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Zwielicht in Cordoba

Titel: Zwielicht in Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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der Mahlstein fiel auf den armen Constans. Quadratus war der Ältere und hätte größere Verantwortung zeigen sollen. Was ihn bestimmt nur noch mehr zögern ließ zuzugeben, daß er dort gewesen war. Außerdem hatte ihn das, was passiert war, bestimmt schwer erschüttert.
    »Wir müssen uns ganz sicher sein«, entschied Marmarides mit fester Stimme. Offenbar hatte er ein paar meiner Sprüche aufgeschnappt. »Sie müssen mit in den Stall kommen, und wir werden die übriggebliebenen Steinchen im Hodometer nochmal zählen. Dann haben Sie Ihren Beweis.«
    Er hatte das Kommando übernommen. Also gingen wir hinüber zum Stall, hockten uns hinten unter die Kutsche und überprüften den Archimedes-Hodometer. Marmarides zählte die Steinchen, die noch auf dem oberen Getrieberad lagen. Und tatsächlich waren es einige weniger, als es laut seinen Aufzeichnungen hätten sein müssen. Ein grober Überschlag der fehlenden Meilen bestätigte, daß sie zwei Fahrten zum Rufius-Gut entsprachen, hin und zurück für Quinctius Quadratus plus unserer eigenen Fahrt am heutigen Tag.
    Feierlich notierten wir das Ganze auf der Notiztafel, legten unsere Schlußfolgerungen dar und unterschrieben beide als Zeugen.

LIX
    Die Beisetzung fand am nächsten Tag statt. Es gab keine entfernten Verwandten, die erst anreisen mußten, und Baetica besaß ein heißes Klima.
    Die Nekropole der wohlhabenden Cordubaner lag nicht weit von uns entfernt im Süden der Stadt, diesseits der Brücke. Natürlich in bester Lage. Die Reichen begruben ihre feinen Verwandten nicht unter Leuten aus der Mittelschicht oder den Armen und natürlich erst recht nicht bei den Gladiatoren mit ihrem vielfach belegten Columbarium vor dem Westtor. Auf der anderen Seite des Flusses, weit weg vom Lärm der Stadt, besaß jede vornehme Familie ein schmuckes Mausoleum entlang der Hauptstraße, die durch die fruchtbare Ebene und die sonnendurchtränkten Hügel ihrer Olivenhaine verlief.
    Ich wunderte mich, warum sie ihre Grabmäler nicht in der Abgeschiedenheit ihrer eigenen Ländereien errichteten, statt in der drangvollen Enge dieser Nekropole, an der täglich Kutschen und Karren vorbeirasselten. Vielleicht wissen die Vornehmen mit ihrem ausgeprägten Geselligkeitssinn, daß ihre Verblichenen sich auch im Leben nach dem Tod noch gern unter Freunde mischen.
    Die Rufii waren noch nicht so extravagant wie jene Familie, die sich einen Miniaturtempel mit ionischen Säulen und einem Portikus hatte bauen lassen. Aber solche Großartigkeit würde zweifellos noch kommen. Momentan bestand ihr Grabmal aus einfachem Backstein mit Ziegeldach und niedrigem Eingang. In der kleinen Grabkammer war eine Anzahl von Nischen angebracht, in denen Keramikurnen standen. Wandplatten erinnerten bereits an die Eltern, Sohn und Schwiegertochter von Licinius Rufius. Die Inschriften waren melancholisch genug, aber nichts im Vergleich zu der auf der neuen, für den Enkelsohn geplanten. Uns wurde nur ein Entwurf gezeigt, weil die Fertigstellung einen Steinmetz ein halbes Jahr Arbeit kosten würde. Der Text begann: »O Leid! O Wehklagen! Wohin sollen wir uns wenden?« und ging noch mindestens sechs Zeilen lang in diesem Ton weiter. Länger, als ich mich zum Lesen zwingen konnte. Faultiere wie ich konnten sich die Lektüre sowieso sparen, da Licinius eine Rede des gleichen Inhalts von sich gab, die so lange dauerte, daß mir die Füße einschliefen.
    Alle waren gekommen. Nun ja, zumindest alle ab einer halben Million und mehr, plus Marius Optatus und meiner Wenigkeit. Für die Reichen war es nur ein gesellschaftliches Ereignis mehr. Sie trafen im Flüsterton Verabredungen für das nächste Festmahl.
    Nur eine dieser hervorragenden Persönlichkeiten fehlte: der neue Quästor Quinctius Quadratus. Sein verletzter Rücken mußte ihm immer noch zu schaffen machen. Sich von der Feier fernzuhalten wirkte jedoch unangebracht, da er ein enger Freund des toten jungen Mannes gewesen war.
    Der Prokonsul hatte geruht, sich in einer Sänfte von seinem Prätorium herübertragen zu lassen. Während wir alle herumstapften und die Zeit auszufüllen versuchten, bis der Friedhofsofen die richtige Hitze erreicht hatte, fand Seine Ehren Zeit, ein paar gemurmelte Worte mit mir zu wechseln. Ich hatte eigentlich nach jemandem Ausschau gehalten, mit dem ich darüber witzeln konnte, ob sie wohl die Glut hinterher benutzten, Pasteten für die Trauergäste aufzuwärmen, aber bei ihm beschränkte ich mich auf einen ehrerbietigen Gruß.
    »Was

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