«, murmelte Esch und griff nach dem Glas.
    Zwei Gläser später nahm Rainer seine Tasche und holte die Akte Mühlenkamp heraus. Er blätterte und präsentierte Cengiz die ärztlichen Bescheinigungen, mit denen Horst Mühlenkamp die Agentur FürLeben
    dazu bewogen hatte, seine
    Lebensversicherung aufzukaufen. »Kannst du so etwas nachmachen?«
    Cengiz griff nach den Papieren. »Wie meinst du das?«
    »Drücke ich mich undeutlich aus? Das kannst du doch sicher einscannen, oder?«
    »Ja, natürlich, aber…«
    »Und auch einen anderen Namen einsetzen? Oder eine andere Krankheit?«
    »Sicher geht das. Aber willst du mir nicht erklären…«
    »Und das Ganze dann so ausdrucken, dass die Fälschung vom Original nicht zu unterscheiden ist?«
    »Nun ja«, Cengiz warf einen erneuten Blick auf die Schreiben. »Die Unterschriften. Trotz eines

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