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Zwielicht

Zwielicht

Titel: Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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neben der Schiffschaukel, wo ich es mühelos wiederfinden würde, ohne daß es von der Straße aus entdeckt werden konnte.
    Ich kehrte zum Autoskooter zurück.
    Alles war ruhig.
    Das Sperrgitter quietschte leise, als ich es aufdrückte.
    Meine Schritte hallten auf dem Holzboden.
    Das war mir egal. Diesmal wollte ich ja niemanden überraschen.
    Mondlicht schimmerte außerhalb des Pavillons.
    Im Innern des überdachten Raums ballten sich dunkle Schatten.
    Schatten und feuchte Hitze.
    Die Kleinautos scharten sich zusammen wie Schafe auf einer dunklen Weide.
    Die Leiche war verschwunden.
    Mein erster Gedanke war, daß ich einfach vergessen hatte, wo sie lag. Vielleicht hinter, jenen zwei anderen Autos oder dort drüben in dem anderen schwarzen Teich, wo kein Mondstrahl hinfiel. Dann kam mir die Idee, daß der Troll vielleicht doch nicht tot gewesen war, als ich ihn verlassen hatte. Er war zweifellos tödlich verwundet gewesen, aber vielleicht hatte er sich mit letzter Kraft in irgendeinen anderen Winkel des Pavillons geschleppt, bevor er gestorben war. Ich begann, zwischen den Autos nach ihm zu suchen. Ich ließ keine einzige dunkle Stelle aus — völlig erfolglos. Meine Erregung nahm immer mehr zu.
    Ich blieb stehen und lauschte.
    Stille.
    Ich versuchte, irgendwelche psychischen Vibrationen aufzufangen.
    Nichts.
    Mir fiel ein, unter welches Auto die Taschenlampe des Trolls gerollt war. Ich fand sie — eine Bestätigung dafür, daß ich den ganzen Kampf mit dem Unhold nicht nur geträumt hatte. Ich knipste die Lampe an, schirmte das Licht mit einer Hand ab und leuchtete den Boden ab. Ich entdeckte weitere Beweise, daß die mörderische Konfrontation kein Alptraum gewesen war. Blut. Viel Blut, teilweise schon ins Holz eingesickert, dickflüssig oder geronnen, rotbraun, an den getrockneten Rändern rostfarben — aber es war unverkennbar Blut, und anhand der kleinen und großen Flecken ließ sich der Kampf, den ich in Erinnerung hatte, genau rekonstruieren.
    Ich fand auch mein Messer, und es war mit getrocknetem Blut befleckt. Ich wollte es in die Scheide schieben, die im rechten Stiefel steckte, besann mich aber in Anbetracht der unheimlichen Ereignisse eines Besseren und behielt die Waffe in der Hand.
    Das Blut, das Messer... Aber der Leichnam war verschwunden.
    Und auch die Werkzeugtasche fehlte.
    Ich wäre am liebsten Hals über Kopf geflüchtet, ohne auch nur mein Gepäck zu holen. Einfach die Straße entlangrennen und bei jedem Schritt Wolken von Sägemehl aufwirbeln, zum Haupteingang des Jahrmarktsgeländes rennen, über das Tor klettern und weiterrennen, stundenlang, ohne anzuhalten, in den Morgen hinein, weiter und immer weiter, durchs Gebirge, in die Wildnis... bis ich einen Fluß finden würde, wo ich das Blut und den Gestank meines Feindes abwaschen könnte, wo ich ein Mooslager finden und mich im Schutz von hohem Farn ausstrecken könnte, wo ich friedlich schlafen könnte, ohne Angst, von jemandem gesehen zu werden — ob nun von einem Menschen oder von einer der verhaßten Kreaturen.
    Ich war schließlich nur ein siebzehnjähriger Junge.
    Aber die fantastischen und erschreckenden Ereignisse und Erfahrungen der vergangenen Monate hatten mich abgehärtet. Ich war gezwungen gewesen, schnell erwachsen zu werden. Wenn der Junge überleben wollte, mußte er ein Mann sein — zudem noch ein Mann mit stählernen Nerven und eisernem Willen.
    Anstatt zu flüchten ging ich deshalb um den ganzen Pavillon herum und suchte im Schein der Taschenlampe auf der staubigen Erde vergeblich nach Blutspuren, die der Troll mit Sicherheit hinterlassen hätte, selbst wenn es ihm gelungen wäre wegzukriechen. Ich wußte aus Erfahrung, daß diese Kreaturen gegen den Tod genausowenig immun waren wie ich. Sie konnten keine Wunder vollbringen, sich nicht selbst heilen, nicht auferstehen. Onkel Denton war nicht unbesiegbar gewesen; nachdem er tot war, blieb er es auch. Und dasselbe traf zweifellos auch auf den Troll zu, der tot auf dem Boden des Pavillons gelegen hatte. Er war tot gewesen, und er war noch immer tot. Für sein Verschwinden gab es demnach nur eine einzige Erklärung: Jemand hatte die Leiche gefunden und weggeschafft.
    Aber warum? Warum hatte dieser Jemand nicht die Polizei verständigt? Wer auch immer den Toten gefunden haben mochte, konnte ja nicht wissen, daß diese sterbliche Hülle ein dämonisches Wesen mit Höllenfratze beherbergt hatte. Mein unbekannter Helfer hätte nur einen toten Mann gesehen, weiter nichts. Warum

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