Zwielicht in Cordoba
Augen. »Und in welchem Ausmaß lassen sich damit krumme Geschäfte machen?«
»Ich weiß nicht, was Sie meinen, Falco.«
»Preisabsprachen zum Beispiel«, erwiderte ich scharf. Nachdem ich mir hatte durch den Kopf gehen lassen, wie viele Amphoren mit Olivenöl durch das gesamte Imperium transportiert wurden, war mir klar, daß es hier um Millionen von Sesterzen ging. »Den Markt aufkaufen und den Nachschub stoppen – die üblichen hübschen Handelstricks meine ich!«
»Davon habe ich keine Ahnung.« Nachdem er uns gezeigt hatte, daß er dank seiner Zeit im Büro des Statthalters zumindest einen vernünftigen Bericht abgeben konnte, hatte ich jetzt den Eindruck, daß er log.
Ich hatte keine Fragen mehr an ihn. Sein Vater gestattete Aelianus zu gehen. Der junge Mann sagte, er wolle noch mal in die Stadt. Decimus wies ihn an, zu Hause zu bleiben, allerdings ziemlich lasch, wohl weil er ahnte, daß Aelianus sich sowieso darüber hinwegsetzen würde.
Als er grade die Tür erreichte, rief ich: »Noch eine Frage!« Er machte den Fehler stehenzubleiben. »Sie nahmen also den geheimnisvollen Brief für Anacrites mit. Wie sind Sie nach Rom zurück gereist? Per Schiff oder auf dem Landweg?«
»Per Schiff.«
»Das dauert etwa eine Woche?« Er nickte, und ich schenkte ihm ein freundliches Grinsen. »Dann sag mir, Aulus –« Endlich merkte er, daß ich es keineswegs freundlich meinte. »Was genau hast du in dem Brief gelesen, als deine Neugier dich übermannte und du das Siegel vorsichtig abgelöst hast?«
Zu seiner Ehre gelang es Aulus Camillus Aelianus, nicht rot zu werden. Er wußte, daß er durchschaut worden war. Er seufzte, überlegte kurz und gestand dann langsam die Wahrheit: »Es war die Antwort auf eine Anfrage von Anacrites an den Prokonsul über die Stabilität des Ölmarktes. Der Quästor hatte die Situation eingeschätzt und teilte ihm das gleiche mit, was ich vorher schon gesagt habe: daß mit Olivenöl ein sehr großes Geschäft zu machen ist.« Aelianus atmete tief durch und sagte dann: »Außerdem hat er Ihre Vermutung bestätigt, Falco – daß sich da in Corduba etwas zusammenbrauen könnte. Ein mögliches Kartell, um den Preis von Olivenöl in die Höhe zu treiben und zu kontrollieren. Er hatte das Gefühl, die Sache stände noch ganz am Anfang und könne unterbunden werden.«
»Hat er Namen genannt?«
»Nein«, sagte der edle Aelianus ziemlich leise. »Aber er schrieb, der Prokonsul habe ihn gebeten, zu erwähnen, daß die Nachforschungen nicht günstig aufgenommen wurden. Er habe die Befürchtung, die Situation könne für alle Beteiligten gefährlich werden.«
XV
Schweigend machten der Senator und ich uns auf die Suche nach unseren Frauen. Die Dämmerung hatte eingesetzt, und es versprach, die erste laue Frühlingsnacht des Jahres zu werden. Wir gingen durch eine Falttür, die zum Garten führte, tauchten unsere Finger in den etwas stockend sprudelnden Springbrunnen und traten dann zu Julia Justa, die unter einem Portikus saß und Trauben aß. Sie betrachtete uns, ohne ein Wort zu sagen. Ihre Art, die Trauben vom Stengel zu pflücken, war äußerst vielsagend: sie war eine Frau, die schwerste Lasten zu tragen hatte, und wir beiden Männer trugen zu ihrem Kummer bei.
Der Senator hatte gelernt, mit ihren stummen Vorwürfen zu leben. Offenbar völlig unbeteiligt, betrachtete er die Rosen an dem durchhängenden Spalier. Mit verschränkten Armen blieb ich nahe einer Säule stehen. Auf der anderen Seite der Kolonnade, die nur schwach von Öllampen erleuchtet war, sah ich Helena Justina. Aus irgendeinem Grund (einem, den ich mir denken konnte) hatte sie sich von ihrer Mutter abgesondert und pflückte trockene Blätter aus einem riesigen Topf mit vernachlässigten Schmucklilien. Ich sah ihr zu und wartete darauf, daß sie den Blick hob und mich bemerkte.
In letzter Zeit hatte sie sich immer mehr in sich zurückgezogen, selbst vor mir, und war ganz mit ihrer Schwangerschaft beschäftigt. Sie bewegte sich jetzt vorsichtiger, bog den Rücken leicht durch, um das Gleichgewicht zu halten. Lange Stunden beschäftigte sie sich mit Dingen, von denen ich keine Ahnung hatte. Wir waren uns immer noch nahe. So war ich zum Beispiel in den Genuß aller Einzelheiten ihrer körperlichen Beschwerden gekommen, die ihre Mutter ständig ansprach. Ich hatte mir die Hacken abgelaufen, um Heilmittel gegen ihre Leiden zu finden, mit dem Erfolg, daß mir der Kopf abgerissen wurde, wenn ich die Mittel nach Hause
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