Zwielicht in Cordoba
einflußreicher Position, ein gewinnendes Wesen, eine politische Zukunft und die gute Meinung jedes Menschen, mit dem er in Kontakt kommt.« Ich sah, wie die junge Claudia leicht die Lippen zusammenpreßte. Seine Wut war ihr peinlich. Ihre Freundin schaute nur resigniert.
Ich gab vor, nichts über ihn zu wissen. »Ist dieser Musterknabe neu hier in der Gegend?«
»Seine Familie lebt natürlich in Rom«, erwiderte Optatus bitter. »Aber wir kennen ihn bereits alle gut. Die Quinctii besitzen ausgedehnte Ländereien. Quadratus hat schon früher längere Zeit hier im Bezirk verbracht, aber wir werden noch viel mehr von ihm zu sehen kriegen, nachdem er jetzt einen offiziellen Posten innehat.«
Ich strahlte die beiden jungen Damen an. »Dann ist er wohl mit Quinctius Attractus verwandt, dem Senator, den Ihr Vater und Großvater vor nicht allzu langer Zeit in Rom besucht haben?« Diesmal war selbst Claudia so gescheit, nur mit einem vagen Nicken und einem Lächeln zu antworten. Falls sie wußten, daß es mit diesem Besuch in Rom etwas Besonderes auf sich hatte, waren sie von jemandem angewiesen worden, nicht mit mir darüber zu sprechen. »Ich habe Attractus vor kurzem selbst kennengelernt. Was für ein Zufall.«
»Seinem Sohn werden Sie auch noch begegnen«, knurrte Optatus. »Keine Bange, das Vergnügen wird Ihnen nicht entgehen, Marcus Didius. Der taucht überall auf, dieser Tiberius.« Die beiden jungen Damen waren in Schweigen verfallen. Gegen Optatus’ Ärger kamen sie nicht an.
»Ich dachte, er sei auf einem Jagdausflug«, sagte ich.
»Der hängt in Corduba rum und genießt das Leben«, erwiderte Marius Optatus. »Wie ich hörte, hat der Prokonsul ihm gesagt, er solle sich nur im Büro blicken lassen, wenn es sich absolut nicht vermeiden ließe.«
Optatus schien sich unbedingt streiten zu wollen, also goß ich noch mehr Wasser auf seine Mühlen: »Ich finde, Sie gehen ein bißchen hart mit dem neuen Quästor ins Gericht. Bei dem kurzen Blick, den ich auf ihn werfen konnte, wirkte er wie ein talentierter Junge auf mich.«
»Oh, er ist wunderbar«, hauchte Claudia.
»Sehe ich da ein leichtes Rotwerden, junge Dame?« witzelte ich. Was sie noch mehr erröten ließ, obwohl es mir einen finsteren Blick von Helena einbrachte, die bereits beschlossen hatte, eine Romanze zwischen Optatus und Claudia zu unterstützen. Ich weigerte mich, auf diesen Wink meiner Liebsten einzugehen und fuhr fort: »Claudia Rufina, Ihre Großeltern haben mir von ihren Plänen für die Karriere Ihres Bruders erzählt – Rom und so weiter. Sie müssen auch in Sie große Hoffnungen setzen. Und dazu gehört doch gewiß auch eine ansehnliche Mitgift für einen vielversprechenden jungen Aufsteiger?«
Diesmal versetzte Helena mir einen Tritt. Zu spät. Während sie mir einen wütenden Blick zuschoß, der mich an die zärtlichen Gefühle erinnern sollte, die Marius Optatus für Claudia hegte, blieb sein Gesichtsausdruck vollkommen neutral. Aber die plötzliche frostige Spannung sagte mir, daß drei verschiedene Frauen mich verfluchten und überlegten, wie sie nett zu Optatus sein konnten.
Claudia, die am wenigsten Geübte, beantwortete meine Frage in ihrer üblichen ernsthaften und vollkommen aufrichtigen Weise: »Mein Großvater hat nichts in dieser Hinsicht mit mir besprochen …« Das klang, als hätte Licinius Rufius ihr in Wirklichkeit gesagt, es sei noch zu früh für irgendwelche öffentlichen Verkündigungen.
Helena Justina beugte sich vor und klopfte mir mit dem Teesieb aufs Handgelenk. »Eine Ehe ist nicht alles, Marcus!« Sie wandte sich Aelia Annaea zu. »Ich erinnere mich noch daran, wie mein früherer Ehemann um meine Hand anhielt. Ich war jung und dachte, es sei meine Pflicht, darauf einzugehen. Aber ich weiß noch, wie wütend ich war, weil er sich so verhielt, daß ich mich verpflichtet fühlte, ihn zu nehmen, nur weil er um mich angehalten hatte.«
»Das kann ich gut verstehen«, erwiderte Aelia Annaea. Dann erwähnte sie zu meiner und Helenas Überraschung, daß auch sie verheiratet gewesen, nach drei Jahren kinderloser Ehe aber seit kurzem verwitwet sei. Irgendwas in ihrem Ton ließ darauf schließen, daß sie keine Pläne hatte, diese Erfahrung zu wiederholen.
»War es eine glückliche Ehe?« fragte Helena in ihrer direkten Art.
»Ich hatte nichts zu beklagen.«
»Das hört sich nicht sehr überschwenglich an.«
»Nun ja, ich hätte nie reinen Gewissens eine Scheidung verlangen können.«
»Und doch?« fragte
Weitere Kostenlose Bücher