Zwielicht
sie haben natürlich nicht die geringste Lust, sich zusammenschlagen zu lassen. Wenn ich mit Leuten wie Barney Quadlow oder Deke Feeny, dem starken Mann aus Tom Catshanks Schaubude, anrücken würde... nun, dann würden Kelskos Jungs schleunigst verduften und überhaupt nicht kämpfen.«
»Und was wäre daran so schlecht? Machen Ihnen diese Kämpfe etwa Spaß?«
»Um Himmels willen, nein!« erwiderte Jelly, »aber wenn wir sie um ihre Prügelei bringen, wenn sie uns Kelskos Warnung nicht übermitteln können, werden sie uns Schwierigkeiten machen, sobald wir den Rummelplatz aufgebaut haben.«
»Und nach überstandenem Kampf lassen sie uns in Frieden?«
»Ganz recht, du hast's erfaßt.«
»Dieser Kampf ist also so 'ne Art Tribut.«
»So könnte man es nennen.«
»Das ist doch verrückt«, murmelte ich.
»Stimmt genau.«
»Kindisch.«
»Wie gesagt, dies ist ein Kohlerevier.«
Einige Minuten herrschte Schweigen.
Ich fragte mich, ob dies die Gefahr für Jelly sein könnte. Vielleicht würde der Kampf diesmal außer Kontrolle geraten. Vielleicht würde es sich bei einem von Kelskos Männern um einen Psychopathen handeln, der einfach nicht mehr aufhören konnte, auf Jelly einzuschlagen, und vielleicht würde er so stark sein, daß keiner von uns ihn wegziehen konnte, bevor es zu spät war.
Ich machte mir große Sorgen.
Ich atmete tief durch und versuchte, meine übersinnlichen Kräfte einzusetzen. Ich versuchte nach einer Bestätigung meiner schlimmsten Befürchtungen, nach irgendeinem — selbst dem kleinsten — Hinweis darauf, daß Jelly Jordans Rendezvous mit dem Tod in Yontsdown stattfinden würde. Aber ich spürte nichts Auffälliges. Vielleicht war das ein positives Zeichen, denn wenn die kritische Situation für Jelly sich hier zusammenbrauen würde, hätte ich doch bestimmt irgendein Signal empfangen. Ganz bestimmt...
Seufzend sagte ich: »Ich nehme an, daß ich genau die Art von Leibwächter bin, den Sie brauchen. Kräftig genug, um nicht allzu schlimm verletzt zu werden... aber nicht so kräftig, daß ich den Kampf ohne blutige Schrammen überstehen könnte.«
»Die Burschen wollen Blut sehen«, bestätigte Jelly seelenruhig. »Das ist für sie äußerst befriedigend.«
»Mein Gott!«
»Ich habe dich gestern gewarnt«, sagte Jelly.
»Ich weiß.«
»Ich habe dich gefragt, ob du nicht wissen wolltest, um was für einen Job es sich handelt.«
»Ich weiß.«
»Aber du warst ja so dankbar für jede Arbeit, daß du völlig unüberlegt zum Sprung angesetzt hast, ohne zu wissen, worüber du eigentlich springen mußt, und jetzt, mitten im Sprung, schaust du hinunter und siehst einen Tiger, der dich packen und dir die Eier abbeißen möchte.«
Luke Bendingo lachte.
»Ich glaube, ich habe eine nützliche Lektion gelernt«, murmelte ich.
»In der Tat«, stimmte Jelly mir grinsend zu. »Es ist sogar eine so verdammt nützliche Lektion, daß es eigentlich viel zu großzügig von mir ist, dir für diesen Job auch noch Geld zu bezahlen.«
Am blauen Himmel zogen Wolken auf.
Bewaldete Hügel rückten auf beiden Seiten immer näher an die Straße heran. Hauptsächlich waren es Tannenwälder, aber dazwischen wuchsen auch einzelne verkrüppelte Eichen mit knorrigen schwarzen Stämmen, auf denen große häßliche Pilzansammlungen wucherten.
Wir fuhren an einem längst nicht mehr benutzten Zecheneingang vorbei, an einer halb zerstörten Kipphalde neben einem unkrautüberwucherten Bahngleis, sodann an einer Reihe von Häusern mit abgeblättertem Verputz. Rostige Autowracks schienen hier die verbreitetste Rasendekoration zu sein, so wie in anderen Wohngegenden Vogelbäder und Stuckflamingos.
»Ich würde vorschlagen«, sagte ich, »daß Sie nächstes Jahr Joel Tuck zu Kelsko mitnehmen.«
»Mann, das w-w-wär' was!« Luke schlug vor Begeisterung mit einer Hand aufs Armaturenbrett.
»Joel brauchte nur neben Ihnen zu stehen«, fuhr ich fort, »schweigend, ohne irgendwelche Drohgebärden, sogar lächelnd, ganz freundlich lächelnd, während er Kelsko mit seinem dritten Auge, jenem leeren orangefarbenen Auge, fixiert. Ich wette, daß niemand Ihnen dann beim Verlassen der Stadt auflauern würde.«
»Selbstverständlich würde uns niemand auflauern«, sagte Jelly. »Sie wären auf der Polizeistation alle vollauf damit beschäftigt, ihre vollgeschissenen Hosen zu säubern.«
Wir lachten und entspannten uns ein wenig, aber für Witze und Limericks blieb jetzt keine Zeit mehr, denn gleich darauf passierten wir das
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