Zwielicht in Cordoba
entgingen.
»Es ist kein Geheimnis«, erwiderte ich. »Ich bin der verhaßte Agent, der von Rom geschickt worden ist, um seine Nase ins Olivenölgeschäft zu stecken.«
»Oh, aber aus welchem Grund denn?« gab sie obenhin zurück.
Ich lächelte nur und versuchte, wie ein Schwachkopf auszusehen, der sich mit jedem Märchen zufrieden gibt, das ihr verschlagener Papa mir aufzutischen wünschte.
»Wir hatten gehört, daß jemand aus Rom kommen würde.« Claudia war die Ernsthafte, äußerst Gradlinige, die es sich nicht gestattete, auf eine heikle Frage einfach mit Schweigen zu antworten. Besonders, wenn der eigene Großvater möglicherweise etwas zu verbergen hatte. »Mein Großvater meinte, es würde jemand anderer sein.«
»Hatte er jemand besonderen im Sinn?« fragte ich und lächelte wieder.
»Oh, eine merkwürdige alte Frau, die ihn ansprach und eine Menge Fragen stellte, als er eines Tages draußen auf den Feldern war. Er hat sogar deswegen an deinen Vater geschrieben, Aelia!«
»Hat er das?« Aelia Annaea war zu gewitzt, Claudia zu sagen, sie solle die Klappe halten. Das hätte nur Aufmerksamkeit auf deren Taktlosigkeit gelenkt.
»Ja, das war schon eine Überraschung!« Als sie meinen neugierigen Blick sah, erklärte Claudia: »Alle waren erstaunt, daß sie miteinander korrespondierten. Großpapa und Annaeus Maximus gehen einander sonst nach Möglichkeit aus dem Weg.«
»Eine alte Fehde?«
»Nur geschäftliche Konkurrenz.«
»Wie traurig!« grinste ich. »Ich hatte auf eine saftige Geschichte über erbitterten Neid und brodelnde Leidenschaft gehofft. Kein gestohlenes Land? Keine an Flußufern vergewaltigten Lieblingssklavinnen? Keine entflohenen jungen Ehefrauen?«
»Du liest die falsche Poesie«, sagte Helena.
»Nein, Liebste. Ich lese Gerichtsberichte!«
Marius Optatus sagte nichts, lachte aber leise in sich hinein. Mit Schlagfertigkeit war von seiner Seite wohl nicht zu rechnen. Ich war zwar durchaus in der Lage, es mit drei Frauen gleichzeitig aufzunehmen, aber eine gelegentliche Atempause wäre ganz angenehm gewesen. In solchen Situationen fehlte mir mein gewitzter Freund Petronius.
»Was ist mit dem alten Weib passiert?« erkundigte ich mich bei Claudia.
»Sie wurde weggescheucht.«
Aelia Annaea hatte mich beobachtet. Sie meinte offenbar, mit einem Geheimagenten würde sie spielend fertig – besonders, wenn er offen ermittelte. Ich zwinkerte ihr zu. Damit wurde sie nicht so spielend fertig.
Aus dem blauen Dunst heraus fragte Helena: »Sie haben also beide meinen Bruder kennengelernt?«
Oh, aber ja doch, quietschten die beiden Frauenzimmer in begeistertem Chor. Ihre frühere Bekanntschaft mit Aelianus war der Grund, warum sie so viel von Helena, einem neuen Gesicht, hermachten (die dazu noch einen römischen Haarstil trug und vielleicht eine Schriftrolle mit römischen Rezepten mitgebracht hatte). Offenbar war Aelianus eine Zierde der cordubanischen Gesellschaft gewesen (es handelte sich hier um zwei sehr höfliche junge Frauen). Zumindest war er ein enger Freund von Claudias Bruder Rufius Constans und von Aelias drei Brüdern gewesen, die sicher über eindrucksvolle formelle Namen im römischen Stil verfügten, von ihr aber Großmaul, Knallkopp und Frettchen genannt wurden.
Was all diese jungen Burschen verband, so stellte sich heraus, war ihre freundschaftliche Beziehung zu Tiberius.
»Tiberius?« fragte ich wie ein blauäugiger Neuling.
»Oh, aber Sie müssen doch Tiberius kennen?«
»Ich befürchte, diese Ehre hatte ich noch nicht. Tiberius wer?«
»Tiberius Quinctius Quadratus«, warf Marius Optatus plötzlich ein. »In meinem Haus gibt es noch ein oder zwei weniger höfliche Namen für ihn.«
»Der Sohn Ihres ehemaligen Pachtherrn?«
»Unser bewunderter neuer Quästor, Falco.«
Sein Einwurf dämpfte den Ton der Unterhaltung. Er sah aus, als wolle er einen Streit vom Zaun brechen. Aelia Annaea versuchte, die Atmosphäre zu glätten: »Tja, was kann man über Tiberius sagen, außer daß er charmant ist?«
Leise erwiderte Helena: »Finden Sie charmante Männer nicht unausstehlich? Für mich ist Charme bei einem Mann immer ein sicheres Zeichen, daß man ihm nicht trauen sollte.«
»Dieser sieht dazu auch noch äußerst gut aus«, ließ ich mich vernehmen. »Falls er der jugendliche Held ist, den ich neulich abends sah, als er Sie vom Haus Ihres Vaters abgeholt hat, Aelia Annaea?« Sie nickte.
»Oh, der Mann hat alles!« murmelte Optatus neidisch. »Einen prominenten Vater in
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