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Zwielicht

Zwielicht

Titel: Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David R. George III
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können.
    Ro wandte sich um und schlenderte die leere Promenade entlang.
    Sollte sie das Licht einschalten? Immerhin kannte sie die nötigen Si-cherheitscodes. Nein, entschied sie schließlich. Die Dunkelheit und die Stille passten zur Situation, waren angenehm.
    Genauso falsch , tadelte sie sich. Hatte sie in den letzten beiden Nächten trotz Ruhe und Schwärze etwa Frieden gefunden? Nicht mal ansatzweise! Zwei Abende war es her, dass Kira sie über die bevorstehende Konferenz und Bajors möglichen Eintritt in die Föderation informiert hatte, und damals waren Ro die Folgen keinen weiteren Gedanken wert gewesen. Stattdessen hatte sie sich auf ihre Aufgaben konzentriert, selbst in ihrer Freizeit, und Station, Mitarbeiter-stab sowie sich selbst auf die bevorstehenden Anforderungen vorbereitet. Dennoch waren ihre Bedenken nach und nach in ihren Geist geschlichen.
    Als sie das Replimat, den Floristen und das leerstehende Geschäft passierte, das einstmals diesem Garak gehört haben musste, gähnte sie herzhaft. Mehr als ein paar Stunden Schlaf waren ihr in dieser Nacht nicht vergönnt gewesen – nicht zuletzt deswegen hatte es sie so früh aus ihrem Quartier getrieben. Der Gedanke eines zur Föderation zählenden Bajors ließ ihr keine Ruhe, so sehr sie ihn auch zu verdrängen versuchte. Sollte es so weit kommen, ging das bajoranische Militär zweifelsfrei in der Sternenflotte auf – und ob ihr dann noch eine Stellung angeboten wurde, war fraglich. Falls Akaars Anwesenheit auf der Station ein Hinweis war, konnte sie von Glück reden, wenn man sie nicht wieder in ihren alten Sternenflottenrang zurückversetzte und sie dann kurzerhand in ihre eigene Zelle schmiss. Selbst wenn nicht: War es wirklich eine gute Idee, ein Angebot der Flotte anzunehmen? Für sie und für die Flotte? Eines hatte ihre Zeit auf der Wellington und der Enterprise doch gezeigt: Ro kam mit Kommandohierarchien und Befehlsketten nicht zurecht.
    Genau deshalb bist du heute beim bajoranischen Militär , sagte sie sich und kicherte. Die bizarre Situation ließ sie den Kopf schütteln und mit den Augen rollen. Seit sie erwachsen war, hatte sie kaum Ruhe gefunden – nicht einmal in der Sternenflotte – und sich nirgends willkommen genug gefühlt, um Wurzeln schlagen zu wollen.
    Höchstens hier , gestand sie sich ein. Vielleicht. Es wunderte sie selbst, wie sehr sie DS9 mochte. Wie sehr sie der Gedanke, die Station verlassen zu müssen, schmerzte.
    Als sie am Frisörsalon vorbeikam, fiel ihr der Termin ein, den sie sich geben lassen wollte. Ihr glattes, schwarzes Haar war unangenehm lang geworden und reichte ihr schon bis auf die Schultern.
    Der so banale Gedanke bildete einen krassen Gegensatz zu ihrer Angst vor einem bajoranischen Föderationsbeitritt und ihrer im Ungewissen liegenden Zukunft. Hätte man Ro vor Monaten, als ihr das bajoranische Militär diesen Posten gegeben hatte, gefragt, ob sie sich auf DS9 je wohlfühlen würde, hätte sie vermutlich laut gelacht. Damals ging sie noch davon aus, über kurz oder lang ihren Hut zu nehmen oder entlassen zu werden.
    Doch trotz ihrer negativen Einstellung war ihr eine positive Entwicklung gelungen. Nach zögerlichem Start hatte Ro sich auf ihrem Posten eingelebt, und aus der angespannten Beziehung zur Stationskommandantin war tatsächlich etwas geworden, was einem gegen-seitigen Vertrauensverhältnis recht nahe kam. Und sie hatte Freunde gefunden: Nog und Shar – zwei junge und auffallend ungewöhnliche Sternenflottenoffiziere – sowie Hatram Nabir, eine Schneiderin, die kurz nach Ros Ankunft ein Geschäft auf der Promenade eröffnet hatte. Selbst mit Taran’atar kam sie klar. Sie machte zwar noch immer einen Bogen um große Gruppen, doch die Größe der Station erlaubte es ihr, anderen gegenüber so offen zu sein, wie sie gerade wollte. Auf einem Raumschiff war das ganz anders. Der Gedanke schien absurd – nicht zuletzt, weil Ro keinen nennenswerten Bezug zu dem Begriff hatte –, doch wenn sie an Deep Space 9 dachte, fühlte sie sich heimisch.
    Beziehungstechnisch hatte sie sehr lange das Leben einer Einsied-lerin geführt – zwar nicht isoliert von allem und jedem, aber ohne jemanden hinter ihre Fassade blicken zu lassen. Deswegen war ihr Leben als Erwachsene stets eine Drehtür gewesen, durch die neue Leute gekommen und gegangen waren, schneller und schneller. Und obwohl sie nicht zu derartigen Selbstanalysen neigte, wusste sie, dass ihre Kindheit ein Spiegel dieses Zustands sein musste. Ro

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