Zwielicht in Cordoba
Enkelsohn bezahlte ihre Überfahrt und ihr Honorar – obwohl er dann, wie Sie wissen, bei ihrem Auftritt noch nicht einmal zugegen war. Das alles ist ärgerlich und reine Geldverschwendung, aber junge Leute machen noch viel schlimmere Dinge. Ehrlich gesagt, ich konnte nicht verstehen, warum Constans dann nach dem Fest hier so verstört war.«
»Und wie kam das alles ans Licht?«
»Annaeus Maximus kam nach dem Trinkgelage seiner Söhne herübergeritten.«
»Um sich darüber zu beschweren, daß Constans einer der Gäste war?«
»Nein. Maximus kam, um mich zu warnen, daß seine Jungs es für angebracht gehalten hatten, eine Tänzerin zu engagieren.«
»Sie zu warnen ?«
»Die Tänzerin hatte Fragen gestellt – es handelte sich vermutlich um die gleiche Frau, die auch mich schon angesprochen hatte. Sie scheint daran interessiert zu sein, was passiert ist, als wir in Rom waren. Sie müßten doch eigentlich wissen, wen ich meine! Die Frau stellt fast dieselben Fragen wie Sie, Falco. Annaeus und ich nahmen an, daß Sie zusammenarbeiten. Sie treibt sich schon seit Wochen in Corduba herum.«
»Ich kann verstehen, warum Sie alle darüber alarmiert waren!« Auf die Vermutung, ich sei Teil eines gemeinsamen Ermittlungsunternehmens, ging ich nicht ein. »Und wieso hat das alles Rufius Constans verängstigt?«
»Was ihn beunruhigte und mich dazu brachte, ihn zu einer Unterredung mit dem Prokonsul zu bewegen, war, daß die Tänzerin, die bei den Annaei auftrat, ebenfalls Fragen über das andere Mädchen stellte. Einer der Annaeus-Jungs hat ihr daraufhin erzählt, daß Selias Reise nach Rom von Constans bezahlt worden ist. Als er das erfuhr, wurde mein Enkel aus irgendeinem Grunde fast hysterisch.«
Ich hätte ihm den Grund nennen können. Vielleicht war es besser, Licinius nicht darüber aufzuklären, daß Selias Auftritt in Rom einen Mordauftrag mit eingeschlossen hatte. Rufius Constans war ihr Zahlmeister gewesen. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß er gewußt hatte, was er da tat. Der arme Junge war wohl eher von jemand anderem vorgeschoben worden. Aber es sah schlecht aus – und war ihm vermutlich noch schlimmer vorgekommen. Man hätte leicht behaupten können, es sei Rufius Constans gewesen, der Panik bekam und Selia dafür bezahlte, lästige Ermittler mit dem Kopf voran gegen römische Wände zu donnern. Meiner Ansicht nach war er für eine solche Sache viel zu unreif. Doch seine genaue Rolle verlangte nach einer Untersuchung, wie dem Jungen klar gewesen sein mußte.
Ich konnte mir seine Panik vorstellen, als er seinen Großvater und Annaeus Maximus – zwei Männer, die normalerweise nach Möglichkeit kein Wort miteinander wechselten – besorgt über Ermittlungsbeamte der Regierung reden hörte und dann auch noch erfuhr, daß man der herumschnüffelnden Frau von der Verbindung zwischen ihm und Selia erzählt hatte. Constans hatte wohl gedacht, er stehe kurz vor der Verhaftung – leider war es dazu nicht gekommen, denn dann hätte man ihn sowohl als Zeugen schützen können als auch die Zeit gehabt, ihn zu befragen. Ehrlich gesagt, wäre er noch am Leben gewesen, hätte ich ihn selbst verhaftet.
LVIII
Langsam und nachdenklich fuhren wir zum Camillus-Gut zurück. Diesmal hatte ich mich in die Kutsche gesetzt und erzählte Helena von der Unterhaltung mit Licinius Rufius. Helena war sehr erschöpft, hatte aber trotzdem noch die Kraft, sich um die trauernde Familie Sorgen zu machen. »Wir sollten uns um die arme Claudia kümmern.«
»Wieso das? Ich denke, sie hat Quadratus durchschaut.«
»Quadratus könnte aber seine Meinung über sie ändern, nachdem sie jetzt die einzige Erbin ist!«
Ich grinste. »Darüber würde ich mir keine Gedanken machen. Claudia mag jetzt zwar der Traum jedes Glücksritters sein, aber ich bin mir sicher, daß ihr Großpapa schon aufpassen wird. Und, wie du selbst gesagt hast, werden die Quinctii sowieso nach einer Braut mit sieben Konsuln in ihrem Stammbaum Ausschau halten und dazu noch Vorfahren, die sich auf Kupfertafeln bis zu den sieben Königen von Rom zurückverfolgen lassen.«
»Während Claudia«, sagte Helena, »ernsthaft daran denkt, mit ihrem Erbe örtliche Stiftungen einzurichten. Sie möchte ihr Leben als Wohltäterin Cordubas verbringen. Und nachdem sie jetzt das gesamte Familienvermögen erbt, wird sie das nur in ihrem Entschluß bestärken.«
»Sehr lobenswert! Aber trotzdem hat sie doch nichts gegen Männer.«
»Nein«, stimmte Helena zu. »Claudia ist eine
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