Zwielicht in Cordoba
Attractus. Ich nehme an, daß Sie die meisten davon kennen?«
»Leute aus der Provinz?« Aelianus klang verletzt, daß man ihn mit den Fremden in Verbindung brachte.
»Angesichts der Tatsache, daß Männer spanischen Ursprungs ein Drittel des Senats ausmachen, dem Sie sich gerade anzuschließen versuchen, ist Hochnäsigkeit äußerst kurzsichtig. Ich nehme an, Sie kannten die Anwesenden! Ich bin vor allem an diesen vier interessiert: Annaeus Maximus, Licinius Rufius, jemand namens Norbanus und noch einer namens Cyzacus.«
»Annaeus und Rufius sind führende Bürger von Corduba.«
»Große Olivenölhersteller?«
»Annaeus besitzt das größte Gut. Das von Licinius ist nicht viel kleiner.«
»Besteht eine Rivalität zwischen den Landbesitzern?« warf sein Vater ein.
»Nur in ganz milder Form.« Das war schon besser. Wenn er mitmachte, war Aelianus ein brauchbarer Zeuge. Einer von der besten Sorte: er produzierte sich gern. Ihm fehlte der trockene Witz der anderen Mitglieder seiner Familie, aber er war mit ihrem Scharfsinn groß geworden. Darüber hinaus war er wesentlich intelligenter, als er es sich zugestand. »Die Ölhersteller wetteifern alle, die ergiebigste Ernte und höchste Qualität zu erreichen und den besten Preis zu verlangen, aber generell herrscht ein guter Gemeinschaftsgeist. Hauptsächlich sind sie damit beschäftigt, reich zu werden und ihren Wohlstand dann durch luxuriöse Häuser, Wohltätigkeit und Posten in den örtlichen Magistraten und Priesterschaften herzuzeigen. Langfristig wollen sie sich alle nach Möglichkeit Positionen in Rom erkaufen. Sie sind stolz auf jeden aus Corduba, der erfolgreich ist, weil das den Status aller anderen erhöht.«
»Danke«, sagte ich, erstaunt über seine plötzliche Gesprächigkeit.
»Was ist mit den anderen beiden, die Falco erwähnt hat?« erkundigte sich der Senator, der ein lebhaftes Interesse zeigte.
»Cyzacus kommt aus Hispalis. Er besitzt eine Flotte von Lastkähnen. Flußaufwärts bei Corduba ist der Baetis zu schmal für große Schiffe, darum bringen Lastkähne die Amphoren hinunter nach Hispalis. Ich kenne ihn vom Sehen, aber mehr nicht.«
»Also kein Ölhersteller?«
»Nein, nur ein Transportunternehmer. Und Norbanus ist ein Unterhändler.«
»Ein Großkaufmann und Vermittler also? Was vermittelt er denn?« fragte ich.
Aelianus warf mir einen mitleidigen Blick zu. »Alles, hauptsächlich aber Frachtraum auf seetüchtigen Schiffen, auf die die Ölamphoren verladen werden, sobald sie in Hispalis ankommen. Er ist Gallier.« Das letzte sagte der junge Mann in ziemlich herablassendem Ton.
»Also kann niemand ihn ausstehen!«
»Nun ja, selbst Provinzler brauchen Leute, auf die sie herabblicken können, Marcus«, witzelte der Senator, während sein Sohn nur überlegen dreinschaute.
»Mir steht das Bild einer Herde glücklicher Mittelsmänner förmlich vor Augen«, bemerkte ich. »Die Großgrundbesitzer produzieren das Öl, dann bringen es die Flußschiffer hinunter zum Zwischenlager – in diesem Fall Hispalis – worauf die Unterhändler für Stauraum auf den Frachtschiffen sorgen, die das Öl ins Ausland bringen. Das heißt, Produzenten, Flußschiffer, Unterhändler und Frachtschiffbesitzer erwarten alle, ihren Schnitt zu machen. Und das, bevor irgendein Händler im Emporium oder auf den römischen Märkten die Amphoren in seine klebrigen Finger bekommt. Wenn all diese Windhunde sich ein Stück vom Profit abschneiden, ist es kein Wunder, daß wir so hohe Preise bezahlen müssen.«
»Das gilt für andere Gebrauchsgüter genauso.« Camillus Verus war ein gerechter Mann.
»Außer daß Öl die höchsten Preise erzielt. Denn Öl braucht jeder, vom Kaiser abwärts.« Ich wandte mich wieder an Aelianus. »Und wie schätzen Sie die Handelssituation ein?«
Er zuckte die Schultern. »Olivenöl wird immer wichtiger. Die Produktion in Baetica steigt rapide an. Sie ist inzwischen wesentlich höher als die in den traditionellen Anbauländern Griechenland und Italien. Das liegt teilweise daran, weil es von Spanien aus so einfach ist, das Öl nach Norden zu transportieren, um die riesige Nachfrage in Gallien, Britannien und Germanien zu befriedigen; und auch nach Rom gibt es einen Transportweg. Es läßt sich hervorragend für Salben und Cremes verwenden, und der Geschmack gilt auch als außergewöhnlich gut. Die Hersteller in Baetica sind glückliche Männer. Mit Öl läßt sich ein Vermögen machen.«
»Ein erstklassiges Produkt.« Ich sah ihm in die
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