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Zwielicht über Westerland

Zwielicht über Westerland

Titel: Zwielicht über Westerland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Lindwegen
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Gleiche?
    Hatte sie gestern noch versucht, die Jahre der Enthaltsamkeit zu zählen, um vor sich selbst die Angst vor dem was nun kommen würde zu rechtfertigen, war ihr jetzt auch das egal.
    Die Hitze seines nackten Körpers ließ sie für Sekunden die Luft anhalten, als er sich endlich zu ihr legte. Jeder Kuss von ihm schien längst vergessene Fasern ihres Körpers brennen zu lassen. Sich treiben lassen, ohne Raum und Zeit wahrzunehmen. Selbst den kurzen Schmerz, den sie fühlte, genoss sie. Denn auch er zeigte ihr, dass sie lebte. Wenn der Preis für dieses Leben das Altern und der Tod sein sollten, war es das wert. Jeden Blick aus seinen grünen, wilden Augen, jeden erregten Atemzug aus seinem küssenden Mund, jeden kleinen Zentimeter seiner duftenden Haut. Einen Wimpernschlag lang dachte sie, die Besinnung zu verlieren, dann durchflutete sie ein unsagbares Glückgefühl.
    Sie öffnete ihre Augen und sah ihn an. Er lag unter ihr in seinem zerwühlten Kissen, die Augen geschlossen. Die Hitze hatte seinen braunen Schopf in viele kleine Locken aufgeteilt. Sein Atem wurde schneller, er stockte und bäumte sich leicht auf. Bevor er wieder zu atmen begann, beugte sie sich vor und schlug ihre Zähne in seinen feuchten Hals.
    Erschrocken sprang sie vom Bett. Was hatte sie getan? Es war keine Absicht gewesen, es hatte sie einfach übermannt. Nicht eine Sekunde hatte sie daran gedacht. Sie hatte nur auf die Signale ihres Körpers gehört, wie ein Tier. Ohne Verstand, ohne Moral. Heiße Tränen liefen über ihr Gesicht, bevor sie neben dem Bett zusammenbrach.

13. Kapitel
Vergessene Wahrheit
    Nach der ersten Verzweiflung, doch noch bevor er sich zu verkrampfen begann, hatte sie ihm den Kuss des Vergessens gegeben. Matts Körper hatte sich entspannt und sein Mund schien im Schlaf sogar leicht zu lächeln.
    Erschöpft und entsetzt über sich selbst ging sie ins Bad. Mit geröteten Augen zwang sie sich, das Monster im Spiegel anzusehen. Fast verwundert blickte sie in das Gesicht einer jungen Frau, mit der, nach langer Einsamkeit, die Pferde durchgegangen waren. Sie setzte sich auf den Badewannenrand und dachte an Alex. Es war vielleicht nicht der richtige Zeitpunkt, um an ihn zu denken, aber was konnte sie dagegen tun? Er hatte ihr immer wieder geraten, fast befohlen, sich selbst zu akzeptieren. Es gab kein Monster, es gab nur sie und sie würde sich damit abfinden müssen, wer oder was immer sie war. Eine ihrer Seiten war Angst einflößend, na und? Bei welchem Menschen gab es das nicht? Letztendlich tat sie denen, bei denen sie sich bediente, weniger als sich die meisten Menschen untereinander antaten. Nie tat sie es, um zu verletzten oder zu demütigen. Es lag einfach nicht in ihrer Natur.
    Als sie fröstelnd zurück ins Bett schlüpfte, erwachte er.
    „Komm her, du bist ja ganz kalt.“ Sanft waren seine Küsse und seine Wärme ließ sie den schrecklichen Vorfall schnell verdrängen.
    Erst gegen Nachmittag erwachten sie gemeinsam. Matt reckte sich und schlug die Decke beiseite.
    „Bleib im Bett. Ich hol uns Frühstück herauf. Du hast doch nun fünf Tage frei, oder?“
    Sie kicherte. „Ja, das habe ich. Hast du wieder meinen Dienstplan studiert? Das ist lieb von dir.“
    „Nur damit ich weiß, wie lange ich dich in diesem Bett festhalten kann.“
    Ihr Blick ging zu dem kleinen Radiowecker, der sich einschaltete und leise Musik spielte.
    „Oh nein, ist es etwa schon vierzehn Uhr? Jan und ich bekommen in einer Stunde Weihnachtsbesuch. Verdammt.“
    Mit einem Sprung war sie aus dem Bett.
    „Gut dann fällt das Frühstück heute aus und wir kuscheln noch einen Augenblick.“
    „Kannst du vergessen, mein Herz“ lachte sie.
    „Ich bin heute Abend wieder da, wenn du willst. Versprochen.“
    Mit einem letzten sehnsüchtigen Blick und einigen ihrer Bekleidungsstücke unter dem Arm eilte sie in Richtung Dusche. Als sie das Bad verließ, war ihr Taxi bereits vor der Tür.
    Jan hatte, sehr zu ihrer Freude, alles vorbereitet. Tee und Kaffee waren gekocht und sogar Kuchen hatte er aufgetrieben. Den kleinen Bruder lobend, zog sie sich rasch um.
    „Den Kuchen hat Kevin dir zu Weihnachten gebacken. Er war gestern noch kurz hier.“ Er legte die Füße auf den Kaffeetisch und entblößte kurz seine spitzen Eckzähne. Sie hatte nie verstanden, wie er dies machte. Bei ihr zeigten sich die Zähne nur im Drang, während der Phase des Nehmens. Sie schüttelte unwillig den Kopf. Er wusste genau, dass sie es hasste und tat es daher gerne,

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