Zwielicht
nun, als sie den letzten Test begannen, dachte sie an ihren Vater. Daran, wie er aus dem Lager gegangen war.
Prynn schüttelte den Kopf, als könne sie das Bild so vertreiben. Sie konzentrierte sich auf den Trikorder in ihrer Hand, beugte sich vor und betätigte eine Taste. Sofort erschienen weiße Punkte vor ihren Augen, und die Umgebung verblasste.
Hundert Meter hinter dem Bug der Chaffee materialisierte sie und sah zu Shar, der rechts vom Wrack auf dem Boden lag. Dann schaltete sie das Komm-System ihres Raumanzugs an, das an ihrem Ärmel befestigt war. »Tenmei an ch’Thane.«
»Ich empfange Sie.« Shars Stimme klang in ihrem Helm winzig und hallte leicht.
»Verstanden. Ich überprüfe jetzt die Ausrüstung.«
Sie drehte sich nach links, wo sie einige Bauteile gesammelt hatte.
Zwei Schaltkreismodule, jedes etwa so groß wie ihr Brustkorb, lagen nebeneinander. Glasfaserkabel gingen von ihnen aus und führten mitunter wieder in sie hinein. Isolineare Chips lagen überall ver-streut. Die illustre Sammlung sah für Prynn ähnlich wie das Wrack aus, war aber der zweite rudimentäre Transporter, den sie zusam-mengebastelt hatte.
Das und die Raumanzüge , dachte sie. Nachdem Shar und sie an diesem Morgen erwacht waren, hatte sie den ersten Transporter benutzt, um den Andorianer zum Bug der Chaffee zu befördern. Shars Bein war gebrochen, daher wollten sie kein Risiko eingehen. Gemeinsam hatten sie den in der vergangenen Nacht ersonnenen Plan umgesetzt: Shar wollte eine weitere Energiezelle reparieren und die restlichen Anzüge modifizieren, und Prynn improvisierte sich einen zweiten Transporter zurecht. Beide waren erfolgreich gewesen.
Nun schaltete sie ihren Trikorder in den Sensormodus, scannte den Behelfstransporter und betrachtete die Werte. Danach meldete sie sich bei Shar. »Die Ausrüstung sieht gut aus. Ich beame Sie jetzt herüber.«
»Verstanden« , bestätigte er.
Prynn programmierte den Trikorder so, dass er als Fernbedienung des Transporters fungierte, und gab Energie. Als sie von dem Gerät aufblickte, sah sie gerade noch, wie das weiße Leuchten an Shars ehemaligem Aufenthaltsort verblasste. Mehrere Meter vor ihr kehrte es zurück und brachte ihn und das andere Gerät mit sich. Shar lag auf dem Rücken, ebenfalls in einen Anzug gekleidet.
»Sie haben’s geschafft!«, gratulierte er ihr.
»Wir«, widersprach sie. Shars Hilfe bei diesem Unterfangen war unerlässlich gewesen. Trotz der Schmerzmittel, die sie ihm verabreicht hatte, musste er sich schwach und elend fühlen. Bemerkenswert, wie lange er dennoch konzentriert hatte arbeiten können. Es war schon eine Qual für ihn gewesen, in den Raumanzug zu schlüpfen. »Was macht Ihr Knie?«
»Ich komme klar«, sagte er.
Prynn nickte, was ihr in der Enge des Helmes bizarr vorkam.
»Okay.« Shar kam alles andere als klar, doch sie respektierte seinen Wunsch, die Mission fortzuführen. »Dann sollten wir wohl anfangen.« Sie hatten sich entschlossen, der Quelle des Impulses entgegen zu »beam-hüpfen«, wie sie es mittlerweile nannten. Sollte das miss-lingen, würden sie Vaughns Befehl gehorchen und sich so weit wie möglich entfernen. Dank der als Musterverstärker fungierenden Raumanzüge hatte sich die Reichweite der Transporter in beide Richtungen verdoppelt, doch sie gingen davon aus, nicht allzu nahe an die von Interferenzen heimgesuchte Zielstelle zu gelangen. Allerdings mussten sie es versuchen.
Sie hatten keinen Schimmer, ob Vaughn den Ort mittlerweile erreicht hatte, demnach waren sie vielleicht die letzte Hoffnung der Vahni. Dass sie nicht wussten, was genau sie unternehmen sollten, sobald sie ihr Ziel erreichten, stand auf einem anderen …
Ein elektronisches Brummen riss Prynn aus ihren Gedanken. Zu-nächst hielt sie es für eine Rückkopplung im Komm-System und hob den Arm, um auf die entsprechenden Kontrollen zu sehen. Dann deutete Shar gen Himmel. »Schauen Sie!« Prynn legte den Kopf zu-rück, scheiterte aber am Helm und zog ihn kurzerhand aus. Sofort drang das seltsame Geräusch lauter an ihre Ohren.
Ein Objekt näherte sich ihrer Position. Mit nichts als den grauen Wolken als Hintergrund war Prynn unfähig, seine Größe zu schätzen, doch als es näher kam, erkannte sie es an der Form. Es sah aus wie ein Quantentorpedo.
Prynn stand über dem Objekt und empfand zum ersten Mal seit dem Absturz so etwas wie Optimismus. Sie hatte sich bisher stets mit Eifer an ihre Aufgaben gemacht, wusste nun aber, dass sie trotz aller Erfolge
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