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Zwielicht

Zwielicht

Titel: Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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insgeheim, daß auch wirkliche Menschen mitunter keine menschlichen Wesen sind.
    »Stimmt«, bestätigte Rya meine Worte. »Obwohl dieses Geschöpf mühelos die genauesten medizinischen Gewebeuntersuchungen bestehen kann, ist es immer ein Troll. Das ist seine wahre Natur, egal welches äußere Erscheinungsbild es wählt. Seine Standpunkte, seine Denkweise, sein Urteilsvermögen — das alles ist so fremdartig, daß es unser Begriffsvermögen total übersteigt. Wie gesagt, die Trolle wurden als Kampfmaschinen konzipiert und gezüchtet. Sie sollten imstande sein, sich in einem fremden Land unter die Menschen zu mischen und selbst als Menschen angesehen zu werden, um sich dann plötzlich im geeigneten Moment in furchterregende Monster zu verwandeln. Man schleust beispielsweise fünftausend Trolle als geheimes Terrorkommando auf feindliches Territorium ein. Mit gezielten Einzelaktionen an verschiedenen Orten und in verschiedenen Bereichen bringen sie allmählich alles zum Erliegen, einfach indem sie eine Atmosphäre von Paranoia erzeugen...«
    Ich konnte mir das Chaos lebhaft vorstellen. Ein Nachbar würde den anderen verdächtigen. Man würde keinem Menschen mehr vertrauen, außer den nächsten Familienangehörigen. In einer solchen Atmosphäre paranoiden Mißtrauens könnte eine Gesellschaft, wie wir sie kennen, nicht mehr fortbestehen. Die betroffene Nation würde bald unterworfen werden.
    »Oder man könnte die fünftausend so programmieren, daß sie gleichzeitig losschlagen«, fuhr Rya fort, »in einem einzigen mörderischen Gewaltstreich, dem in einer Nacht zweihunderttausend Menschen zum Opfer fallen könnten.«
    Diese Kreatur mit ihrem grauenvollen Äußeren, mit ihren Hauern und Krallen, war ersonnen worden, um als Kampfmaschine nicht nur zu morden, sondern gleichzeitig auch zu demoralisieren.
    Die Effektivität einer solchen Armee von Trollen verschlug mir völlig die Sprache. Meine Muskeln waren angespannt, meine Kehle war wie zugeschnürt, und meine Brust schmerzte. Während ich Rya zuhörte, bekam ich eine immer stärkere Gänsehaut.
    Aber es war nicht nur die Geschichte der Trolle, die mir solche Angst einjagte. Da war noch etwas anderes.
    Eine unbestimmte Vorahnung.
    Etwas würde passieren... Etwas Schlimmes.
    Ich hatte das Gefühl, als würde ich mich inmitten eines unvorstellbaren Horrors wiederfinden, sobald ich alle Einzelheiten über die Ursprünge der Trolle kannte.
    Rya saß mit hängenden Schultern und gesenktem Kopf da und starrte auf den Boden. »Dieser Krieger... dieser Troll wurde eigens so konzipiert, daß er zu Mitleid, Schuld, Scham, Liebe, Erbarmen und zu den meisten anderen menschlichen Empfindungen nicht fähig war, obwohl er sie perfekt imitieren konnte, wenn er sich als Mann oder Frau ausgab. Man erschuf ihn so, daß er auch Akte äußerster Grausamkeit ohne Gewissensbisse verüben konnte. Wenn ich die Informationen, die ich über Jahre hinweg gesammelt habe, richtig verstanden habe... wenn ich alles, was ich gesehen habe, richtig interpretiere... ist es sogar so, daß er darauf programmiert wurde, beim Töten einen Genuß zu verspüren. Man stattete ihn mit nur drei Emotionen aus: Furcht in sehr begrenztem Umfang — von den Genetikern und Psychogenetikern als Überlebensmechanismus für unabdingbar erklärt—, Haß und Blutdurst. Verständlicherweise wollte das derart reduzierte Wesen jedes dieser drei Gefühle bis zur Neige auskosten.«
    In all den Jahrtausenden verschollener — oder aufgezeichneter Geschichte hatte es zweifellos kein menschlicher Massenmörder — weder in der damaligen Zivilisation noch in der unsrigen — jemals auch nur annähernd mit diesen im Labor gezüchteten Soldaten aufnehmen können, was den obsessiven psychopathischen Mordtrieb betraf. Kein religiöser Fanatiker, dem für seinen angeblich gottgefälligen Kampf ein Platz im Himmel garantiert wurde, hatte jemals mit solchem Eifer morden können.
    Meine schmutzigen Hände hatten sich zu Fäusten geballt und dermaßen verkrampft, daß die Fingernägel sich schmerzhaft in die Haut gruben. Es kam mir fast so vor, als wäre ich ein eifriger Büßer, der durch Erleiden von Schmerz die Absolution zu erlangen hofft. Doch Absolution für wen? Für wessen Sünden glaubte ich büßen zu müssen?
    »Aber, um Gottes willen«, rief ich, »die Züchtung dieses Kriegers... das war doch glatter Wahnsinn! So ein Wesen konnte doch niemals unter Kontrolle gehalten werden!«
    »Sie glaubten offenbar, sie könnten es«,

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