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Zwielicht

Zwielicht

Titel: Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David R. George III
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fragte sie und hielt sie für ihn hoch.
    »Nein danke.«
    Prynn umrundete den Kasten und trat an Shars Matte. Irgendwie war sie froh, dass sie sich für die Flucht entschieden hatten. Da sie sich der Quelle kaum nähern konnten, hatten sie den Rat ihres Vaters beherzigt und waren in die entgegengesetzte Richtung gebeamt.
    Sie bezweifelte zwar, dass es ihnen helfen würde, doch schon die Tatsache, nicht länger auf das Shuttlewrack blicken zu müssen, war in ihren Augen ein Fortschritt. Ihr neuer Aufenthaltsort war so flach und öde wie der alte, nur ohne Trümmer. Stichwort Bedauern , dachte sie. Ich bedaure, das Shuttle nicht gelandet zu haben …
    Sie schob den Gedanken beiseite und setzte sich vorsichtig auf ihre eigene Matte. Shar und sie hatten zwar die Helme abgelegt, trugen aber nach wie vor die Anzüge. Für Shar wäre es unnötig schmerzhaft gewesen, das Kleidungsstück wieder auszuziehen, und Prynn kümmerte sich schlicht nicht darum. Sie begann, ihr Nahrungspäckchen zu öffnen.
    »Ich hätte früher nach Hause gehen sollen«, meinte Shar neben ihr.
    Als sie zu ihm schaute, blickte er zum Himmel. Prynn schwieg.
    Wenn er reden wollte, würde sie ihn nicht hindern. »Ich hätte mich beurlauben lassen oder einen Flottenauftrag direkt auf Andor annehmen können«, meinte er noch. Dann schwieg auch er, und Sekunden wurden zu Minuten.
    »Ich weiß nicht, wie viel Aufwand es ist, einen gezielten Transfer innerhalb der Sternenflotte zu bekommen«, erwiderte Prynn schließ-
    lich, weil sie glaubte, etwas sagen zu müssen.
    Shar drehte seinen Kopf in ihre Richtung. »Ich war egoistisch«, flüsterte er.
    Einen Moment lang sah sie ihn stumm an. »Ich kenne Sie nicht allzu gut, Shar, aber Sie kommen mir nicht gerade wie ein Egoist vor.
    Wenn doch, würden Sie jetzt nicht Bedauern empfinden.« Als ihr Blick auf die halb geöffnete Nahrungstüte in ihrer Hand fiel, merkte sie, dass sie eigentlich gar keinen Hunger hatte.
    Shar sah wieder zum Himmel. »Ich wünschte nur, ich hätte anders gehandelt.«
    »Wir alle treffen Entscheidungen«, erwiderte sie. »Und nicht immer die richtigen.« Das hatten ihr die vergangenen Tage deutlich gezeigt. Das Bild ihrer Mutter erschien vor ihrem geistigen Auge, und sie verdrängte es, wollte sich dem damit einhergehenden Gefühl-schaos nicht stellen. »Sie können die Vergangenheit nicht ändern.
    Zumindest nicht, ohne mit einem Besuch der Abteilung für Tempo-rale Ermittlungen rechnen zu müssen.«
    Shar lächelte wieder, herzlicher als zuvor. »Haben Sie je mit einem ihrer Ermittler gesprochen?«, fragte er, die Stimme eine Mischung aus Neugier und Ekel.
    »Nicht persönlich«, antwortete Prynn. »Einmal, als ich noch auf der Sentinel diente …«
    Eine Bewegung, rechts von ihr! Prynn drehte sich um. In der Ferne schoss eine gigantische Wolke in die Höhe, eine dicke Säule aus Rauch …
    Kein Rauch , erkannte Prynn, als sich die aufsteigende Masse naht-los mit dem grauen Wolkenmeer verband. Schnell stand sie auf, ließ ihre Nahrungsration fallen. Unter ihren Blicken wurde die Säule breiter, wie nach einer enormen Explosion. »Der Impuls«, spekulier-te sie. Dann fielen ihr die Sprengsätze ein. Hatte Vaughn sie etwa gezündet?
    Dad , dachte sie und merkte erst hinterher, dass sie den Mund ge-
    öffnet und das Wort herausgeschrien hatte. Voller Schrecken starrte sie auf das Schauspiel, und die graue Masse wurde breiter und breiter.
    »Prynn!«, rief Shar. »Prynn!« Sie riss sich von dem Anblick los, sah zu ihm. »Die Helme«, sagte er und deutete neben sie. Wie ein Robo-ter folgte sie seinen Gesten, war sich ihrer selbst nicht länger bewusst. »Prynn!«, rief er erneut, und als sie aufblickte, füllte die Säule bereits ein Drittel des Horizonts aus, wuchs und wuchs. Prynn schüttelte den Kopf. Ihr war, als erwache sie aus einem Traum.
    Die Helme! Endlich kam sie in Bewegung. Sie hob sie vom Boden auf, rannte zu Shar und gab ihm einen. Er zog ihn über seinen Kopf und ließ sich von ihr beim Verschließen zur Hand gehen. Dann stand Prynn auf und zog ihren eigenen an.
    In dem Sekundenbruchteil bevor die Druckwelle sie erreichte, sah sie, wie der Deckel des Notfallkastens zuschlug. Dann prallte eine Wand aus Druckluft gegen sie, trieb ihr die Luft aus der Lunge und riss sie von den Füßen. Sie flog durch die Luft wie ein Blatt im Sturm.
    Mindestens fünf Sekunden verstrichen, bevor sie der Boden wie-derhatte. Prynn schlug hart auf, keuchte, schnappte nach Luft. Wind zog über sie,

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