Zwielicht
bis zu den Gelenken umhüllte, half da wenig, war bei diesem Sport aber unverzichtbar. Asarem war eine fordernde Kontra-hentin, die keiner Herausforderung aus dem Weg ging, mit wenig mehr als einem Meter sechzig Körpergröße allerdings mindestens einen guten Kopf kleiner als die meisten ihrer Gegner. Ohne Schutz und Vorbereitung trat sie nicht an.
Sie klemmte sich den Helm unter den Arm und ließ Handschuhe und Springball hineinfallen. Dann wischte sie sich mit dem Handrücken den Schweiß aus dem Gesicht und begab sich zum hinteren Raumende. Der Schläger, der bei jedem Schritt vor und zurück schwang, stieß ihr gegen das Bein. Neben der geschlossenen Tür, die aufs Spielfeld führte, war ein kleiner Schrank in die Wand eingelassen, dessen Tür durchsichtig war. Asarem steckte einen Finger in die dafür vorgesehene Öffnung und zog sie auf. Scharniere quietschten.
Sie legte den Helm ab und nahm ein kleines, goldenes Medaillon aus dem Schrank, das an einer passenden, schönen Kette hing. Als sie es flach in der Hand hielt und es mit dem Daumen öffnete, fiel ihr Blick auf das darin befindliche Chronometer.
Schon fast halb. Er ist spät dran , dachte sie teils ungläubig, teils erschöpft. Schon wieder. Langsam schüttelte sie den Kopf. In den fünfeinhalb Jahren, die sie mit Shakaar Edon in der bajoranischen Regierung arbeitete, hatte sie nie erlebt oder gehört, dass er zu einem Termin nicht rechtzeitig erschienen war. Allein in diesem Monat hatte er sie aber bereits zwei Mal warten lassen.
Asarem schloss das Medaillon und legte es ebenfalls in ihren Helm. Dann streifte sie sich das Schlägerband vom Handgelenk.
Was mochte Shakaar nur dazu gebracht haben, ihren Termin nicht einzuhalten? Sie hatte sich zwar auf das Springball-Match gefreut –
der Premierminister war meist ein fordernder Gegner –, konnte es aber verschmerzen. Der Grund für ihre Verwunderung lag im eigentlichen Zweck ihres Treffens: Bajors erneute Bewerbung um Mitgliedschaft in der Vereinigten Föderation der Planeten, die bevorstehende Ankunft des Sternenflottenadmirals Akaar, die …
Von der Tür drang ein Klopfen herein, hallte im Raum wider und riss sie aus ihren Gedanken. Asarem warf den Schläger in den Schrank, wo er zwischen der Rückwand und dem Helm liegen blieb und diesen zum Schwingen brachte, trat zum Eingangsbereich und zog die Tür auf. Sie hatte erwartet, Shakaars großer Gestalt gegen-
überzustehen. Stattdessen fand sie sich Auge in Auge mit seiner Assistentin, Enkar Sirsy, wieder.
»Ministerin«, grüßte Enkar. Sie stand im Korridor, der diesen Raum mit den Umkleidekabinen und den beiden anderen Spring-ballfeldern des Gebäudes verband. Kühle, frischere Luft drang Asarem entgegen, ein spürbarer Gegensatz zu der säuerlich-abgestande-nen in ihrer Nähe. »Premierminister Shakaar bat mich, hierher zu kommen.«
»Um an seiner Stelle zu spielen?«, scherzte Asarem. »Wie eine Springballuniform kommt mir das nicht gerade vor.« Enkar trug einen konservativ geschnittenen, aber eleganten dunkelblauen Mantel, der an der Hüfte von einem Gürtel umschlossen wurde, und darüber einen schwarzen Umhang. Das Outfit stand im krassen Gegensatz zu Asarems roter Kleidung.
Enkar sah an sich hinab und lächelte. Mehrere Strähnen ihres glat-ten, roten Haares fielen ihr ins Gesicht. »Eher nicht, nein«, antwortete sie, wurde aber sofort wieder ernst. »Der Premierminister bedauert, Ihr Treffen verpasst zu haben, und lässt anfragen, ob Sie einen neuen Termin ansetzen möchten.«
Shakaars Verspätung hatte Asarem lediglich verwundert, seine Bitte um Terminverschiebung war allerdings eine glatte Enttäuschung. Bei jedem anderen Minister – nun ja, bei fast jedem – hätte sie politische Motive dahinter vermutet, doch nicht bei Shakaar. Seit seiner Wahl zum Premierminister, die er aufgrund seines Rufs als Widerstandskämpfer gegen die cardassianischen Besatzer gewann, hatte er sich als nicht zu unterschätzende Macht erwiesen, allerdings als eine, die nicht im Verborgenen agierte und sich weder Täuschungen, noch versteckter Manipulationen bediente, um ihre Ziele zu erreichen.
Aber was stimmte dann nicht mit ihm? Bei einem Mann, dessen Amtszeit von der gleichen Genauigkeit geprägt war wie die taktischen Planungen eines Generals, erschien eine dreimalige Verspä-
tung durchaus bemerkenswert. Asarem fragte sich, ob er allmählich die Geduld mit seinem Amt verlor.
Im Laufe der Jahre war eine Überzeugung in ihr gereift:
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