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Zwielicht über Westerland

Zwielicht über Westerland

Titel: Zwielicht über Westerland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Lindwegen
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vergessen haben.
    Gekonnt öffnete sie ihren Haarknoten und schüttelte ihr Haar aus. Sie wusste genau, welche Wirkung das haben würde. Und richtig, das Handy verschwand augenblicklich in der Jeanshose und sein Blick heftete sich unverhohlen auf das Handtuch, mit dem sie sich langsam abtrocknete.
    Eine Viertelstunde später war die Sonne verschwunden und Maik saß neben Sophie im Strandkorb und hielt ihre Hand. Sie konnte sein Gesicht kaum noch sehen, seine Absichten waren dafür umso deutlicher. Ihre allerdings auch.
    Das Lied aus der Wohnung über ihr klang laut in ihrem Inneren und erfüllte ihr ganzes Sein. Ihren Körper, ihren Geist, einfach alles. Es gab keine Vergangenheit mehr, nur diesen Moment.
    Nachdem er angefangen hatte, an dem Handtuch zu fingern, in das sie sich gewickelt hatte, fragte sie ihn mit einem Rest an Beherrschung und ihrer zartesten Stimme: „Was soll das werden?“
    „Willst du etwa nicht?“, fragte er leise mit einer heiseren Stimme zurück.
    Um sich zu vergewissern, dass niemand mehr am Strand war, trat sie einen Schritt aus dem Strandkorb heraus. Dann drehte sie sich zu ihm um und beugte sich zu ihm herunter.
    „Ich sag dir, was ich will“, flüsterte sie in Richtung seines Ohres.
    Angenehm überrascht hielt er ganz still, als sie mit beiden Händen seine Schultern umfasste.
    Ihr heißer Atem streifte seine Haut und er schloss die Augen.
    Mit einem kurzen, heftigen Stoß trieb sie ihre Zähne in seinen Hals und es war vorbei.
    Kein Herzrasen mehr, keine Musik, kein Verlangen, keine Magie – alles vorbei.
    Maik lag mehr oder weniger im Strandkorb. Sein Kinn war auf die Brust gesunken, die Arme hingen schlaff herab. Fast hätte er Sophie Leid getan. Das war sicher nicht das, was er von ihr gewollt hatte.
    Vorsichtig legte sie seinen Kopf nach hinten und leckte mit der Zungenspitze über die kleinen Bisswunden. Dieser Kuss des Vergessens, wie ihn ihresgleichen nannte, würde Maik die letzte halbe Stunde vergessen machen und die Wunden wie Mückenstiche aussehen lassen.
    Sie tätschelte seine Hand. Er würde aufwachen und glauben, er sei am Strand eingeschlafen. Wem war das noch nicht passiert?
    Ganz zu Anfang ihres Lebens nach dem Biss, vor neunzig Jahren, da hatte sie starke Skrupel gehabt. Aber dann fragte ihr Bruder Jan sie, was an einer Fahrt ins Blaue das Schönste wäre. Sie hatte kurz überlegt und „Die Vorfreude“ geantwortet.
    Er lachte und fragte achselzuckend: „Hatte der die, oder nicht?“
    Bei dem Gedanken an Jan musste sie lächeln. Vielleicht würde er es sich doch noch anders überlegen und ihr auf die Insel folgen, hoffte sie.
    Maik schnarchte leise als Sophie ihn verließ.
    Zuhause nach der Dusche merkte sie erst, wie müde sie war.
    Zufrieden ließ sie sich in ihr Bett fallen.
    „Besser hätte dieser erste Tag nicht sein können“, war ihr letzter Gedanke, bevor sie einschlief.

2. Kapitel
Lebenslänglich
    Sophie schlief tief und fest, als gegen 11:30 Uhr das Telefon klingelte. Die dunkelroten Samtvorhänge ließen kein Tageslicht in das kleine Schlafzimmer fallen. Im Wohnzimmer kniff sie, geblendet vom Tageslicht, die Augen zusammen und stolperte beinahe über den Schlauch des Staubsaugers, den sie am Vorabend nicht mehr bereit gewesen war, wegzuräumen. Leise fluchend erreichte sie den alten Thonetstuhl, der ihr als Telefontisch diente. Hektisch, nur damit das schreckliche Klingeln aufhörte, riss sie den Hörer von der Gabel.
    Nachdem sie einmal tief durchgeatmet hatte, fiel ihr ein, dass ihre neue Arbeitsstelle am Apparat sein könnte, und so versuchte sie ihren Namen einigermaßen ausgeschlafen klingen zu lassen.
    „Mahlzeit, Frau Langschläferin, hier ist Alexander“, kam es freundlich zurück.
    Sophie nahm das Telefon hoch und setzte sich auf den Stuhl. Dann brummte sie aufrichtig verschlafen: „Hallo Alex, musst du mich so früh wecken?“
    Er lachte. „Sieh mal aus dem Fenster!“
    Sie öffnete die Balkontür mit einer leisen Ahnung, die sich bestätigte.
    Das Wetter war herrlich bedeckt. Der Regen, der die halbe Nacht gedauert hatte, hatte alles abgekühlt. Jetzt war die Luft wunderbar frisch und klar, der Himmel hübsch grau und unten auf dem Parkplatz stand Alex gegen sein Auto gelehnt und winkte ihr zu.
    „Gib mir fünf Minuten“, rief sie ihm entgegen und legte auf.
    Eilig ging sie ins Bad und zog sich an. Alex empfing man nicht in Nachtwäsche. Auch, wenn sie schon neunzig Jahre befreundetwaren, oder gerade deshalb. Immerhin war er ihr

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