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Zwielicht

Zwielicht

Titel: Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David R. George III
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Jenseits des Einstiegs lag die hintere Kabine in völligem Chaos – bei seinem Eintritt trat Vaughn auf einen Phaser
    –, doch er hatte Glück. Sofort sah er, was er brauchte. Mit zwei langen Schritten war er in der Ecke neben dem zerbeulten Schrank, bückte sich und hob den Feuerlöscher auf.
    Dann kehrte er nach draußen zurück. Prynn war bereits auf dem Weg zum brennenden Bug, und er beeilte sich, zu ihr aufzuschlie-
    ßen. Eine Million kleiner Stiche zog bei jeder Bewegung über seinen Körper, doch er schätzte sich glücklich, überhaupt noch stehen zu können.
    Einige Meter vor dem Cockpit hielt Prynn an und hob die Arme vors Gesicht. Auch Vaughn spürte die Hitze, als er näher kam. Das Brüllen des Feuers erinnerte ihn an die Explosion auf der Defiant , bei der er seine Tochter verloren geglaubt hatte. Sechs Wochen war das nun her. »Bleib hier«, rief er Prynn zu und ging langsam weiter.
    Wenn er den Löschkanister sinnvoll einsetzen wollte, musste er dem Brandherd näher kommen. Vaughn taumelte nach rechts und suchte eine Lücke in den Flammen.
    Die Luft schimmerte vor Hitze, und ihm war, als sähe er alles durch fließendes Wasser. Plötzlich bemerkte er etwas. Vaughn machte einen Schritt zurück, sah genauer hin und fand zu seiner Enttäuschung nur einen Haufen aus Metall und Kabeln, der etwa zwanzig Meter entfernt am Boden lag. Also zog er weiter, hielt seinen Blick jedoch diesmal auf die Umgebung und nicht auf das Wrack gerichtet. Ein zweiter Haufen kam in sein Sichtfeld, und ihm war, als bestünde er aus dem vertrauten Grau einer Sternenflottenuniform und einem Blau, das nur auf andorianische Haut zurückgehen konnte.
    »Prynn«, rief Vaughn. »Shar.« Dann ließ er den Kanister fallen und rannte los. Der Körper des jungen Ensigns war verdreht, erinnerte an eine achtlos beiseite geworfene Puppe. Ch’Thane lag mit dem Gesicht nach unten auf dem kargen Boden, und sein linker Arm stand in einem für Menschen wie Andorianer unmöglich wirkenden Winkel ab – im Bestfall war nur die Schulter ausgekugelt.
    Neben seinem Kopf kniete Vaughn nieder und suchte nach seinem Puls. Er wusste wenig über andorianische Physiologie, erkannte aber sofort, dass der junge Mann lebte. Schnell sah er sich nach Verletzungen um.
    Prynns Schritte näherten sich. »Wie geht’s ihm?«, erkundigte sie sich besorgt.
    »Er lebt.« Vaughn blickte nicht auf, sondern untersuchte systematisch ch’Thanes Körper. Unterhalb eines Knies fiel ihm eine dunkel gefärbte Stelle ins Auge, die sich als Loch in der Uniformhose ent-puppte. Vaughn steckte zwei Finger jeder Hand hinein und riss es weiter auf. Das Geräusch zerreißenden Stoffes wirkte in dieser fremden Umgebung so eigenartig, wie er sich fühlte, als er Shars Bein sah.
    »Was ist?«, fragte Prynn. »Alles in Ordnung?«
    Er hörte sie näher kommen und drehte sich um, sah ihr direkt ins Gesicht. »Stopp!«, befahl er, und sie gehorchte, erwiderte seinen Blick. Das getrocknete Blut und die Verletzung in ihrem Auge ließen sie aussehen, als verberge sie eine Gesichtshälfte hinter einer Maske.
    »Bleib da stehen und hör mir zu. Ensign ch’Thane lebt, aber ich brauche deine Hilfe, damit sich das nicht ändert.« Sie nickte stumm.
    Setzte nun etwa der Schock ein? »Geh zurück zum Heck und bring mir einen Trikorder und ein Medikit.« Sofort drehte sie sich um und lief los. »Warte!«, rief er ihr nach. Sie sah zurück. »Ich glaube, ich habe den Notfallkoffer im Heck gesehen«, fuhr er fort. »Versuche, ihn zu öffnen. Falls es nicht geht oder du ihn nicht findest, musst du die Trümmer nach Alternativen durchsuchen. Und ich brauche etwas, das ich als Schiene verwenden kann.«
    »Als Schiene«, wiederholte sie.
    »Genau. Geh.« Prynn rannte los.
    Vaughn sah zu ch’Thanes Bein. Auf halber Strecke zwischen Knö-
    chel und Knie stach das zerbrochene Ende eines Knochens aus der Haut des jungen Mannes, das Weiß ein scharfer Kontrast. Indigofar-benes Blut schoss aus der Wunde und in den Dreck am Boden.
    Schnell stand Vaughn auf und zog die Uniformjacke aus. Dann kniete er sich wieder hin und hob ch’Thanes Bein gerade hoch genug, um einen Ärmel darunterzuschieben. Diesen verknotete er mit seinem Gegenstück – so fest er konnte. Umgehend verebbte der Blutfluss.
    »Hilfe ist unterwegs, Shar«, sagte Vaughn leise. Wieder fühlte er nach ch’Thanes Puls. »Wagen Sie es nicht, zu sterben, okay? Wagen Sie es nicht.«
    Der Tag war vorbei, und ein kalter Wind zog auf.
    Vaughn schloss

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