Zwielichtlande - Kellison, E: Zwielichtlande
Kreischen auf den Bürgersteig, manövrierte ihn unter wüsten Beschimpfungen der anderen Fahrer um die Taxis herum und überquerte die Ampel, um in die Straße einzubiegen, in der das Gebäude lag.
»Dort«, sagte Talia. Er erschrak und trat auf die Bremse.
»Was?« Es waren keine Fußgänger auf der Straße, er sah nur eine Reihe parkender Wagen.
»Der rote Sedan. In so einem ist Custo gefahren.« Der rote Sedan stand im Parkverbot direkt gegenüber von Adams Haus. Adam hielt mitten auf der Straße neben dem Wagen an und sprang heraus.
»Steig aus«, bellte er. Er erwartete sie am Heck des Fahrzeugs, griff ihre Hand und zog sie über die Straße.
»Wir müssen davon ausgehen, dass der, der das Loft angegriffen hat, weiß, dass wir hier sind. Vermutlich beobachten sie die Straße und warten auf uns.«
Talia nickte. Ihr Gesicht war kreidebleich. Verängstigt, aber nicht verschreckt. Sie zog sich nicht in ihre Schatten zurück. Seit der Gasse in Arizona war viel passiert.
»Das ist deine letzte Chance, Talia. Du kannst zurück zum Klub gehen. Dort versteckt man dich. Da wärst du in Sicherheit.« Wieso hatte er sich bloß auf Abigails Worte verlassen? Nur weil es so aussah, als wisse sie alles, hieß das nicht, dass dem wirklich so war.
Talia schüttelte energisch den Kopf. Nein.
Adam führte die Hand zu der kleinen Tastatur, doch in seiner Brust bildete sich ein enormer Druck. Er drehte sich zu ihr um, packte ihre Schultern und flehte, jeglichen Stolz über Bord werfend: »Bitte, geh zurück. Ich darf nicht zulassen, dass du da hineingehst. Nicht einmal für Custo. Ich kann das einfach nicht. Ich werde dich denen nicht ausliefern. Gehst du zurück zum Klub? Tust du das für mich ?«
»Ich gehe deinetwegen in dieses Gebäude«, flüsterte sie mit gebrochener Stimme. Er wusste nicht, ob das ihren Gefühlen oder ihrer Verletzung geschuldet war.
»Verdammt, Talia. Ich hätte niemals mit dir schlafen dürfen. Ich habe dir gesagt, dass es jetzt kein ›Du-und-ich‹ geben kann.« Abrupt ließ er von ihr ab und schob sie von der Tür weg. »Du darfst den Krieg nicht verlieren, nur weil du in einer schwierigen Situation romantische Gefühle entwickelt hast.«
Talia trat wieder nach vorn. Ihre schwarzen Augen funkelten gefährlich. »Ich entscheide, welche Schlachten ich schlage, nicht du. Zwing mich nicht, mir selbst einen Weg in das Gebäude zu suchen. Das kostet Custo lediglich Zeit.«
Sie bedeutete ihm, zurück zu der Tastatur zu gehen.
Verdammt. Abigail hatte recht: Talia war entschlossen, ihn zu begleiten. Er hätte sie irgendwo anbinden sollen. Jetzt war es zu spät. Zu spät für alles.
Mithilfe des Codes öffnete er die Tür. Die kleine Halle war leer. »Treppe oder Aufzug?«
»Mit dem Aufzug sind wir schneller«, erwiderte Talia.
Na schön . Während er die Zahlen in die Tastatur neben dem Fahrstuhl hämmerte, stellte er sich schützend vor sie. Die Metalltüren glitten auseinander.
Leer.
Talia trat um ihn herum in den Fahrstuhl. »Ich glaube, wir sollten ihn im Dunkeln benutzen.« Sie hob eine Braue und wartete auf seine Antwort.
Er folgte ihr in den Aufzug, verschränkte seine Finger mit ihren und zog sie an die Wand. »Dunkel hört sich gut an.«
Schatten streichelten ihn und strichen federleicht über seinen Körper, als wären sie eine Verlängerung von Talia. Seine Sicht veränderte sich, seine Sinne schärften sich, die Welt um ihn herum gewann an Tiefe, und die Konturen traten deutlicher hervor. Er nahm seine Umwelt überdeutlich wahr. Und Talias schlanke warme Hand in seiner.
Die metallene Kiste beförderte sie innerhalb von fünf Sekunden nach oben.
Adam drückte Talias Hand. »Los geht’s.«
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Die Fahrstuhltüren glitten auseinander, und Talia trieb eine Welle wild durcheinander wirbelnder Schatten hinaus. Die Dunkelheit strömte aus ihr heraus und füllte das komplette riesige Loft, glitt über den Fußboden und erklomm die Wände, bis der gesamte Raum von Schatten erfüllt war, die mit ihren dunklen Schleiern das Jenseits von der irdischen Welt trennten.
Bewaffnete Männer knieten in Angriffshaltung auf dem Boden und zielten auf den Aufzug, als die Schatten über sie hinwegschwappten und sie erblinden ließen. Sie waren ganz in Schwarz gekleidet – als wenn man mit dieser Farbe irgendetwas vor ihr verbergen könnte – und trugen Gasmasken. Hinter den Männern schlichen langsam und einem Raubtier gleich zwei Geister am Rand des Raumes entlang.
Vorsichtig atmete Talia ein. Es
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