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Zwielicht über Westerland

Zwielicht über Westerland

Titel: Zwielicht über Westerland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Lindwegen
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plötzlich eine Frage auf.
    Sie wandte sich an ihren Bruder.
    “Sag mal, woher wusstest du, was mit Vanni los war?“
    Jan drehte ganz langsam den Kopf zu ihr. „Ich hab die Zahnmale gesehen.“
    „Das glaube ich dir nicht. Ich habe genau gesehen, was du getan hast. Du hast nicht einmal nachgesehen am Hals. Wir haben ihr den Pulli erst hinterher ausgezogen.“
    Auf keinen Fall würde sie jetzt locker lassen. „Woher hast du es also gewusst?“
    „Ich hab es mir gedacht, okay?“ Sein Ton war gereizt und Alex wollte ihm zur Hilfe kommen.
    „Das spielt doch nun keine Rolle. Hauptsache, es geht ihr gut. Sei nicht immer so argwöhnisch, Sophie. Das ist ja schrecklich.“
    „Wie soll ich denn sein? Hier spinnt doch jeder dem anderen was vor. Unsere Freundin wurde angegriffen und ist dabei fast gestorben, Jan wusste als hellseherischer Arzt sofort, was sie hat und duwusstest, wer es war und warum. Nur ich, ich weiß gar nichts und ich weiß auch nicht mehr, wem ich trauen kann. Unsere Gesellschaft ist auch nicht besser als die der Normalos. Und denkt nicht, dass wir irgendetwas besser machen würden als sie. Sie sind wir, habt ihr das vergessen? Alles ist so verdammt verlogen. Diese verdammte Heimlichtuerei, diese ganzen blöden Geheimnisse um alles. Ihr glaubt nicht, wie satt ich das alles habe.“
    Sie hatte ihnen den Rücken zugedreht und starrte aus dem Balkonfenster. Es war gesagt und es tat gut. Sicherlich waren die beiden Männer nun verletzt. Aber was machte es? Die Ehre des Clans, die Rechtfertigungen, das Eine-von-uns-Gehabe wurden von ihnen gemacht, nicht von ihr. Sollten sie ruhig einmal darüber nach denken.
    „Genau Sophie, wir sind alle Dreck, nur du, du bist aus einem ganz anderen Holz. Jetzt will ich dir mal sagen, was ich satt habe. Deine Sprüche und dein Getue habe ich so was von satt. Immer hart gegen alles zu sein, ist auch ganz schon einfach, oder? Reihenweise an Leuten bedienen und ihnen anschließend Geschenke machen wollen, ist auch nicht die feine Art. Du meinst wohl, du bist was Besseres, weil du ja eigentlich gar nicht so bist, wie du bist. Wann kapierst du es endlich? Du bist, was du bist. Tu doch nicht immer so.“
    Mit offenem Mund war sie den Worten gefolgt. Noch nie hatte Jan derart mit ihr gesprochen. Die Ereignisse der vergangenen Tage hatte sie alle verstört, aber dennoch spürte sie, dass der Ausbruch nicht nur damit zu tun hatte. Alex schien Ähnliches zu befürchten, denn er war aufgesprungen und hielt Jans Oberarm umklammert. „Jan, beruhige dich, es hat doch keinen Sinn. Sie wird nie aufhören, so zu sein. Ich hab es aufgegeben.“ Er sprach leise und eindringlich. Jan schüttelte den Kopf:
    “Nein, das wird sie nicht. Ich weiß, aber ich will es ihr heute sagen. Ich kann nicht mehr. Sie redet von Vertrauen und macht selber mitdem Dr. Wagner rum. Wäre der nicht gewesen mit seiner eigennützigen Behandlung, wäre Vanni gar nicht erst etwas passiert. So sieht es doch aus.“
    Seinen Oberarm festhaltend sprach Alex auf ihn ein. „Lass gut sein, beruhige dich.“
    In dem kurzen Blick, den Alexander Sophie zuwarf, lag eindeutig die Kränkung wegen das eben Gehörten. Sie hatte also etwas mit dem Doktor. Sie erwiderte den Blick mit Gleichgültigkeit, die ihm sagen sollte, dass es ihn nichts anging.
    „Okay, sag es ihr, sie hat die Wahrheit verdient, die sie so lange gesucht hat.“ Er drückte Jan zurück auf das Sofa und ließ erst jetzt seinen Arm los. Dann setzte er sich zurück auf den Sessel.
    Mit weichen Knien rutschte Sophie an der Balkontür herab und nahm auf dem Fußboden Platz. Die Kühle der Scheibe und die Wut ihres Bruders ließen sie leicht frösteln. Was würde er ihr sagen wollen? Es war merkwürdig, jetzt wo die Situation sich ergeben hatte, wurde sie das Gefühl nicht los, dass sie geahnt hatte, es würde irgendwann dazu kommen.
    „Was hab ich verdient?“ Ihre Stimme und ihre Arme zitterten.
    Jan schloss die Augen und rieb sich die Nasenwurzel. Vielleicht wollte er sich zur Ruhe zwingen oder er suchte die richtigen Worte, sie wusste es nicht.
    „Du hast Recht, Sophie. Ich habe sofort gewusst, was mit Vanni geschehen war. Diese Krämpfe und dieser schreckliche Ausdruck in ihren Augen. Ich hab es gleich gewusst.“
    Er sprach weiter.
    „Du hörst alles um dich herum, alles was sie sagen, jedes Geräusch nimmst du wahr. Dein Blickwinkel ist eingeschränkt, wie mit Scheuklappen siehst du nur einen Ausschnitt deiner Umgebung und du kannst nicht den Kopf

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