Zwielichtlande - Kellison, E: Zwielichtlande
der Mitte des Raumes stand Spencer. Wie sein Team trug er eine schwarze Uniform und hatte seine Waffe auf Adam gerichtet. Er verstellte ihm den Blick auf eine Person, die hinter ihm auf einen Stuhl gefesselt war.
Lebend. Bitte lass ihn leben.
Adam hielt inne und beruhigte sein pochendes Herz, was ihn so sehr anstrengte, dass ihm der Schweiß ausbrach, während er sich zur Seite beugte, um besser sehen zu können.
Custo saß auf dem Schreibtischstuhl und war mit den Händen an die Armlehnen und mit den Füßen an die Stuhlbeine gefesselt, wobei ein Fußgelenk brutal verdreht war. Sein Kopf hing schlaff auf seiner Brust, sein Hemd und seine Hose waren voller Blut. Als Adam schwach den beißenden Geruch von Urin wahrnahm, biss er die Zähne zusammen.
Halt durch, Custo. Bleib am Leben.
Er blickte an dem Gewehrlauf vorbei auf Spencers Kopf, konnte es kaum erwarten, endlich abzudrücken, und trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. Spencer würde sterben , er musste sterben. Jetzt. »Warum? Du Mistkerl. Warum?«
Spencer hielt seine Waffe fest in der Hand. »Ich war mir sicher, dass er wie immer wusste, wo du bist. Aber so ist es ja noch viel leichter. Er bringt dich und das Mädchen zu mir. Das ist wirklich ziemlich praktisch.«
»Wie konntest du das tun?«
Spencer zuckte mit den Schultern. »Ich musste irgendwie herausfinden, wo du bist. Custo hat nichts verraten, das muss man ihm lassen. Aber das Kollektiv ist nicht zu schlagen.«
»Ich habe eine Möglichkeit gefunden«, erklärte Adam. Sie ist direkt vor der Tür.
»Es ist zu spät. Die Welt hat sich verändert. Die Geisterpopulation ist unter der Leitung eines unsterblichen Dämons auf über zehntausend angewachsen. Eine Zusammenarbeit ist nur zu unserem Vorteil. Der Aufstand der Geister ist vorbei. Das Kollektiv hat gewonnen.«
Zum Teufel, das hatte es nicht. Adam schloss den Finger fester um den Abzug.
»Aber, wenn du mich hier herauskommen lässt, mache ich dir, äh, einen Vorschlag«, sagte Spencer mit einem breiten Grinsen.
»Du wirst diesen Raum nicht lebend verlassen.« Ruhig Blut, Custo.
»Ach wirklich?«, fragte Spencer. »Ich kann dir zeigen, wie man einen Geist ohne einen Schrei umbringt. Es ist eigentlich ziemlich einfach. Du warst schlichtweg zu kurzsichtig, deshalb hast du es nicht gesehen.«
Adam dachte an Talia. Wie ihre kleine, zerbrechliche Gestalt nach Luft rang. Er konnte sich nicht vorstellen, wie sie einen Dämon bezwang. Mochte sich nicht ausmalen, wie es war, wenn sie bei dem Versuch starb.
»Was soll das sein?«
»Geister können den Tod nicht ertragen.«
»Was zum Teufel soll das heißen?« Können den Tod nicht ertragen.
Spencer blickte bedeutungsvoll zu Custo, der auf seinem Stuhl hing. Seine kräftigen Schultern waren zu ruhig.
Nein! Das durfte nicht sein. Nicht Custo.
Ein Leben für einen Tod. Philips Druidenritual, seine Theorie über Symmetrie, nach der eine Person ihr Leben opfern musste, damit ein Monster starb. Der Geist war Custo nicht wert. Seinen einzigen Freund. Seinen Bruder.
»Raus«, befahl Adam. Er musste zu Custo, musste Custo retten.
Spencers Augen blitzten zufrieden. Als Spencer aus der Tür ging, hielt Adam die Waffe auf ihn gerichtet.
»Ich bin draußen, wenn du fertig bist«, sagte Spencer. Er, sein IBÜ-Team und ein paar Geister. Und dennoch würde Spencer sterben, wenn Adam hier fertig war. Seine Todesfee war Spencers Mannschaft locker überlegen.
Adam eilte zu Custo und tastete an seinem blutverschmierten Hals vorsichtig nach dem Puls, während sein eigenes Herz tobte. Aber er fand ihn nicht.
Nein, Moment. Die Ader an Custos Hals pochte. Er hatte noch einen Puls, nur war er kaum zu spüren. War ganz schwach.
Halt durch. Halt durch.
Adam kniete neben dem Stuhl auf dem Boden nieder und zwang sich, mit zitternden Händen vorsichtig Custos Kinn anzuheben. Sein Gesicht glich einem Albtraum, obwohl der Anblick durch Talias Schatten sogar noch etwas geschönt war. Die Augen blutunterlaufen, seine Nase schief und sein Kiefer hing seltsam herunter. »Oh Gott. Custo, es tut mir so leid.«
Nicht, dass Custo ihn hörte. Er war weit weg.
Die Hilflosigkeit machte Adam wütend. Er schluckte Galle, und sein Blick verschwamm. Custo durfte nicht einfach so an einen Stuhl gefesselt sterben. Adam zog das Messer aus seinem Gürtel und durchtrennte behutsam, um Custos Haut nicht zu verletzen, die Stricke, mit denen sein Freund angebunden war.
Als Adam seine Arme befreite, sackte Custos Körper nach
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