Zwielicht
nie wirklich geglaubt hatte, ihr Vater oder sie und Shar würden den Impuls stoppen und dieser Ödnis wieder entkommen können. Normalerweise vertraute sie auf ihr Talent zur Problemlö-
sung. Entsprechend überrascht war sie, zu erkennen, dass sie genau dieses Selbstvertrauen während der vergangenen Tage verloren haben musste.
Das Objekt war fünf Meter vor ihr und Shar weich aufgekommen und lag nun flach auf dem Boden. Es war einen halben Meter hoch, einen breit und drei lang. Weiße Buchstaben und Zahlen im Föderationsstandard standen auf der schwarzen Hülle. Kein Zweifel – das war eine Sonde von der Defiant . Ein kleines Loch an ihrer Seite er-weckte den Eindruck, sie sei von einer Art Energiewaffe getroffen worden.
Prynn beugte sich vor, löste den Verschluss der Hülle und hob die obere Hälfte ab. Dann berichtete sie Shar, der sich ebenfalls seines Helmes entledigt hatte, was sie sah. Die Flugsteuerung identifizierte sie sofort – wie die Hülle schien auch sie unterwegs Schaden genommen zu haben –, doch wo sich die Sensorik befinden sollte, waren zwei kleine Module und ein paar Beutel voller Prynn unbekannter und vielleicht faustgroßer Gegenstände. In der Mitte der Sonde stand ein rechteckiger Behälter mit der Aufschrift VAUGHN
CH’THANE TENMEI.
Prynn zog ihn hervor und öffnete ihn. Darin lag ein Padd, das sie zu Shar trug. Dann setzte sie sich neben ihn. Gemeinsam hörten sie zu, während Lieutenant Dax und Lieutenant Nog umrissen, was die Besatzung über den Impuls in Erfahrung gebracht hatte – und wie sie ihn zu stoppen gedachte. Prynn konnte die Bewegungen von Shars Antennen nicht interpretieren, doch falls sie Emotionen wider-spiegelten, zeigten sie nun wohl Aufregung an. Ihr ging es jedenfalls kaum anders.
»Wir müssen die Sprengsätze zur Quelle bringen«, sagte sie, nachdem die Aufzeichnung geendet hatte. Ging das überhaupt per »be-am-hüpfen«?
Shar beantwortete die Frage, bevor sie sie laut stellen konnte.
»Derartige Geräte sind darauf ausgerichtet, zwischen dem Subraum und anderen Dimensionen zu wechseln«, sagte er. »Ich empfehle, sie nicht zu beamen. Der Phasenwechsel könnte eine Detonation auslö-
sen.«
»Einverstanden. Dann müssen wir die Sonde wieder in die Luft bekommen.« Prynn nickte. »Und hoffen, dass Commander Vaughn die Quelle erreicht hat oder wir uns selbst zu ihr beamen können.«
Sie ging zurück zur Sonde und fand das Kontrollfeld des Leitsys-tems. Eine Überprüfung der Einstellungen zeigte ihr, dass die Besatzung der Defiant die verbliebenen Sensoren darauf getrimmt hatte, nach menschlichen und andorianischen Lebenszeichen zu suchen und falls sie keine finden sollte, die Energieinterferenzen an der Quelle als Ziel zu nehmen. Prynn gab einen weiteren Befehl ein: Ignoriere den aktuellen Standort und steige in einer Minute wieder auf.
Schnell lud sie den Behälter mit dem Padd wieder ein und verschloss die Hülle.
Gemeinsam mit Shar wartete sie auf den Abflug. Eine Minute verstrich, nichts geschah. Prynn scannte die Sonde und stellte fest, dass ihre Systeme inaktiv geworden waren. Sofort schwand ihr Optimismus.
»Was ist passiert?«, fragte Shar.
»Ich weiß nicht. Sie hat jegliche Energie verloren.« Prynn ging zur Sonde zurück, entfernte den Deckel und untersuchte Flugleitungs-und Antriebssystem. Was immer die Außenhülle durchdrungen hatte, musste ihre Energiezelle beschädigt haben – vermutlich eine der Energiewellen aus den Wolken, durch die auch das Shuttle abgestürzt war. Die Zelle hatte offenkundig noch bis zur Landung funktioniert, war dann aber durch die Anforderungen für einen Neustart überlastet worden. Prynn wusste sofort, was sie tun mussten, und Shar stimmte ihr zu.
Zwanzig Minuten später hatten sie die defekte Energiezelle durch eine ihrer eigenen ersetzt. Prynn scannte die Sonde erneut und ordnete dann ihren Start an. Dieses Mal stieg sie problemlos in die Luft und zog davon.
Von ihrem Platz auf dem Boden neben Shar sah Prynn ihr nach, bis sie am Horizont verschwunden war. Der Optimismus, den sie vorhin noch empfunden hatte, blieb fern. Prynn wusste, dass sie und Shar im Prinzip wieder auf dem Stand der vergangenen Nacht waren und die Raumanzüge ihren Beamradius verdoppelten. Doch mit nur einer Zelle konnten sie sich nur einmal wegbeamen – entweder vierzehn Kilometer in Richtung des Impulses oder dreihundertfünfzig in die andere.
So oder so macht es keinen großen Unterschied , dachte sie. Entweder, ihr Vater
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