Zwielicht
bekräftigen. Abermals keuchte sie. »Ich stelle nur etwas fest.«
»Zur Kenntnis genommen«, erwiderte Akaar und deutete auf die Sitzgruppe. »Möchten Sie nicht Platz nehmen, Colonel?« Kira umrundete einen niedrigen Tisch und setzte sich unterhalb des zum Weltall führenden Fensters auf ein Sofa. Akaar wählte den Sessel, auf dem er schon bei ihrem Eintreffen gesessen hatte. Abermals nippte er am Grosz . »Verstehe ich das richtig? Sie glauben, ich habe versucht, Bajors Kultur durch Sie zu beurteilen?«
»Etwa nicht?«, fragte sie zurück und versuchte, ihre abwehrende Haltung wenigstens aus ihrem Tonfall herauszuhalten.
Akaar stellte sein nahezu leeres Glas auf den Tisch. »Nein, Colonel, absolut nicht. Ich versuchte, Sie durch Ihre Einstellung Ihrem Volk gegenüber einzuschätzen.«
»Sie prüften mich ?« Kira wusste nicht, ob die Enthüllung sie entspannter machen sollte.
»Ich glaube, es sagt viel über eine Person aus, wie sie ihre Gesellschaft sieht, sich ihr anpasst und mit internen Problemen umgeht«, sagte Akaar.
»Die Befleckung durch die Vedek-Versammlung …«
»Die Befleckung fußt auf dem Bild, das einige Bajoraner von Ihnen haben«, unterbrach er sie. »Oder nicht einmal das, vielleicht ist sie rein politisch motiviert. Mich interessiert nicht Ihre Befleckung, Colonel, sondern Ihr Umgang mit ihr. Sie halten durch – nicht nur für sich, sondern zum Dienste Ihres gesamten Volkes.«
Die Worte überraschten sie nicht nur wegen ihres Wahrheitsge-halts, sondern weil sie mehr Einsicht offenbarten, als sie Akaar je zugetraut hätte. »Dann muss ich Sie um Verzeihung bitten«, sagte sie –
und erinnerte sich im gleichen Moment, wie unerträglich er seine Anwesenheit bisher für sie gemacht hatte. »Oder Sie mich.«
»Oder weder noch?«, entgegnete Akaar und leerte seinen Grosz .
»Möchten Sie noch einen?«
Kira hob ihr Glas und sah, dass es noch halb voll war. Schnell setzte sie es an die Lippen, legte den Kopf in den Nacken und trank.
Dann hielt sie es ihm hin. »Gern, danke.«
Zum ersten Mal seit sie ihn kannte, lächelte der Admiral. Er nahm ihr Glas, durchquerte den Raum und kam kurz darauf mit zwei frischen Drinks zurück. Diesmal blieb er stehen. »Colonel, meiner Einschätzung nach empfinden Sie und ich ähnlich über unser jeweiliges Volk.« Er hielt inne. »Obwohl mir das meine mehr Frust bereiten mag.«
»Oh, ich hatte auch so meine Momente«, sagte Kira. »Damals, in den Tagen der provisorischen Regierung …«
»Ich verstehe.« Akaar schien angestrengt über etwas nachzudenken. »Auf meiner Welt kämpfen die Zehn Stämme seit ich mich erinnern kann.« Kira fragte sich, wie lange das sein mochte und ahnte plötzlich, dass Akaar weit älter sein musste, als sein Äußeres vermuten ließ. »Zahlreiche Anführer kamen und gingen«, fuhr er fort, »be-mühten sich um Einigkeit. Manchen gelang es sogar auf Zeit. Viele von ihnen wurden abgewählt, einige … einige sogar getötet.« Aufrichtige Trauer schlich sich auf seine Züge. Nachdenklich nippte er an seinem Getränk. »Ich selbst war einst Opfer eines solchen Staatss-treichs.«
»Sie?«
Er nahm wieder Platz. »Ich war ein Junge. Zum Herrscher geboren
– von Geburt an Tiru.« Tiru musste der Titel sein, den capellanische Anführer bekamen. »Meine Mutter war meine Regentin. Sie brachte mich von unserer Welt und in Sicherheit, als unser Haus gestürzt wurde.«
»Kehrten Sie je zurück?«, fragte Kira.
»Nein«, antwortete er. »Doch ich hatte ein langes Leben, und mein Volk ist stark … In mancher Hinsicht vielleicht zu stark. Die Einheit, die wir brauchen, fehlt uns.«
»Das tut mir leid«, sagte sie. »Ich glaube, ich kann es nachvollziehen.«
»Das glaube ich auch, Colonel«, stimmte er zu. »Vor über einem Jahrhundert versorgte die Föderation mein Volk mit Nahrung und Medikamenten … Sie hat den Standard unseres Gesundheitswesens drastisch verbessert. Vor meiner Geburt retteten Flottenoffiziere das Leben meiner Mutter. Ich wünsche mir schon lange die Möglichkeiten, die ein Föderationsbeitritt meinem Volk bescheren würde.«
»Wird es je dazu kommen?«, wollte Kira wissen.
»Ich hoffe es«, sagte er, die Stimme voller Melancholie. »Doch fraglos nicht in meiner Lebensspanne. Ich muss gestehen, dass wir Capellaner als Gesellschaft nicht reif genug sind, Teil einer großen Gemeinschaft zu sein.« Die Feststellung schien ihm schwerzufallen.
»Deshalb beneide ich Ihr Volk.« Er hob wieder sein Glas. »Seit der
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