Zweyer, Jan - Rainer
Seite auf. Der Dienstleister besorgte für eine Gebühr von nur wenigen Euro in maximal zwei Stunden jede gewünschte Handelsregisterauskunft in Deutschland. Der Anwalt gab FürLeben und die Adresse der Agentur in eine Suchmaske ein, fügte seine Kreditkartennummer hinzu und beförderte seine Anfrage mit einem Mausklick in die Weiten des Netzes.
Esch schnappte sich die Zigarettenpackung, steckte eine Reval an und griff widerwillig zu einer Akte, die er schon seit einigen Tagen von links nach rechts auf seinem Schreibtisch verschob, ohne sich mit ihr ernsthaft befasst zu haben. Er inhalierte tief und vergrub sich in die Unterlage.
Etwa eine Stunde später machte ihn ein Signalton darauf aufmerksam, dass er eine Mail erhalten hatte. Es war die gewünschte Auskunft über FürLeben. Rainer schickte einen Befehl an den Rechner und wartete ungeduldig, bis sein altersschwacher Drucker die Information ausspuckte.
FürLeben war seit dem 1. Januar 2001 beim Amtsgericht Essen registriert. Die Firma war eine GmbH mit einem Grundkapital von fünfzigtausend Euro. Geschäftsführer von FürLeben war Peter Schmidt, alleiniger Gesellschafter die Firma Lichmed mit Sitz in Luxemburg. Die Adresse der Gesellschafterfirma lautete Maitre Pierre Gobin, Postfach.
Mehr gab der Auszug nicht her. Nicht sehr ergiebig das Ganze.
Martina betrat wieder sein Büro. Sie hielt einen Umschlag in der Hand. »Hier, für dich. Ist persönlich.« Sie warf ihm das Teil auf den Schreibtisch. »Von deinem Kumpel Cengiz. Einer seiner Aushilfskräfte hat ihn eben bei mir abgegeben.«
Rainer riss den Umschlag auf. In ihm befanden sich Schriftstücke eines Jörg Deidesheim, der unheilbar an Leukämie erkrankt war.
Jetzt hatte Rainer alles, was er brauchte. Die Unterlagen und vor allem einen Plan. Letzteres war vielleicht etwas übertrieben.
Eher die Idee eines Planes. Oder, noch besser, eine vage Vorstellung von dem, was er als Nächstes tun wollte.
Er griff zum Hörer, rief FürLeben an und vereinbarte mit der Sekretärin ein Treffen für die nächste Woche.
37
Heiner Baumann hatte noch gut zwei Stunden Zeit bis zu seinem Termin mit Rainer Esch. Also entschloss er sich, die Recklinghäuser Stadtverwaltung aufzusuchen, um dort mehr über Horst Mühlenkamp zu erfahren.
Der Kommissar hatte Glück und fand eine Parkmöglichkeit direkt hinter dem im Renaissancestil erbauten Gebäude.
Nach kurzem Suchen gelangte er auf den Flur, in dem die Personalverwaltung der Stadt ihre Räume hatte. Nach drei vergeblichen Versuchen antwortete im vierten Büro jemand auf sein Klopfen. »Herein.«
Baumann wies sich aus und brachte sein Anliegen vor.
Der Mittfünfziger, der dem Polizisten übergewichtig und schwitzend hinter seinem Schreibtisch gegenübersaß, hörte Baumann zu und schüttelte erst langsam, dann immer heftiger den Kopf. »Nee, so geht das nicht. Das ist leider unmöglich, Herr Kollege. Datenschutz. Sie verstehen?«
»Wieso Datenschutz? Mühlenkamp ist schließlich verstorben.«
»Sagen Sie.«
»Was soll das heißen?«, erregte sich der Kommissar.
Der Personalmensch zeigte auf seinen Computermonitor.
»Sehen Sie, er wird hier in der Datei als Angestellter der Stadtverwaltung geführt. Sein Ausscheiden wurde noch nicht registriert. Und solange der Computer sagt, dass Horst Mühlenkamp noch im Dienst ist, so lange ist er auch beschäftigt. Jedenfalls für uns in der Verwaltung. Und deshalb darf ich Ihnen keine Auskünfte über solche sensiblen Daten wie Krankheiten oder Ähnliches erteilen.«
»Sie sind nicht in der Lage, diesen Eintrag zu ändern?«
Der Beamte schüttelte bedauernd den Kopf. »Tut mir Leid.
Wir sind schließlich alle verpflichtet, uns strikt an die Gesetze zu halten. Das sollten Sie als Polizist verstehen.«
»Das Einzige, was ich kapiere, ist, dass Sie mir nicht helfen wollen. Wer kann denn diesen verdammten Eintrag ändern?«
»Mein Vorgesetzter.«
Baumann stand auf. »Und den finde ich wo?«
Fünf Minuten später hatte auch der Computer der Stadtverwaltung Horst Mühlenkamps Ableben zur Kenntnis genommen. Und nach weiteren drei Minuten kannte Kommissar Heiner Baumann nicht nur den Namen der Krankenkasse, bei der der Verstorbene versichert gewesen war, sondern auch den Namen des behandelnden Arztes.
Dessen Praxis befand sich in Recklinghausen-Süd, quasi auf dem Weg zur Anwaltskanzlei Esch.
Der Doktor dort war erheblich auskunftsfreudiger als der Personalverwalter. »Was sagten Sie?
Weitere Kostenlose Bücher