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Zwielicht

Zwielicht

Titel: Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David R. George III
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kommen«, erklärte ch’Thane, »desto mehr nehmen die Energiewerte zu. Unsere Scans werden zusehends fehlerhaft.«
    »Verstehe.« Vaughn sah aus dem Fenster und auf den deprimie-rend einfarbigen Himmel. Unter ihm erstreckte sich ein Bergpanora-ma – bisher hatte sie ihr Flug nur über flaches Land geführt.
    »Im Umkreis von etwa hundert Kilometern erhalten wir noch verlässliche Resultate«, ergänzte Prynn, »aber nicht darüber hinaus.«
    Die Chaffee bog nach backbord ab, während einer der höheren Berge vor Vaughns Augen nach steuerbord zog. Vaughn wartete, bis Prynn das Manöver vollführt hatte, dann legte er eine Hand auf ch’Thanes Sitz. »Da wir so nah sind, Ensign, bereiten Sie bitte unsere Ausrüstung vor.« Sie hatten wissenschaftliche Geräte an Bord, um den Ursprung des Impulses zu untersuchen, und ein Großteil davon verlangte nach Shars Expertise.
    Ch’Thane erhob sich von seinem Stuhl. »Ja, Sir.«

    Vaughn trat beiseite, um ihm Platz zu machen. Dann setzte er sich selbst an die Steuerbordkonsole. Zum ersten Mal seit ihrem Gespräch in ihrem Quartier waren er und Prynn unter sich. Vaughn sah sie an, doch ihre Aufmerksamkeit gehörte allein ihrer Konsole.
    Sollte er etwas sagen? Sie aus ihrer Konzentration ziehen? Ihm war danach. Er wollte sie in ein Gespräch verwickeln und, sei es auch nur auf Zeit, aus den Rollen des Kommandanten und des Ensigns schlüpfen. Vater und Tochter sein. Angesichts der bevorstehenden Aufgabe war ihre gescheiterte Beziehung natürlich irrelevant, und doch … Bis sie die Quelle erreichten, hatten sie wenig zu tun.
    Das Shuttle glitt in Richtung steuerbord. Vaughn sah, wie eine weitere Bergspitze vor ihnen zur Seite zog. Dahinter folgten größere.
    Manche schienen bis zur Unendlichkeit zu reichen. Der Anblick erinnerte ihn an ein Gemälde, das er vor langer Zeit gesehen hatte. Er wusste aber nicht mehr, wo.
    »Sir?« Prynns Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. »Diese Berge dort …«
    »Ja?«, hakte er nach.
    »Soll ich bei momentaner Flughöhe bleiben und uns durch die Lücken navigieren, oder weiter aufsteigen?«
    »Warum sollten wir höher steigen, wenn wir es nicht müssen?«, wollte er wissen.
    »Weil unser Weg, falls wir niedrig bleiben, durch eine etwa zweihundert Meter breite Schlucht führt«, erklärte Prynn.
    Langsam nickte er. Bei ihrem Tempo blieb da wenig Spielraum.
    »Schaffen Sie das?«, fragte er und sah zu ihr, um ihre Reaktion zu sehen. Zum ersten Mal erwiderte sie seinen Blick, die Miene zuversichtlich.
    »Ja«, antwortete sie und fügte ein »Sir« hinzu, als sei ihr eben erst eingefallen, dass ihr Umgang miteinander rein professionell bleiben sollte. Von Wut oder Abneigung sah Vaughn nichts.
    »Dann machen Sie’s so, Ensign«, befahl er und versuchte, den Schmerz, den ihr professionelles Gebaren in ihm verursachte, für sich zu behalten. So will sie behandelt werden , dachte er. Das kann ich ihr nicht übel nehmen. Prynn gab ihm exakt das, worum er sie gebeten hatte. Der Rest, so konnte er nur hoffen, blieb eine Frage der Zeit.
    »Ja, Sir.« Sie widmete sich wieder ihrer Konsole, betätigte mehrere Tasten und bewegte die Finger so sicher, als spiele sie ein ihr kostba-res Instrument. Die elektronischen Laute, die die Konsole von sich gab, klangen fast wie Musik. Vaughn spürte keinen Richtungswech-sel, doch ein Blick auf seine Anzeigen zeigte ihm den Unterschied.
    Die Chaffee näherte sich zwei Bergen. Zwillingsriesen gleich erhoben sie sich vor dem kleinen Schiff; ihre schroffen, felsigen Oberflä-
    chen waren stumme Versprechen eines grauenvollen Schicksals für den Piloten, der in ihrer Nähe Fehler beging. Die Chaffee raste auf die Lücke zwischen ihnen zu, und für einen kurzen Moment glaubte Vaughn, seinen Befehl zurücknehmen und eine höhere Flugbahn einnehmen zu müssen.
    Doch es war zu spät. Die Chaffee preschte voran – in einem Tempo, das die felsigen Wände rechts und links wie verwaschene Schemen wirken ließ. Vaughn hörte, wie Prynns Konsole ihre Kursjustierun-gen piepsend quittierte. Sekunden verstrichen. Dauerte dieser Flug nicht schon zu lange? Vor seinem geistigen Auge sah Vaughn eine Sackgasse auf sie warten, sah das Shuttle gegen kalten, harten Fels prallen – so schnell, dass er und die Ensigns den Tod gar nicht kommen sehen würden.
    Doch Prynn musste die Scans der Schlucht kennen. Hätten die Sensoren ihr keinen Weg aufgezeigt und sie ihren Anzeigen miss-traut, wären sie jetzt nicht auf diesem Kurs. Vaughn wusste

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