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Zweyer, Jan - Rainer

Zweyer, Jan - Rainer

Titel: Zweyer, Jan - Rainer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verkauftes Sterben
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Fremdverschulden aus?« Baumann zögerte einen Moment, bevor er weitersprach. »Herr Esch, wenn Sie irgendwelche Informationen unterschlagen, dann…«
    »Ich unterschlage keine Informationen. Wie sagten Sie doch eben so schön, Sie ermitteln in alle Richtungen. Nun, und ich möchte für alle Ermittlungsergebnisse gerüstet sein.«
    »Was ist nun mit den Unterlagen?«
    »Was soll damit sein?«
    »Ich möchte sie sehen.«
    »Nein.«
    »Wie bitte?« Diese Reaktion hatte Baumann nicht erwartet.
    »Herr Esch, Sie behindern unsere Arbeit. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, dass…«
     
    »Wie bitte?«, konterte Rainer scharf. »Wollen Sie mir etwa drohen? Darf ich Sie daran erinnern, dass ich der anwaltlichen Schweigepflicht unterliege! Ich«, er betonte das Wort überdeutlich, »mache mich strafbar, wenn ich Ihnen irgendwelche Informationen gebe, ohne dass mich meine Mandanten dazu befugt haben.« Rainer zog an der Zigarette und setzte merklich friedfertiger fort: »Ein kleiner Tipp: Besorgen Sie sich einen richterlichen Beschluss und Sie bekommen alle Unterlagen, die ich habe. Natürlich«, er deutete ein Grinsen an, »nur nach Ausschöpfung aller Rechtsmittel.
    Schneller ginge es möglicherweise, wenn Ihr Chef seinen Widerstand gegen meinen Antrag auf Akteneinsicht aufgeben würde. Auf meine Nachfrage hin hat mir die Staatsanwaltschaft nämlich mitgeteilt, dass die Ermittlungsakte noch beim zuständigen Kommissariat liegen würde und dort unentbehrlich sei.« Jetzt feixte Esch unanständig breit. »Und dieses Kommissariat sind doch Sie oder irre ich mich da?« Er drückte die Reval im Aschenbecher aus. »Kann ich noch etwas für Sie tun?«, fragte er freundlich.
    Baumann stand auf. »Ich hätte etwas mehr Kooperationsbereitschaft erwartet.«
    »Das gilt auch für meine Seite«, antwortete der Anwalt jovial. »Und grüßen Sie Herrn Brischinsky herzlich von mir.«
    Als Baumann den Raum verlassen hatte, nahm Rainer die Unterlagen aus dem Schreibtisch, die er aus Mühlenkamps Wohnung mitgenommen hatte, und rief Martina.
    »Bitte kopiere mir das.«
    Sie griff nach den Ordnern und blätterte darin. »Alles?«, fragte sie ungläubig.
    »Alles«, bestätigte Rainer. »Lange werden die nämlich nicht mehr in meinem Besitz sein.«
    »Auch die ganzen Kontenauszüge hier?«
    »Auch die«, bekräftigte ihr Chef.
     
    Wenig später klingelte das Telefon und Martina stellte Sabine Schollweg durch.
    »Ich habe noch etwas vergessen. Ich weiß nicht, ob das wichtig ist«, begann sie das Gespräch.
    »Ja?«
    »Horst hatte eine ziemlich umfangreiche Sammlung von Karl-May-Bänden.«
    Der Anwalt erinnerte sich, dass ihm die Bücher aufgefallen waren.
    »Horst wollte, dass ein Nachbarsjunge die Bücher bekommt.
    Er hatte vor, ihm die Bände zu seinem zwölften Geburtstag zu schenken.«
    Horst Mühlenkamp kam Rainer immer mehr wie ein Philanthrop vor. »Und?«, fragte er.
    »Ich habe die Bücher gestern aus Horsts Wohnung geholt.
    Durfte ich das?«
    »Was sagt Paul dazu?«
    »Der liest nicht. Wenn, dann höchstens den Playboy.«
    Rainer musste laut auflachen. Geschichte wiederholte sich doch.
    »Warum lachen Sie?«
    »Nicht wegen Ihnen. Ich musste nur gerade an eine Episode aus meiner Jugend denken. Machen Sie sich keine Gedanken.
    Wenn Paul keine Einwände hatte, geht die Sache schon klar.«
    »Da bin ich beruhigt. Ich beabsichtige, die Bücher an Ihre Kanzlei zu schicken. Ich möchte, dass Sie die Romane Sven übergeben.«
    »Sven?«
    »Sven Gröner, sagte ich das nicht eben?«
    »Nein. Aber warum schicken Sie die Bücher denn nicht gleich direkt an ihn?«
    »Horst wollte sie ihm persönlich übergeben. Ich habe in den nächsten Tagen keine Zeit und da dachte ich, dass Sie…?«
     
    Rainer seufzte. Dann sagte er sich, dass er nicht nur ein Organ der Rechtspflege, sondern auch Dienstleister war.
    Und als Sabine Schollweg noch hinzusetzte:
    »Selbstverständlich bezahle ich Sie dafür«, konnte sie seiner Zustimmung sicher sein.
     
    39
    Das Drübbelken war immer noch die Szenekneipe in Recklinghausen. Deshalb hockten hier auch nur diejenigen Juristen zusammen, die entweder unter dreißig waren oder sich im weitesten Sinne dem linken oder alternativen Lager zugehörig fühlten. Alle anderen Vertreter der Jurisprudenz trafen sich üblicherweise in einem der nobleren Speiserestaurants in der Innenstadt.
    Wie immer begann auch an diesem Freitagabend das Treffen im Drübbelken mit einem Kurzvortrag. Einer der knapp ein Dutzend Teilnehmer, ein

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