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Zwielicht in Cordoba

Titel: Zwielicht in Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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ihrem eigenen Urin putzten, daher war ich froh, daß sie zumindest in dieser ländlichen Villa von der Benutzung angespitzter Holzstückchen gehört hatten. Man sollte nie glauben, was man liest. Meist plappern saudumme Schreiberlinge gedankenlos das Zeug nach, das sie auf der verfälschten Schriftrolle irgendeines Vorgängers gelesen haben.
    Optatus schob seine Schüssel weg und stemmte sich vom Tisch hoch. In der gemessenen Art des Landmannes griff er nach einer kleinen Tonlampe, trug sie zu einer Amphore, füllte einen Krug aus dem größeren Gefäß, füllte die Lampe aus dem Krug, trug sie zurück zum Herd, entzündete seinen Zahnstocher an der Glut, zündete den Lampendocht an, stellte die Lampe auf den Tisch und blieb nachdenklich stehen. Worauf der Lampenjunge lossauste, um die restlichen Lampen im Haus anzuzünden, und die Köchin das Geschirr zum Abwaschen einsammelte. Marmarides fing meinen Blick auf und schlenderte hinaus, um die Maultiere zu füttern. In der Küche war jetzt lautes Geklapper zu hören, und unser Gespräch nahm einen informelleren Ton an.
    »Die Annaei und Licinii Rufii sind meine Freunde«, beschwerte er sich. »Ich bin mit ihnen zusammen aufgewachsen.«
    »Mit den Jungs – oder den Mädchen?« fragte ich spitz. »Mit welchen darf ich mich im Laufe meiner Arbeit nicht befassen, Marius?« Er gab keine Antwort, also fügte ich rasch hinzu: »Aelia Annaea wußte zweifellos genau , worum es bei unserem Gespräch ging – und ich glaube wirklich nicht, daß ich Claudia vor den Kopf gestoßen habe.« Optatus setzte sich endlich wieder an den Tisch, wobei sein langer Schatten über die Küchenwand glitt. »Beide kannten sie meine Rolle, ich habe es ihnen offen gesagt. Falls die beiden jungen Damen sich Quinctius Quadratus als Schoßtier ausgesucht haben, sind sie erwachsen genug, die Konsequenzen zu tragen.«
    »Ich sehe nicht, was das mit Ihrem Auftrag zu tun hat.«
    »Quadratus’ Vater ist tief in eine mögliche Verschwörung verstrickt. Ich denke, wir können davon ausgehen, daß er gezielt Einfluß nahm, um seinem Sohn die Quästur zu verschaffen. Die Quinctii bauen sich eine gefährliche Machtposition in Baetica auf. Falls ich am Ende Attractus festnagele, wird die Schande mit aller Wahrscheinlichkeit auch auf seinen Sohn fallen. Der Sohn mag ein unschuldiges Werkzeug seines verschlagenen Vaters sein, aber durch diese Quästur wirkt er wie ein bereitwilliger Mitspieler im Gesamtplan. Selbst wenn er so rein wie frischgefallener Schnee ist, hängt ihm diese Sache an – aber nach dem, was Sie mir über den Rauswurf aus Ihrem Pachtvertrag erzählt haben, ist ›rein‹ wohl nicht das richtige Wort.«
    Optatus grübelte düster über seine eigenen Probleme nach. »Mit Ihrem Ehrgeiz werden Sie keinen Erfolg haben.« Wenigstens redete er wieder mit uns. »Den Leuten hier in der Gegend gefällt Ihre Einmischung nicht. Sie werden sich Ihnen widersetzen, genauso wie ich es tun werde. Wenn ich das Geld zusammen habe, kaufe ich mir eigenes Land. Auch wenn ich es selbst nicht erreiche, werden zumindest meine Nachkommen den Quinctii gleichgestellt sein.«
    »Sie haben also bereits Geld gespart!« erriet Helena scharfsinnig. »Sie tüfteln einen Plan aus!«
    »Da wäre die Möglichkeit, in einen anderen Besitz einzuheiraten«, schlug ich vor. »Das würde helfen.« Beleidigt sah er mich an. »Sie sind ein angesehener Mann in der einheimischen Bevölkerung, Marius Optatus. Beliebt bei vielen Leuten. Greifen Sie nach Höherem.«
    »Legen Sie diesen Ratschlägen eigene Erfahrungen zugrunde?« fragte er bissig.
    Ich erwiderte: »Ein Mann sollte stets versuchen, das Mädchen zu kriegen, das er haben will, mein Freund.«
    Helena schaute besorgt. »Vielleicht ist sie aber nicht mehr frei.«
    »Möglicherweise doch«, gab ich zurück. Ich tat so, als wüßte ich nichts von Optatus’ Gefühlen. »Nehmen wir zum Beispiel Claudia Rufina – man könnte sagen, alle Zeichen deuteten darauf hin, daß sie für den fabelhaften Quästor ›Tiberius‹ bestimmt ist. Aber wird das je geschehen? Ich halte es für unwahrscheinlich. Er stammt aus einer alten italienischen Familie. Die Quinctii werden sich mit Sicherheit nach einer standesgemäßen Braut aus einer römischen Patrizierfamilie umsehen. Reichtümer in einer Provinz zu erwerben ist eine Sache. Dort eheliche Verbindungen einzugehen ist eine andere.«
    Nach kurzem Nachdenken unterstützte Helena meinen Standpunkt: »Das stimmt. Wenn man eine Erhebung im Senat

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