Zwielicht in Cordoba
untergebracht, das abends nicht mehr sonderlich warm war. Ins Schwitzen kam man dadurch, daß man wie wild die Ölflasche schüttelte, um den erstarrten Inhalt zu lösen.
Ein einziger Mann unterhielt das Feuer und brachte das Wasser in Eimern herein. Er war bereits zum Abendessen gegangen, wurde aber zurückgerufen. Da das Bad für Optatus, Helena und mich reserviert war, plus eventueller Besucher, schien er die seltene Möglichkeit zu begrüßen, sich ins Zeug zu legen. Was an diesem Abend auch dringend nötig war. Das versprochene heiße Wasser war von jemand anderem verbraucht worden.
»Das ist doch wieder typisch!« ereiferte sich Helena verstimmt. »Das geht jetzt schon drei Tage so, Marcus, und gleich schreie ich laut los.«
Sehr langsam zog ich mich aus. Meine schmutzigen Klamotten hängte ich an meinen Lieblingshaken und warf eine blaue Tunika beiseite, die ein früherer Badegast hängengelassen hatte. Momentan war niemand da, was mir nur recht war. Helena bestand darauf, sich vor mich zu knien und meine Stiefel aufzubinden. Ich half ihr hoch und hielt sie fest. »Was ist denn los, Herzchen?«
Sie atmete tief durch. »Ich hab dir mindestens vier unterschiedliche Dinge zu berichten und versucht, sie alle ordentlich in meinem Kopf zu sortieren.«
Ich warf meinen Kopf zurück und lächelte in der Vorfreude auf den Luxus, Helena zuhören zu dürfen. »Es ist also viel passiert? Du meinst Constans?«
»Oh …« Helena schloß die Augen. Der Tod des jungen Mannes hatte sie furchtbar mitgenommen. »Oh, Marcus, ich saß mit seiner Schwester und Aelia Annaea zusammen, als die Nachricht kam. Vielleicht geht es mir deshalb so nahe.«
»Du sagtest, es sei ein Unfall gewesen. War es das wirklich?«
»Anders ist es nicht denkbar. Ich sagte dir ja, er war allein. Es war ein solcher Schock. Alle sind furchtbar bedrückt. Seine Schwester ist so jung. Seine Großeltern habe ich nicht zu Gesicht bekommen. Aber wir können uns alle vorstellen, wie verzweifelt sie sind.« Sie hielt inne, und wieder liefen ihr Tränen übers Gesucht. Helena ließ sich nur selten so gehen.
»Fang von vorne an«, sagte ich und streichelte ihren Nacken.
Mit einer Öllampe in der Hand traten wir durch die schwere Tür in das sogenannte Warmbad. Dieser Teil des Badehauses war aufgrund der dicken Mauern schalldicht, obwohl ich vom anderen Ende des Dampfbades undeutliche Schaufelgeräusche hören konnte, als der Sklave nachzuheizen begann. Das Rumpeln und Poltern wurde durch den Boden übertragen. Helena Justina setzte sich auf den niedrigen Sims an der Wand, während ich mich mit einer der Flaschen abmühte, um wenigstens ein paar Tropfen Öl herauszubekommen. Sie hatte wohl schon gebadet, also behielt sie sittsam ihre Untertunika an.
Mit verschränkten Händen begann sie in eher formellem Ton: »Als erstes, Marcus, bekam ich einen Brief von daheim – von meinem Bruder Justinus.«
»Der gute Junge! Wie geht’s ihm?«
»Immer noch in seine Schauspielerin verliebt.«
»Das ist doch nur eine Schwärmerei.«
»Und daher gefährlich! Wie auch immer, auf jeden Fall hat er Aelianus bearbeitet, was ihn, wie er sich beschwert, viele Becher Wein gekostet hat. Aelianus hat furchtbare Gewissensbisse. Sein Freund Cornelius, der Verfasser jener berühmt-berüchtigten Geheimdepesche, hat Aelianus aus Athen geschrieben und ihn dringend aufgefordert, mit niemandem darüber zu reden, der den Namen Quinctius trägt.«
»Aber Aelianus hatte das bereits getan?«
»Offensichtlich.«
»Mir hat er erzählt, daß er sich mit Quadratus zerstritten hat, als dein Vater beim Ölpressen betrogen wurde.«
»Ach, solche Zerwürfnisse unter Jungs halten nicht lange an. Jetzt sagt Aelianus, Quadratus und er hätten sich in Rom getroffen, was aber nicht sonderlich erfreulich gewesen sei. Ihr Streit in Baetica hatte ihre Freundschaft angeknackst, und nach dieser Essenseinladung war’s endgültig vorbei damit.«
»Zu spät!«
»So sieht’s wohl aus. Justinus hat herausgefunden, daß Aelianus uns das Schlimmste verschwiegen hat. Bevor er den Bericht im Palast ablieferte, hatte er ihn im Haus der Quinctii dabei. Er ließ ihn in seinem Umhang, und als er ihn später wieder an sich nahm, sah das Siegel verändert aus. Er pulte es vorsichtig noch einmal ab – wie er dir gestand, hatte er den Bericht ja bereits auf der Reise gelesen –, und diesmal war der Brief verändert worden und gab eine ganz andere Einschätzung darüber ab, wie ernst das Kartell zu nehmen
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