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Zwielicht

Zwielicht

Titel: Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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viel erzählt. Aber sie brauchen mir nur ein wenig zu erzählen, und alles übrige sehe ich dann in einer Art Vision. Man könnte es vielleicht folgendermaßen erklären: Wenn sie die Tür einen Spalt weit öffnen, kann ich sie weit aufstoßen und sogar Dinge sehen, die sie vor mir zu verstecken versuchen. Aber das ist im Augenblick unwichtig, und ich wünschte bei Gott, du würdest mich nicht ständig unterbrechen. Wichtig ist, daß ich ihnen klargemacht habe, daß es mir völlig egal ist, was sie tun, wen sie verletzen oder umbringen, solange sie nicht mich verletzen oder umbringen. Und wir haben eine Art Waffenstillstand geschlossen.«
    Ich ließ mich völlig perplex wieder auf meinen Stuhl fallen und brachte es beim besten Willen nicht fertig, den Mund zu halten, wie sie es von mir verlangte. »Was? Einen Waffenstillstand? Einfach so? Wozu sollten sie das wollen? Warum haben sie dich nicht einfach umgebracht? Selbst wenn sie deinen Beteuerungen geglaubt haben, daß du ihr Geheimnis wahren würdest, stelltest du eine Bedrohung für sie dar. Ich verstehe das nicht. Sie konnten doch bei diesem... diesem Waffenstillstand nichts gewinnen.«
    Ihre Stimmung schlug wieder um. In stiller Verzweiflung sackte sie in ihrem Stuhl zusammen. Ihre Stimme war kaum noch zu hören. »Doch, sie konnten etwas gewinnen. Ich hatte ihnen etwas zu bieten. Weißt du, eine meiner übersinnlichen Fähigkeiten scheinst du nicht zu besitzen, jedenfalls nicht so stark ausgeprägt wie ich. Ich nehme parapsychologische Gaben an anderen Menschen wahr, speziell wenn sie die Trolle sehen können, auch wenn sie sich bemühen, diese Gabe vor mir geheimzuhalten. Ich spüre das nicht unbedingt gleich bei der ersten Begegnung. Manchmal dauert es eine Weile, aber allmählich werde ich mir ihrer verborgenen Kräfte bewußt. Bis heute nacht dachte ich, mein Gespür wäre... nun ja, unfehlbar. Aber du hast gesagt, daß Joel Tuck die Trolle sieht, und ihn hatte ich nie in Verdacht. Trotzdem glaube ich, daß ich solche Dinge in den allermeisten Fällen rasch bemerke. Ich wußte ganz von Anfang an, daß du etwas Besonderes an dir hast, obwohl ich damals nicht vermutet hätte, wie besonders du in vieler Hinsicht bist.« Sie hauchte jetzt nur noch. »Ich möchte dich behalten. Ich hätte nie geglaubt, daß ich jemanden finden würde... jemanden, den ich brauche... den ich liebe... Doch dann bist du gekommen, und jetzt will ich dich behalten, aber das ist nur möglich, wenn du mit den Trollen den gleichen Vertrag schließt wie ich.«
    Ich saß wie versteinert da und hörte mein Granitherz pochen — ein hartes, kaltes Geräusch, klagend und dumpf, so als träfe ein Meißel auf Marmor. Meine Liebe und mein Verlangen waren unverändert in meinem versteinerten Herzen vorhanden, aber sie schienen plötzlich unerreichbar, ebenso wie herrliche Skulpturen in jedem groben Steinblock potentiell schon vorhanden sind, aber für Menschen ohne schöpferisches Talent unerreichbar bleiben. Ich wollte nicht glauben, was sie gesagt hatte, und ich konnte den Gedanken an das, was ich als nächstes erfahren würde, nicht ertragen, aber ich mußte zuhören, mußte auch das Schlimmste zur Kenntnis nehmen.
    Mit Tränen in den Augen berichtete sie: »Wenn ich jemanden treffe, der die Trolle sehen kann... melde ich es. Ich warne einen von ihnen vor dem Seher. Weißt du, sie wollen keinen offenen Kriegszustand wie beim letztenmal. Sie wirken lieber im geheimen. Sie wollen nicht, daß wir uns gegen sie organisieren, obwohl das sowieso ein hoffnungsloses Unterfangen wäre. Ich mache sie also auf Leute aufmerksam, die über sie Bescheid wissen und sie umbringen oder aber eine Aufklärungskampagne starten könnten. Und die Trolle... nun... sie eliminieren diese Gefahr... Dafür revanchieren sie sich, indem sie mir Sicherheit vor ihresgleichen garantieren. Eine Art Immunität. Sie lassen mich in Ruhe. Das ist alles, was ich je gewollt habe, Slim. In Ruhe gelassen werden. Und wenn du mit ihnen die gleiche Abmachung triffst, werden sie uns beide in Ruhe lassen... und wir können zusammenbleiben... zusammen leben... glücklich sein...«
    »Glücklich?« Ich spuckte dieses Wort förmlich aus. »Glücklich? Glaubst du, wir können glücklich sein, wenn wir wissen, daß wir nur überleben, indem wir andere verraten?«
    »Die Trolle würden einige dieser Leute ohnehin töten.«
    Mit großer Mühe hob ich meine kalten Steinhände ans Gesicht und versteckte mich hinter meinen Fingern, so als könnte

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