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Zwielicht in Cordoba

Titel: Zwielicht in Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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keuchenden Stößen.
    Helena weinte. Sie hatte schon geweint, bevor ich ins Zimmer gestürmt kam. Jetzt beruhigte sie statt dessen mich, hielt mein Gesicht zwischen den Händen, bedeckte meine Augenlider mit raschen, besänftigenden Küssen.
    »Optatus sagte, es hätte einen Unfall gegeben …«
    »Oh, mein Liebster! Er betrifft keinen von uns beiden.« Sie legte meine Hand auf das ungeborene Kind, entweder um mich oder sich zu trösten oder dem Baby Nachricht zu geben, daß ich wieder daheim war. Es wirkte wie eine rituelle, archaische Geste. Ich kitzelte das Kind und küßte sie dann, beides mit absichtlicher Zwanglosigkeit.
    »Ich sollte baden. Ich stinke, und ich bin dreckig.«
    »Und vollkommen erschöpft. Ich hatte so ein Gefühl – ich habe angeordnet, daß das Wasser für dich heiß gehalten wird. Soll ich mitkommen und dir den Rücken abschaben?«
    »Das wäre ein größerer Genuß, als ich ertragen kann …« Ich erhob mich von den Knien und stellte mich neben ihren Korbstuhl. »Bleib hier und ruh dich aus. Aber du solltest mir besser von dem Unfall erzählen.«
    »Später.«
    Ich fuhr mit dem Finger über ihre tränenfeuchte Wange. »Nein, jetzt.«
    Helena sagte nichts. Ich wußte, warum sie so dickköpfig war. Ich hatte sie allein gelassen. Etwas Schreckliches war passiert, mit dem sie allein fertig werden mußte.
    Wir sahen einander schweigend an. Helena sah bleich aus, und sie trug ihr Haar vollkommen offen, was nur selten vorkam. Was auch immer passiert war, ein Teil ihrer Bedrücktheit hing damit zusammen, daß ich nicht dagewesen war. Nun gut, jetzt war ich wieder zu Hause.
    In dem schwachen Licht der einzigen Öllampe wirkten Helenas Augen fast schwarz. Sie suchten mein Gesicht nach dem ab, was ich zu berichten hatte und was ich ihr gegenüber empfand. Nach jeder Trennung war dies der Moment des Wiederfindens – die alte Herausforderung lebte wieder auf und mußte wieder neu beschwichtigt werden.
    »Du kannst mir vorwerfen, daß ich fortgegangen bin – aber tu das, nachdem du mir erzählt hast, was passiert ist.«
    Sie seufzte. »Auch wenn du hier gewesen wärst, hätte das nichts geändert. Es war einfach ein schrecklicher Unfall. Der junge Rufius«, erklärte sie. »Rufius Constans. Er arbeitete in der Ölmühle auf dem Gut seines Großvaters, als einer der Mahlsteine abrutschte und ihn zerquetschte. Er war allein, als es passiert sein muß. Als man ihn fand, war er bereits tot.«
    »Ja, das ist wirklich schrecklich …« Constans war ein so junger, vielversprechender Bursche gewesen. Eine tiefe Niedergeschlagenheit überkam mich. Helena war auf meine nächste Frage vorbereitet. Ich legte den Kopf zur Seite. »Er war allein? Niemand sonst war bei ihm?«
    »Nein, Marcus«, erwiderte sie sanft. Von mir ausgebildet, in jeder Situation skeptisch zu sein, hatte sie sich diese Fragen bereits selbst gestellt. »Nein. Ich weiß, was du denkst. Aber es gibt keine Möglichkeit, daß da irgendwie eingegriffen wurde.«
    »Kein gewisser Kumpel, der Constans bei der Ölmühle zur Hand ging?«
    »Nein. Quinctius Quadratus war außer Gefecht gesetzt. Das kann ich selbst bezeugen.«
    Ich beließ es dabei, weil ich zu müde war, nachzufragen, woher sie das wußte.
     
    Ich streckte die Hand aus, und jetzt zögerte sie nicht mehr, sondern ergriff sie. »Bist du in eine Prügelei geraten?« Helena sah so etwas sofort.
    »Nur ein bißchen. Hast du mich vermißt?«
    »Ganz schrecklich. Hat sich die Reise gelohnt?«
    »Ja.«
    »Dann ist ja alles in Ordnung.«
    »Ist es das? Ich glaube nicht, Liebste!« Plötzlich überwältigte mich die Sehnsucht nach Nähe zu ihr. Ich faßte sie fester an der Hand und zog sie aus ihrem Stuhl. »Komm mit und schwing das Schabeisen für mich, Süße. Ich komm heute abend garantiert nicht an meinen Rücken.«
    Mein Schuldgefühl und ihre Zurückhaltung waren verflogen. Helena Justina lehnte sich einen Moment lang an mich, ihre weiche Wange gegen meine stoppelige gedrückt, dann nahm sie meinen Arm, bereit, mit mir ins Badehaus zu gehen. »Willkommen daheim«, flüsterte sie, und ich wußte, daß sie es jetzt auch so meinte.

LIII
    Das Badehaus bei der Villa war für abgehärtete Republikaner entworfen worden. Ich würde nicht sagen, daß es primitiv war, aber falls sich jemand nach den spartanischen Tagen dunkler, enger Baderäume mit bloßen Schlitzen statt Fenstern zurücksehnte, war er hier richtig. Man zog sich im Kaltbad aus. Öle und Salben waren auf einem Regal im Warmbad

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