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Zwielicht

Zwielicht

Titel: Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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ich ungläubig.
    »Du hast völlig richtig gehört, mein Junge.«
    »Passiert das regelmäßig?«
    »Wir kommen jedes Jahr hierher, und seit Kelsko vor neun Jahren Polizeichef wurde, ist es uns sechsmal passiert.«
    Luke Bendingo nahm eine Hand vom Lenkrad und deutete auf eine etwa drei Zentimeter lange weiße Narbe, die von seinem rechten Augenwinkel nach unten führte.
    »Hast du die bei einem Kampf mit Kelskos Männern abbekommen?« fragte ich.
    »Ja«, sagte Luke. »Diese verd-d-d-dammten D-D-Dreck-sch-schweine!«
    Ich wandte mich wieder an Jelly. »Sie sagten, das sei als Warnung gedacht. Was soll dieser Blödsinn?«
    »Kelsko will uns damit zu verstehen geben, daß er zwar unsere Bestechungsgelder annimmt, daß man mit ihm aber trotzdem kein Schindluder treiben kann.«
    »Und warum sagt er uns das nicht einfach?«
    Jelly schüttelte mit düsterer Miene den Kopf. »Junge, dies ist ein Kohlerevier, obwohl sie heutzutage nicht mehr viel aus den Minen rausholen, und es wird immer ein Kohlerevier bleiben, weil die Bergleute noch hier leben, und dieser Menschenschlag ändert sich nie. Nie, verstehst du? Bergarbeiter führen ein hartes und gefährliches Leben, und dadurch werden sie selbst hart und gefährlich, eigensinnig bis zur Sturheit. Im Bergbau arbeitet nur, wer entweder in einer verzweifelten Situation oder schlichtweg dumm ist — oder aber ein Macho, der beweisen will, daß er sich nicht einmal von den Zechen unterkriegen läßt. Selbst junge Burschen, die noch nie einen Fuß in die Minen gesetzt haben, spielen sich als superharte Männer auf, weil sie ihre Väter nachahmen. Die Leute hier oben lieben Prügeleien, einfach so, aus Spaß. Wenn Kelsko uns nur verbal warnen würde, brächte er sich um ein großes Vergnügen.«
    Wahrscheinlich bildete ich es mir in meiner Angst vor Gummiknüppeln und ähnlichen Dingen nur ein, aber als wir ins Gebirge kamen, schien der Tag nicht mehr so strahlend, so warm, so vielversprechend zu sein wie bei unserer Abfahrt. Die Bäume waren in meinen Augen bei weitem nicht so schön wie die Tannen und Kiefern meiner Heimat, und die Wälle dieser östlichen Berge, die geologisch wesentlich älter als die Siskiyous sind, dünkten mich düster und reizlos, dekadent und bösartig aus Überdruß. Ich war mir allerdings bewußt, daß meine Eindrücke stark von Emotionen geprägt waren. Dieser Teil der Welt hatte — genau wie Oregon — seine ureigene, einzigartige Schönheit. Ich wußte, daß es unvernünftig war, einer Landschaft menschliche Gefühle und Intentionen zu unterstellen, aber ich wurde trotzdem den Eindruck nicht los, daß die anmaßenden Berge uns scharf beobachteten und für immer zu schlucken beabsichtigten.
    »Aber wenn Kelskos Männer uns überfallen«, sagte ich, »können wir uns doch nicht wehren. Nicht gegen Bullen. Nicht auf einer Polizeistation, um Gottes willen. Sonst landen wir garantiert wegen tätlichen Angriffs im Kittchen.«
    »Oh, es passiert nicht auf dem Polizeirevier«, erwiderte Jelly. »Auch nicht in der Umgebung des Amtsgerichts, wo wir die Taschen der Stadträte füllen müssen. Innerhalb der Stadtgrenzen passiert nicht das geringste, dafür garantiere ich. Und obwohl es immer Kelskos sogenannte Gesetzeshüter sind, werden sie keine Uniformen tragen. Er schickt sie in Zivilkleidung los, und sie warten gewöhnlich kurz hinter dem Ortsausgang auf uns, versperren uns auf einem ruhigen Straßenabschnitt den Weg. Dreimal haben sie uns sogar von der Straße gedrängt, damit wir anhielten.«
    »Und dann beginnen sie eine Schlägerei?« fragte ich.
    »Ja.«
    »Und Sie schlagen zurück?«
    »So ist es.«
    »Einmal hat J-J-Jelly einem Kerl den Arm geb-b-b-bro-chen«, berichtete Luke.
    »Das hätte ich nicht tun sollen«, sagte Jelly. »Es ging entschieden zu weit und hätte leicht zu großem Ärger führen können.«
    Ich drehte mich um und betrachtete den fetten Mann mit neuem Respekt. »Aber wenn Sie von den Bullen nicht nur Prügel einstecken müssen, sondern auch zurückschlagen dürfen — verdammt, warum nehmen Sie dann nicht ein paar von den wirklich starken Schaustellern mit, die diese Dreckschweine zu Brei schlagen könnten? Warum Leute wie Luke und mich?«
    »Oh«, meinte Jelly, »das würde ihnen nun gar nicht gefallen. Sie wollen uns ein bißchen verprügeln und selbst ein paar Hiebe einstecken, weil das beweist, daß es ein richtiger Kampf war. Sie wollen sich doch beweisen, daß sie genauso hartgesottene Burschen wie ihre Väter sind, aber

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