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Zwielicht

Zwielicht

Titel: Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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soll es jetzt mit uns weitergehen?«
    »Du willst keinem... Waffenstillstand zustimmen«, stellte sie fest.
    Ich machte mir nicht einmal die Mühe zu antworten.
    »Ich habe dich also... verloren«, murmelte sie.
    Auch ich weinte jetzt. Sie hatte mich verloren, und ich hatte sie verloren.
    Schließlich sagte ich: »In Anbetracht des Schicksals anderer Seher, die noch hierherkommen werden... müßte ich dir eigentlich auf der Stelle das Genick brechen. Aber... Gott steh mir bei... ich kann es nicht. Ich kann das nicht tun. Deshalb werde ich... meine Sachen packen und verschwinden. Auf einem anderen Rummelplatz einen neuen Anfang machen. Wir werden... vergessen.«
    »Nein«, flüsterte sie. »Dafür ist es jetzt schon zu spät.«
    Ich wischte mir mit dem Handrücken die Tränen aus den Augen. »Schon zu spät?«
    »Du bist bereits aufgefallen. Deine einzige Hoffnung bestand darin, dich meiner Sicht der Dinge anzuschließen und mit ihnen ein Abkommen zu treffen, so wie ich es getan habe.«
    »Du willst mich wirklich verraten?«
    »Ich wollte ihnen nichts von dir erzählen... nicht, nachdem ich dich näher kennengelernt hatte.«
    »Dann tu es nicht.«
    »Du verstehst nicht.« Sie erschauderte. »An dem Tag, als ich dich zum erstenmal sah und noch nicht wußte, was du nur bedeuten würdest, da... da habe ich gegenüber einem von ihnen eine Andeutung gemacht, daß ich einem weiteren Seher auf der Spur sei. Und jetzt wartet er auf meinen Bericht.«
    »Wer?«
    »Er hat hier in Yontsdown das Sagen.«
    »Das Sagen? Du meinst — bei den Trollen?«
    »Er ist besonders schlau, sogar für ihresgleichen. Er hat gesehen, daß zwischen dir und mir etwas Besonderes vorging, und er vermutet, daß du jener Seher bist, den ich erwähnt habe. Er wollte, daß ich ihm das bestätige. Ich versuchte ihn anzulügen. Aber er ist nicht dumm und läßt sich nicht so leicht hinters Licht führen. Er hat mich bedrängt. ›Erzähl mir alles über ihn‹, hat er gesagt. ›Erzähl mir alles, andernfalls wirst du nicht länger Immunität genießen.‹ Slim, kannst du das nicht verstehen? Ich... hatte... keine... Wahl.«
    Ich hörte hinter mir ein Geräusch.
    Ich drehte mich um.
    Vom schmalen Flur aus, der in den hinteren Teil des Wohnwagens führte, betrat Polizeichef Lisle Kelsko das Wohnzimmer.

17 -  Der Alptraum wird Wirklichkeit
     
    Kelsko hielt seinen Smith & W ess o n Revolver Kaliber .45 in der Hand, aber er zielte nicht auf mich, weil er auf den Überraschungseffekt und auf seine Polizeiautorität vertraute. Die Mündung war auf den Boden gerichtet, aber natürlich würde er beim geringsten Anzeichen von Komplikationen in Sekundenschnelle feuern.
    Unter dem kantigen, harten, brutalen Menschengesicht sah ich die Fratze des Trolls. Unterhalb der buschigen Brauen der Menschenmaske stierten mich die dämonischen Augen an, umgeben von rissiger, verhornter Haut. Unter dem grausamen schmallippigen Menschenmund geiferte der Troll und bleckte die gefährlich scharfen Zähne. Als ich Kelsko in seinem Yontsdowner Büro zum erstenmal gesehen hatte, war mir besonders seine sogar für die Unholde außergewöhnliche Bösartigkeit und Wildheit aufgefallen — und sein extrem abstoßendes Äußeres, dessen Einzelheiten auf hohes Alter hinzudeuten schienen. Rya hatte vorhin berichtet, daß manche Trolle eine Lebensdauer von 1500 Jahren hatten, und es fiel mir nicht schwer zu glauben, daß dieses Wesen, das sich Lisle Kelsko nannte, so alt war. Es hatte wahrscheinlich dreißig oder vierzig Menschenleben hinter sich, wechselte seine Identität immer wieder, tötete im Laufe der Jahrhunderte Tausende von uns, quälte Zehntausende — und war jetzt hier, um auch mich zu quälen und zu töten.
    »Slim MacKenzie«, sagte der verkleidete Troll, »ich verhafte Sie in Zusammenhang mit der Untersuchung mehrerer Mordfälle...«
    Ich hatte nicht die Absicht, in ihrem Streifenwagen Platz zu nehmen und mich in irgendeine geheime Folterkammer bringen zu lassen. Ein schneller Tod, hier und jetzt, war viel angenehmer als Unterwerfung, und deshalb griff ich — noch bevor die Kreatur ihre kurze Rede beendet hatte — in meinen Stiefel und packte mein Messer. Ich saß mit dem Rücken zu Kelsko und hatte bei seinem Eintritt nur den Kopf nach ihm umgedreht. Deshalb konnte er weder den Stiefel noch meine Hand sehen. Aus irgendeinem Grund — jetzt glaubte ich ihn zu kennen — hatte ich Rya nie etwas von dem Messer erzählt, und bevor sie überhaupt richtig registrierte, was

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