Zwielicht
war es bei ihren Kontakten zur Flotte nie zu Unstimmigkeiten gekommen. Im Gegenteil, das Flottenkommando und seine Vertreter hatten verstärkt Vertrauen in ihre Fähigkeiten gezeigt, die Station zu kommandieren.
Alle bis auf einen. Plötzlich erinnerte sie sich. Vor vielleicht sechs Wochen war der Premierminister von einer monatelangen Reise zu diversen Welten der Föderation zurückgekehrt. Shakaar hatte Kira vor einem Admiral gewarnt, der nach einem Machtwechsel auf DS9
verlangte und abermals einen Sternenflottencaptain an der Spitze der Befehlskette etabliert wissen wollte. Nun ahnte sie, dass der na-menlose Admiral Akaar sein könnte.
Und wenn schon! Sie würde nicht zulassen, dass seine Anwesenheit ihre Position gefährdete. Kira war zwar erst seit vier Monaten Kommandantin von Deep Space 9, hatte die Position jedoch gut ausgefüllt und keinerlei Absichten, daran etwas zu ändern.
»Vielen Dank, Admiral«, sagte sie und bemühte sich um einen neutralen Tonfall. »Ich werde meine Besatzung darüber in Kenntnis setzen.« Während ihrer Zeit als Erster Offizier hatte sie gelernt, ihre Impulse zu unterdrücken und zweimal nachzudenken, bevor sie handelte. Und als Kommandantin übte sie sich Tag für Tag in der Kunst der Diplomatie.
»Colonel, ich möchte Sie um etwas bitten. Beschreiben Sie mir die Evakuierung der Europani nach Bajor.«
»Nun, knapp drei Millionen Personen wurden von Europa Nova aus hergebracht«, zählte sie auf. »Und die Defiant , die noch den Torona-IV-Konvoi begleitet, wird in ein paar Tagen ebenfalls zurück erwartet.«
»Ja«, sagte Akaar. Das Wort wirkte kaum wie eine Bestätigung, sondern wie ein Platzhalter – etwas, das die Lücke bis zum nächsten Thema schließen sollte. »Wie sind die Europani auf Bajor untergebracht?«
Die Frage überraschte Kira. Akaar bat um Informationen, die nichts mit Deep Space 9 oder der Sternenflotte zu tun hatten. »Ich bin mir nicht sicher, worauf Sie anspielen, Admiral«, erwiderte sie.
»Gestern erhielt ich einen Bericht, demzufolge die Flüchtlinge in große Gruppen gegliedert und auf mehrere Städte verteilt wurden.«
»Wo sind die Europani untergebracht?«, beharrte er.
»Manche von ihnen natürlich in Krankenhäusern«, sagte Kira, die keine genaue Antwort wusste und sich mit Vermutungen und logischen Schlüssen behalf. »Des Weiteren in Schulen, Regierungsge-bäuden, Gasthöfen. Vielleicht sogar in Privathäusern.«
»Und die Europani auf der Station?«, hakte der Admiral nach.
»Warum sind sie nicht auch nach Bajor gereist?« Akaars Tonfall blieb neutral, doch in seinen Worten schwang ein Hauch von Kritik mit.
»Einige der kleineren an der Evakuierung beteiligten Schiffe kamen direkt zur Station … Bajors Orbit wurde zeitweise recht voll. Es beschleunigte unsere Arbeit, manche Flüchtlinge bei uns von Bord gehen zu lassen. Da wir über entsprechende Unterkünfte verfügten, sah ich darin kein Problem.« Kira merkte, dass die letzte Bemerkung wie eine Verteidigung klang. Als müsse sie ihren Entschluss, Tausenden Flüchtlingen einen sicheren Hafen auf DS9 zu bieten, vor ihm rechtfertigen. »Momentan sind wir nahezu vollständig ausge-lastet«, fuhr sie fort und drängte den Gedanken beiseite, »aber die Station ist in guter Verfassung.«
»Wissen Sie, welche Nahrung die Europani auf Bajor erhalten?«
Abermals schien der Admiral nach Wissen zu verlangen, das au-
ßerhalb von Kiras Kenntnis lag. Sie drehte ihren Sitz zur hinteren Wand um und deutete auf den Monitor. »Ich kann einen meiner Ops-Offiziere sämtliche Daten aufrufen lassen, die wir über die auf Bajor befindlichen Europani haben.« Dann berührte sie ihren Kommunikator. »Kira an Ensign Ling.«
»Ling hier. Sprechen Sie, Colonel.«
»Ensign, bitte überspielen Sie alle Informationen …«
»Colonel.« Akaar hob die Hand und bedeutete ihr unmissverständlich, ihre Bemühungen abzubrechen.
»Einen Moment, Ling.« Kira trennte die Verbindung durch eine weitere Berührung des Kommunikators. »Admiral?«
»Colonel, ich kenne die Daten zur Europani-Situation bereits. Ich muss sie kein zweites Mal sehen.«
Und warum verschwenden Sie dann meine Zeit? , schoss es ihr durch den Kopf, doch sie unterdrückte den Drang, ihm die Frage entge-genzubrüllen. Stattdessen erhob sie sich und aktivierte ihren Kommunikator erneut. »Kira an Ling.«
»Ling hier, Colonel.«
»Streichen Sie den letzten Befehl. Ende.« Ohne auf eine Bestätigung zu warten, beendete sie das Gespräch. Dann
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