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Zweyer, Jan - Rainer

Zweyer, Jan - Rainer

Titel: Zweyer, Jan - Rainer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verkauftes Sterben
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Jurist, der bei einer der großen Einzelgewerkschaften des DGB beschäftigt war und den Rainer nur unter seinem Vornamen – Holger – kannte, hielt ein Referat über die Änderungen im Kündigungsschutzgesetz.
    Anschließend war Diskussion angesagt, dann folgte der Tagesordnungspunkt Geselliges Beisammensein. Einer der Teilnehmer hatte vor Jahren dieses monatliche Ritual treffend als Saufen mit Programm bezeichnet.
    Gegen elf hatte sich die Runde weitgehend aufgelöst. Nur Elke, Rainer und vier, fünf weitere Kollegen hatte es an die lange Theke des Lokals gespült. Elke trank Orangensaft, was Rainer angesichts ihres Zustands für sehr vernünftig hielt, ihn aber nicht dazu bewog, auf den vierten Schoppen Weißwein zu verzichten. Auch die anderen waren nicht mehr ganz nüchtern.
    Nun fand das statt, was der eigentliche Zweck des Abends war: der Austausch von Klatsch und Tratsch aus der Juristenszene.
    Rainer erzählte mit schwerer Zunge von einem Herner Kollegen, der wegen Unterschlagung von Mandantengeldern für einige Jahre in den Knast gewandert war und sich dort, so hörte man, einen illustren Kreis potenzieller Mandanten für den Fall aufbaute, dass er jemals wieder seine Zulassung zurückerhalten würde und erneut als Anwalt arbeiten konnte.
    Ein Rechtsreferendar, angehender Jurist in der dritten Generation, machte sich über einen Richter lustig, der überwiegend Verkehrsstrafsachen bearbeitete und als besonders scharfer Hund bekannt war. Nun war er selbst mit fast zwei Promille erwischt worden. »Und weg war die Fleppe«, meinte der junge Kollege lakonisch. »Wenn er mit seinen Maßstäben gemessen wird, für mindestens ein Jahr.«
    »Und dann noch der medizinisch-psychologische Eignungstest«, ergänzte Elke. »Dumm gelaufen.«
    Alle nickten verständnisvoll und die Vernünftigeren unter ihnen fassten den Entschluss, den Heimweg in einem Taxi anzutreten.
    Das Drübbelken füllte sich, das Stimmengewirr nahm zu und die Musik wurde etwas lauter gestellt. Das führte dazu, dass die Diskutanten ein wenig ihre Stimme hoben, um sich besser verstehen zu können. So kletterte der Schallpegel langsam, aber unaufhörlich nach oben, bis sich nur noch die direkt nebeneinander Sitzenden ohne zu schreien verständigen konnten.
    Elke schob sich an die Seite ihres Freundes. »Du solltest nicht so viel trinken. Wir übernachten doch heute bei mir.«
    »Ich denke, du bist schwanger?«, grinste Rainer etwas anzüglich.
    Sie knuffte ihn in die Hüfte. »Idiot. Aber lass uns nicht mehr so lange bleiben.«
    »Geht klar. Nur noch ein Glas Wein, ja?«
    Zehn Minuten später stand Uwe Losper neben Rainer. Uwe war ein früherer Studienkollege Rainers, betrieb eine Anwaltskanzlei am Börster Weg und hatte, nachdem er Cengiz Kaya vor einigen Jahren aus der Untersuchungshaft geholt hatte, bei Rainer mehr als nur einen Gefallen gut.
    »Na, läuft euer Laden?«, erkundigte er sich mit schwerer, aber noch verständlicher Stimme und hielt sich an einem Bierglas fest.
    »Nee, wir können nicht klagen«, kalauerte Rainer als Antwort. »Und bei dir?«
    »Geht so.« Er nahm einen großen Schluck, setzte ab, blickte einen Augenblick mit etwas verblüfftem Gesicht auf das leere Glas und bestellte unverzüglich Nachschub. »Mandate hab ich ausreichend, aber das hier…«, er rieb Daumen und Zeigefinger gegeneinander, »… fehlt. Geringe Streitwerte, miese Zahlungsmoral…«
    Für einen Moment hingen beide Anwälte ihren trübseligen Gedanken nach und fragten sich, warum sie nicht Bossi oder Gysi hießen.
    »Aber jetzt habe ich etwas Lukrativeres an Land gezogen.
    Weiß der Teufel, wie der Kerl auf mich gekommen ist.«
    »Vermutlich hat dein Mandant bei der Anwaltskammer nachgefragt, wer am meisten Zeit hat«, spottete Rainer.
    »Mag sein«, antwortete Losper ernsthaft. »Ist aber auch ‘ne Menge Arbeit.«
    Rainer bestellte einen Espresso und einen Brandy, was ihm einen ungehaltenen Blick Elkes einbrachte.
    »Du hast doch bestimmt von der Explosion in Suderwich gehört, oder?«
    Esch nickte.
    »Ich vertrete den Apotheker, dessen Geschäft da in die Luft geflogen ist.«
    »Als was? Nebenklage?«
    »Quatsch. Der ist Beschuldigter.«
    Rainers Interesse war geweckt. »Wieso? Ich dachte, das sei ein Unfall gewesen?«
     
    »Hörst du eigentlich kein Radio?«
    »Manchmal, warum?«
    »Weil da seit heute Morgen alle naselang um Mithilfe gebeten wird. Es gibt eine Telefonnummer, unter der man sich eine Stimme anhören soll.«
    Esch erinnerte sich dunkel

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