Zwielicht
hatte einige Versuche unternommen, mit den Erfahrungen ihrer Jugend-jahre ins Reine zu kommen, und während ihrer Zeit bei der Flotte sogar einmal einen Counselor aufgesucht. Doch sie war nie bereit gewesen, sich dem Thema wirklich zu stellen.
Vermutlich bin ich es noch immer nicht , dachte sie bitter.
Als sie Hatrams Geschäft passierte, kam weiter vorne das Sicherheitsbüro wieder in Sicht. Vielleicht sollte sie ihren Arbeitstag tatsächlich einfach beginnen. Trotz aller Grübeleien der vergangenen anderthalb Tage hatte Ro wenig für lange Selbstanalysen übrig. Für den Moment zählte nur eines: Sollte sie die Wahl haben – unwahrscheinlich, aber denkbar –, würde sie DS9 und die dort lebende Be-völkerung noch nicht verlassen. Es erschien ihr unfair, endlich einen Ort gefunden zu haben, an dem sie sich zugehörig fühlte, und dann von ihm vertrieben zu werden. Andererseits passte es perfekt zu ihrem turbulenten Leben.
Während ihres Spaziergangs war es auf der Promenade heller geworden. Das simulierte Tageslicht an Bord der Raumstation nahm zu. Ro näherte sich ihrem Büro und versuchte vergeblich, einen klaren Kopf zu bekommen. Dann konzentrierte sie sich auf die Liste der Dinge, die sie und ihr Team heute angehen mussten. Kurz vor ihrer Tür hielt sie inne. Links von ihr befand sich der Eingang des Quark’s.
Die Bar war noch geschlossen, wie alle anderen Lokale, Büros und Geschäfte hier, und als Ro ihre Enttäuschung darüber bemerkte, begriff sie endlich den wahren Grund ihres frühen Erscheinens: Sie war gekommen, um mit Quark zu sprechen. Soweit sie es beurteilen konnte, war der Ferengi kein Frühaufsteher. Hatte er die Morgen-und Nachmittagsschicht nicht Treir übertragen? Obwohl sie genau wusste, dass seine Bar erst in einigen Stunden öffnete und er dementsprechend gar nicht hier sein konnte, hatte Ro das Verlangen verspürt, sich mit ihm auszutauschen. Es ging ihr gar nicht so sehr um die Herausforderungen der kommenden Tage – schließlich waren die Konferenz und ihr Anlass geheim –, sondern um seine Gesellschaft. Sie hatte es in den vergangenen Monaten genossen, mit ihm zu reden, und obwohl er recht deutlich romantisches Interesse an ihr zeigte, schrieb sie diese Bemühungen eher seiner Schalkhaf-tigkeit zu. Dennoch war er nett zu ihr gewesen, sogar lieb. Ja, er hatte ein verqueres Weltbild – das Streben nach materiellen Werten hatte Ro nie wirklich nachvollziehen können –, war ihr aber bisher ein guter Freund gewesen. Und er verstand es, zuzuhören.
Kein Wunder, bei den Ohren …. dachte sie amüsiert. Einsam hallte ihr Lachen über die leere Promenade. Den Gedanken musste Ro unbedingt mit Quark teilen; er würde ihn sicher zu schätzen wissen.
Ro trat zur Bartür, hielt sich die Hand über die Augen, um das Licht abzuschotten, und linste in den Schankraum. Er war leer. Ein Achselzucken später kehrte sie zu ihrem eigenen Arbeitsplatz zu-rück. Im Büro des Sicherheitsdienstes setzte sie sich an ihren Tisch und rief sich den Terminplan des Tages auf. Die meisten Einträge betrafen die Konferenz und ihre besonderen Anforderungen. Dann stand ein weiteres Treffen mit dem Colonel an, bei dem ihre Vorbereitungen durchdiskutiert werden würden. Ein voller Tag – und wenn Ro Feierabend machte, würde Quarks Bar nicht minder voll und er beschäftigt sein. Natürlich konnte sie ihn trotzdem besuchen, doch selbst wenn sein Geschäft zurzeit nicht so gut lief, war eine Bar kein Ort für ein privates Gespräch. Quark war nicht der Einzige auf DS9, der gute Ohren hatte.
Vielleicht sehe ich nach ihm, wenn er heute Nacht absperrt , sagte sie sich. Oder auch nicht.
Kapitel 33
Hier gab es keinen Sonnenaufgang. Dafür sorgte schon allein das dauerhaft scheinende Wolkendach. Die Nacht war so finster wie die Ewigkeit, und die Tage bestanden aus Halbdunkel. Durch das Fenster des Shuttles sah Vaughn, dass die Dunkelheit nicht vom Rot, Orange und Gelb, das normalerweise zur Dämmerung gehörte, ersetzt worden war, sondern vom Grau in Grau, das auf dieser Welt alltäglich schien. Der Flug durch die Wolken hatte die Chaffee in die Nacht geführt, nun aber zeigte sich wieder schwaches Tageslicht.
»Wie ist unser Status?«, fragte Vaughn in die Stille der Kabine.
Ch’Thane sah auf, Prynn hingegen hielt ihren Blick auf die Flugkon-sole gerichtet.
»Wir rechnen mit weniger als einer Stunde verbleibender Flugzeit«, sagte sie.
»Rechnen?«, hakte er nach.
»Je näher wir der Quelle des Impulses
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