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Zwielicht in Cordoba

Titel: Zwielicht in Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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es, pedantisch zu sein, aber weder in deiner noch in meiner Familie gibt es Heeresführer, ganz zu schweigen von Anwärtern auf den Kaiserthron!« Ich überlegte, ob sie vielleicht wilde Pläne für das Baby hatte. Der Gedanke, Helena könne politische Ambitionen entwickeln, war erschreckend. Helena Justina war die Art von Mädchen, deren wilde Pläne sich später meist in die Tat umsetzten.
    »Hier kann man das Zeug zu einem so günstigen Preis bekommen, Marcus. Und ich weiß genau, wer ganz heiß auf den Stoff sein wird!« Ihre Gerissenheit würde ich nie erreichen: Helena hatte vor, wenn wir wieder zu Hause waren, das purpurne Material zum Selbstkostenpreis der Geliebten des Kaisers anzubieten. Falls all die Geschichten über die Frugalität (von anderen auch Knauserigkeit genannt) in Vespasians Haushalt stimmten, würde die Dame Caenis begeistert zugreifen, um Vespasian, Titus Cäsar und den jungen Domitian mit wirklich preisgünstigen kaiserlichen Gewändern auszustatten. Im Gegenzug mochte die Chance bestehen, daß Vespasians Liebling, kräftig ermutigt von meinem Liebling, für mich ein gutes Wort bei ihm einlegen würde. »Das ist auf jeden Fall aussichtsreicher als die Kriecherei um deinen Freund Laeta«, höhnte Helena.
    Vermutlich hatte sie recht. Tauschhandel dieser Art hält die Räder des Reiches in Gang. Schließlich war das der Grund, warum ich mich Ende April hier in Corduba herumtrieb.
    Es war mir gelungen, Helena zu überreden, die Hebamme aufzusuchen, mit der ich gesprochen hatte. Helena hatte aus mir rausgequetscht, was während meines Besuchs passiert war. »Das war es also, was dich so bedrückt hat«, murmelte sie düster und drückte meine Hand. Demnach hatte sie bemerkt, daß ich gestern in niedergeschlagener Stimmung aus der Stadt zurückgekommen war. Ihrem Versprechen, sich die Frau anzusehen, mangelte es an Überzeugung, fand ich.
     
    Inzwischen war mir der träge Fluß Baetis, sein plötzliches Versickern bei der sechzehnbögigen Brücke und das gemächliche Schweben der Sumpfvögel über dem hölzernen Kai mit seiner Ansammlung roher, grob zusammengezimmerter Schuppen mehr als vertraut. Zumindest gab es jetzt Anzeichen von Aktivität, obwohl das Flußufer nicht gerade vor Geschäftigkeit brodelte.
    Marmarides stellte unsere Kutsche auf einem von Bäumen beschatteten Gelände ab, wo Pfähle zum Festmachen von Wagen und Maultieren in den Boden gerammt waren. Es war ein wunderschöner Morgen. Gemeinsam schritten wir langsam zum Ufer hinunter. Nux sprang fröhlich nebenher, in der Meinung, sie habe das Kommando. Wir kamen an einem stämmigen Kerl vorbei, der umgeben von einer Schar auserlesener afrikanischer Hühner am Boden hockte und leise auf sie einredete, während er ein neues Hühnerhaus baute. Weit draußen auf dem Fluß saß ein Mann mit einer Angelschnur auf einem kleinen Floß und vermittelte den Eindruck, er habe eine gute Ausrede gefunden, in der Sonne zu schlafen.
    Die Plane eines Lastkahns, die ihn drei Tage lang verhüllt hatte, war jetzt zurückgeschlagen. Im Inneren des Kahns konnten wir Reihen um Reihen der kugelförmigen Amphoren sehen, in denen Öl über weite Entfernungen transportiert wird. Sie waren in mehreren Lagen verstaut, jede sorgfältig zwischen die Hälse der darunter liegenden gepackt und mit dazwischen gestopftem Stroh ausgepolstert, damit sie nicht verrutschten. Das Gewicht mußte enorm sein, und der kräftig gebaute Lastkahn lag jetzt tief im Wasser.
    Cyzacus’ Büro – ein einfacher Schuppen mit einem Schemel davor – war heute offen. Sonst hatte sich nicht viel verändert.
    Wenn die Ernte im September begann, würde es hier bestimmt wesentlich hektischer zugehen. Im Frühjahr geschah tagelang nichts, außer es traf gerade eine Wagenkolonne mit Kupfer, Gold oder Silber aus den Minen in den Mariana-Bergen ein. Während dieser toten Zeit hatte ein schäbiger, krächzender Zwerg mit einem verkürzten Bein und einem Weinkrug unter dem Arm hier das Sagen. Nux bellte ihn einmal laut an, doch als er sich umdrehte und sie anstarrte, verlor sie das Interesse und beschränkte sich darauf, die Wolken von Mückenschwärmen anzublinzeln.
    »Ist Cyzacus da?«
    »Keine Chance, Legat!«
    »Wann wird er erwartet?«
    »Keine Ahnung.«
    »Taucht er überhaupt je hier auf?«
    »So gut wie nie.«
    »Wer führt das Geschäft?«
    »Ich denke, das führt sich selbst.«
    Er war gut geschult. Die meisten Penner, die sich als Wachmann ausgeben, fühlen sich bemüßigt, einem

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