Zwielicht
sich als Quarks Dabo -Mädchen ausgegeben , dachte Kira schmunzelnd. Das sollte für mehr als eine Anekdote reichen.
Sie nahm die Tasse und nippte erneut am Raktajino . Ihr letzter Termin des Tages war gleichzeitig der wichtigste: eine Subraumkonfe-renz mit dem Ingenieurskorps der Sternenflotte, das ihr Neuigkeiten über den Zustand Europa Novas mitteilen wollte. Premierminister Shakaar, Ministerin Asarem und die übrige bajoranische Regierung hatten prompt auf die Krise der Europani reagiert und ihren Planeten als sicheren Hafen angeboten, doch die zweieinhalb Millionen Flüchtlinge brachten Bajor langsam ans Ende seiner Ressourcen –
und weitere fünfhunderttausend waren auf dem Weg. Je eher die Flüchtlinge auf ihre Welt zurückkehren konnten, desto besser war es für alle Beteiligten.
Mit der freien Hand gab Kira ihren Zugangscode ein und sah, dass sie einige Nachrichten erhalten hatte – wie so oft, wenn ihre Schicht begann. Sie überflog die überwiegend aus Routineanfragen bestehende Liste, stutzte allerdings bei zwei Meldungen: Eine stammte von Lieutenant Ro, die andere überraschenderweise von Taran’atar.
Langsam gewöhnte sie sich an die Anwesenheit des Jem’Hadars. Ihr Vertrauen in ihn hatte die Vorschusslorbeeren, die ihm durch Odos Auftrag gebührten, längst überschritten. Es stand außer Frage, dass er sich unter ihrem Kommando als patenter Soldat erwiesen hatte.
Doch trotz seiner Stärke und militärischen Finesse kam er sich noch immer fremd vor, wirkte unsicher und zweifelte mitunter an seiner
– für ihn fraglos verwirrenden – Mission.
Der Anzeige nach handelte es sich um eine Audio-Botschaft. Kira stellte die inzwischen halb leere Tasse ab und berührte das Kontrollfeld. »Colonel Kira« , erklang Taran’atars Stimme. Sie kam ihr schwä-
cher als sonst vor, wie schon bei ihrem Besuch auf der Krankenstation, kurz nach ihrer Rückkehr. Kira erinnerte sich daran, wie er auf dem Bett gelegen und ausgesehen hatte, als habe man stundenlang auf ihn eingeschlagen. Seine grünlich-graue Haut war blau, purpurn und schwarz gewesen.
Dr. Tarses zufolge verwiesen die furchtbaren Verletzungen auf die Fähigkeit der Jem’Hadar, schnell zu heilen. Als Lieutenant Bowers und Ensign Roness ihn nach seiner Rückkehr aus dem Delta-Quadranten vor einem der Portale aufgesammelt hatten, war Taran’atars Gesicht nur ein blutiger Klumpen gewesen. Bowers hatte den Jem’Hadar auf die Rio Grande gebeamt und die Blutungen stillen können. Die Wunden heilten schon, bevor die drei zurück auf der Station waren.
Zu Taran’atars Pech zählten die Verletzungen im Gesicht zu den geringfügigsten. Ein Arm war mehrfach gebrochen, zwei Rippen förmlich zersplittert. Eine Hiebwaffe hatte ihm nicht nur den Bizeps durchstoßen, sondern dabei auch Muskelgewebe durchtrennt. Eine andere, stumpfere Klinge war in seine Brust getrieben worden, wo sie ein klaffendes Loch hinterlassen und sich durch eines seiner Herzen gebohrt hatte. An zwei weiteren Organen war ebenfalls Schaden entstanden. Insgesamt betrachtet war es ihm schlechter gegangen, als nach der Folter durch den genetisch aufgewerteten Rebellen Locken. Damals war Taran’atar zwar auch verletzt, aber bewusst am Leben gehalten worden, weil er Informationen besaß. Es war offensichtlich, dass der Hirogen aus dem Delta-Quadranten keinerlei derartige Beschränkungen gekannt hatte. Ihm war es um die Jagd gegangen, um die Vernichtung. Bei ihrem Besuch auf der Krankenstation hatte sich Kira über Taran’atars Zustand informiert und sich gefragt, wie der Kampf der beiden Kriegerwesen verlaufen sein musste. Taran’atar sah aus wie der wandelnde Tod – und er hatte ihn gewonnen!
Kira lauschte dem Rest der Nachricht. Wie bei Taran’atar üblich, war sie kurz und direkt formuliert: Er bat um seine Befreiung aus der Krankenstation. Befreiung , dachte sie und konnte sich ein Lä-
cheln nicht verkneifen. Als wäre er ein Gefangener. Bei ihrem Wieder-sehen war es ihm wichtig gewesen, zu betonen, wie sehr es ihn befriedigte, dass sie beide ihre Leben zurückgefordert hatten. Nun wollte er wohl das Gleiche tun, diesmal aus Dr. Tarses Klauen.
Kira verstand ihn. Sie eignete sich ebenfalls nicht zur Patientin, die einfach herumlag. Sie beschloss, mit Simon zu sprechen, damit der Jem’Hadar entlassen wurde, sobald es medizinisch vertretbar war.
Angesichts der Heilungsgeschwindigkeit seines Volkes würde es ohnehin nicht mehr lange dauern.
Als Nächstes rief sie Ros
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