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Zwielicht in Cordoba

Titel: Zwielicht in Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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herausgerannt.
    Zuerst warf sie ein Tamburin nach mir, mit der Kante voraus. Ich parierte den Wurf mit meinem Arm, zog mir aber einen Schnitt im Handgelenk zu. Rasch hievte ich den Mann zu meinen Füßen hoch und benutzte ihn als menschliches Schild, als sie gleich darauf mit einem Dolch nach mir warf – meinem eigenen. Der Mann war soweit bei Sinnen, daß er auswich und mich mitzog. Der Dolch landete klappernd auf dem Boden, schlitterte, begleitet von meinen Flüchen bis zum Balkonrand, und segelte nach unten.
    Das Mädchen kam auf uns zu. Ich stieß den Mann gegen sie. Sie ließ das Hackmesser in ihrer Hand fallen, murmelte dann plötzlich etwas und rannte zur Treppe. Ihr stöhnender Leibwächter kam soweit zu sich, daß er nach der neuen Waffe griff, ein Utensil, wie es alleinlebende Mädchen benutzten, um Blumenstengel zu kürzen, Schweinebäuche aufzuschlitzen und Liebhaber davon abzuhalten, zu früh zu gehen. Ich hätte es beängstigend gefunden, so ein Ding im Haus zu haben.
    Wieder ging er auf mich los, schob sich zwischen mich und das Mädchen. Sie war es, die ich wollte, das wußten wir alle.
    Es gelang mir, dem herabstoßenden Messer auszuweichen, dann versetzte ich dem Mann einen Tritt gegen den Arm, der ihn aus dem Konzept brachte, und schob ihn zurück. Leichtfüßig rannte ich los, außen um den Balkon herum, wie auf dem Hinweg zu Selia.
    Der ältliche Kerl war zäher, als er aussah. Ich hörte, wie er mir nachgejagt kam. Beim Brett über dem Torbogen verlangsamte ich den Schritt. Er holte auf, was ihn anspornte, noch rascher hinter mir herzutrampeln. Als ich über das Brett war, drehte ich mich um und bekam gerade noch mit, wie das Holz nachgab. Mit einem splitternden Krachen brach der Musiker durch. Das Brett war nicht morsch, nur zu dünn für den vorgesehenen Zweck. Er baumelte eingeklemmt zwischen den Bohlen des Balkons. Blut tropfte aus den Wunden, wo große Holzsplitter eingedrungen waren. Als er sich zu bewegen versuchte, schrie er auf.
    Um Zeit zu sparen, warf ich mich über die Brüstung, hielt mich am Balkongeländer fest, hangelte mich so weit wie möglich hinunter und sprang. Ich hatte knapp den Brunnen verfehlt. (Den hatte ich vollkommen vergessen.) Gute Arbeit, Falco.
    Im Hof fand ich zu meinem Erstaunen Placidus vor, der mit dem anderen Leibwächter kämpfte. Der Mann humpelte und hatte sich beim Fallen den Arm gebrochen. Placidus hielt ihn in Schach, wenn auch mit Mühe. Der Prokurator hatte eine lange, klaffende Wunde in seiner Seite. Mein Dolch, der vom Balkon gefallen war, lag nahebei, immer noch blutig. »Das Mädchen …«, keuchte Placidus, als ich übernahm und seinen Gegner mit einem gut plazierten Tritt außer Gefecht setzte. Ich legte meinen Arm um Placidus und lehnte ihn gegen den Brunnen. »Mit dem hier wäre ich fertig geworden …« Wenn auch jetzt ein Freigelassener, so war er doch einst Sklave gewesen. Selbst im kaiserlichen Palast bedeutete das eine gefahrvolle Jugend. Er konnte durchaus auf sich aufpassen. »Ich hatte einfach nicht mit ihr gerechnet. Das Mädchen hat mich erwischt, bevor ich mich wehren konnte.«
    »Sie ist entkommen?« fragte ich und bückte mich nach meinem Dolch. Er nickte niedergeschlagen. Vorsichtig schlug ich seine Tunika zurück, um mir die Wunde anzusehen. »Schonen Sie Ihre Kräfte. Nicht reden. Auf jeden Fall habe wir diese beiden grausigen Kerle dingfest gemacht.« Ich war verärgert darüber, daß Selia entkommen war, ließ es mir aber nicht anmerken.
    Placidus hatte sich für mich in die Bresche geworfen. Er freute sich über seinen Erfolg, hatte aber einen hohen Preis dafür bezahlt. Seine Wunde war tief und häßlich. »Wie sieht’s aus, Falco?«
    »Sie werden’s überleben – aber wenn die Schmerzen einsetzen, werden Sie ganz schön leiden müssen.«
    »Ach, was soll’s, das gibt bestimmt eine hübsche Narbe.«
    »Ich könnte mir angenehmere Möglichkeiten vorstellen, sich interessant zu machen!«
    »Ich komm schon zurecht. Sehen Sie zu, daß Sie das Mädchen finden.«
    Wäre das hier eine anständige Gegend gewesen, hätte ich es getan. Ich konnte Placidus nicht in diesem verrufenen Viertel allein lassen, wo die Tänzerin Freunde haben mochte. Eine Menschenmenge hatte sich angesammelt. Ruhig und schweigend standen die Leute da; ihnen war nicht zu trauen. Niemand bot Hilfe an, aber zumindest versuchte auch niemand, sich einzumischen.
    Ich zwang den humpelnden Mann aufzustehen und vor mir herzugehen, wobei ich ihm die Dolchspitze

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