Zwielicht in Cordoba
an dem Abend in Gefahr gewesen sein könnte?« Aulus mußte der Kosename seines älteren Sohnes sein. Einen, zu dessen Benutzung der junge Flegel mich wahrscheinlich nicht einladen würde.
Wenn sich Aelianus nicht in etwas viel Gefährlicheres eingelassen hatte, als ich ihm zutraute, konnte ich mir nicht vorstellen, daß sich professionelle Mörder mit ihm abgeben würden. »Keine Bange, Senator. Vermutlich war Ihr Sohn bloß ein unbeteiligter Zuschauer.« Allerdings traute ich diesem zuschauenden Unbeteiligten nicht über den Weg. »Aelianus, war Ihnen klar, daß es sich bei Ihrem Gastgeber um den Oberspion des Kaisers handelt?«
Der junge Mann wirkte ernüchtert. »Sowas in der Art.«
»In welcher Verbindung standen Sie zu ihm?«
»Eigentlich in keiner.«
»Wie haben Sie ihn dann kennengelernt?«
Er wollte es mich offensichtlich nicht wissen lassen, gab dann aber doch zu: »Man hatte mich beauftragt, ihm einen Brief zu überbringen, als ich aus Corduba zurückkehrte.«
Sein Vater sah ihn überrascht an. Um seiner Unterbrechung zuvorzukommen, fragte ich rasch: »Wer hat den Brief geschrieben?«
»Das ist vertraulich, Falco.«
»Jetzt nicht mehr!« fauchte ihn sein Vater an. Er war genauso erpicht darauf wie ich, es zu erfahren. Obwohl er nach außen so gelassen wirkte, hatte Camillus recht altmodische Ansichten über die Rechte eines Vaters. Die Tatsache, daß keines seiner Kinder in dieser Hinsicht mit ihm einer Meinung war, bewies nur einmal mehr, wie schwer Väter es haben.
»Der Quästor«, erwiderte Aelianus gereizt.
»Quinctius Quadratus?«
Er schien erstaunt, daß ich das wußte. »Nein, sein Vorgänger. Cornelius hatte gerade erfahren, daß sein Vater ihn vor seiner Rückkehr nach Rom auf eine Reise nach Griechenland schicken würde. Da ich direkt nach Rom zurückreiste, gab er mir den Brief mit.«
Wir redeten hier über den jungen Finanzbeamten, der in der Provinz die Steuern für Rom eintrieb. »Ein Provinzquästor würde normalerweise mit Claudius Laeta, dem Obersekretär, korrespondieren.« Und sein Brief würde über den cursus publicus , den kaiserlichen Postdienst, befördert. Der war schnell, sicher und verläßlich. »Warum sollte er also etwas an Anacrites schicken und es Ihnen mitgeben? Waren Sie mit diesem Cornelius befreundet?«
»Ja.«
»Wenn er ihn sicheren Händen anvertrauen wollte, ging es in diesem Brief wohl um etwas Heikles?«
»Vermutlich. Fragen Sie mich nicht, was drin stand«, fuhr Aelianus triumphierend fort, »weil der Brief dick versiegelt war und ich die strikte Anweisung hatte, ihn ungeöffnet direkt im Palatin abzugeben.« Sehr praktisch.
»Waren Sie dabei, als Anacrites ihn gelesen hat?«
»Er bat mich, in einem anderen Büro zu warten.«
»Und wie hat er dann reagiert?«
»Er kam herein und lud mich zu dem baetischen Essen ein, wohl aus Dank für die sichere Überbringung.«
Ich wechselte das Thema: »Wenn Sie den vorherigen Quästor kannten, kennen Sie dann auch Quinctius Quadratus?«
»Was hat das damit zu tun?«
»Er war ebenfalls zu dem Essen eingeladen. Sein Vater hatte ihm einen Platz reserviert – aber er ging statt dessen ins Theater.«
»Das Theater überlasse ich meinem Bruder!« höhnte Aelianus selbstgerecht.
»Kennen Sie Quadratus?« wiederholte ich.
»Flüchtig«, gab er dann zu. »Er war letzten Herbst in Corduba – bereitete sich wohl auf seine Bewerbung als Quästor für Baetica vor, obwohl er damals nichts davon verlauten ließ. Ich hatte eine Auseinandersetzung mit ihm wegen eines Vorfalls mit seinen Leuten auf dem Landgut meines Vaters. Seitdem kommen wir nicht mehr sonderlich gut miteinander aus.«
»Und außerdem hatten Sie sich eine Einladung von einem hochstehenden Beamten ergattert. Anacrites’ Gunst war etwas, womit Sie angeben konnten!«
Aelianus warf mir einen bösartigen Blick zu. »Sind sie fertig, Falco?«
»Nein«, sagte ich brüsk. »Wir müssen noch über Ihre Zeit in Corduba reden. Ihr Vater hat Sie dorthin geschickt, damit Sie Erfahrungen sammeln, und Sie arbeiteten informell im Büro des Prokonsuls …«
»In politische Vorgänge wurde ich nie eingeweiht«, teilte Aelianus mir schadenfroh mit.
»Nein. Es wäre auch ungewöhnlich, wenn die jungen Leute aus dem Stab des Statthalters tatsächlich mitbekämen, was vorgeht.« Solange er mir hier unter väterlicher Aufsicht gegenübersaß, war ich entschlossen, ihn auszuhorchen. »An dem bewußten Abend speisten einige Baeticaner zusammen mit Quinctius
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