Zwielichtlande - Kellison, E: Zwielichtlande
euch allen für eure Teilnahme. Das war … « – er wandte sich an Talia – »sehr interessant.« Dann ging er um den Tisch herum und folgte Adam.
Im Raum brach eine Diskussion los.
Jims schrille Stimme stach aus dem allgemeinen Tumult hervor. »Für das, was für dich wie Aberglaube aussieht, gibt es womöglich eine wissenschaftliche Grundlage, Armand. Nimm die indischen Fakire, die ihre Herzfrequenz kontrollieren können … «
»Gerade mal eine Woche hier, und schon mischt sie alle auf.«
Talia wandte sich der Stimme neben ihrem Ohr zu. Spencer.
»Das war nur so ein Gedanke.« Talia griff ihr Notizbuch und den Stift und huschte um den Stuhl herum. Sie wollte gehen und selbst über ihre Idee nachdenken. Wollte nachvollziehen, wie sie zu diesem Schluss gekommen war. Die Konsequenzen in einem Diagramm festhalten. Einen Weg finden, wie sie Adam helfen konnte.
»Sie haben einen Nerv getroffen«, sagte Spencer, während er ihr folgte. »Haben Sie etwas dagegen, wenn ich Sie zu Ihrem Büro begleite?«
Sie wich vor ihm zurück. Für heute hatte sie genug Hautkontakt gehabt. »Ich… ich wollte eigentlich gerade zurück zu meiner Wohnung gehen. Ich bin erschöpft. Leider komme ich erst sehr langsam wieder auf die Beine. Etwas später vielleicht.«
Besorgt zog er die Brauen zusammen. »Dann begleite ich Sie dorthin.«
»Oh nein. Das ist nicht nötig.« Verstand der Mann nicht, wenn man sich entschuldigte?
»Bitte. Wir können uns auf dem Weg unterhalten.« Offensichtlich doch.
Talia deutete zur Tür. Zumindest sorgte Spencer dafür, dass die Menge ihr Platz machte.
»Dr. O’Brien!« Jim wedelte mit der Hand in Richtung Gruppe.
»Sie unterhält sich später mit euch«, rief Spencer ihm zu und nahm ihr damit die Antwort ab.
Auf dem Weg zum Fahrstuhl hielt Talia sich einen Schritt hinter Spencer, aber nachdem sie einmal eingestiegen waren, blieb ihr nichts anderes übrig, als ihm zuzuhören.
»Als Adam dem IBÜ vorschlug, Sie anzustellen, sagte er, Sie seien eine Querdenkerin. Jetzt verstehe ich, was er meinte.« Er schenkte ihr ein charmantes Lächeln. Es wäre allerdings noch charmanter gewesen, wenn er sie allein gelassen hätte.
»Ich dachte, Segue gehört Adam allein.«
Spencer nickte bedächtig mit dem Kopf, als würde er eine Kleinigkeit zugeben. »Das ganze Arrangement ist etwas kompliziert. Adam hat das Institut gegründet, finanziert es selbst und bestimmt die Forschungsrichtlinien, aber das alles tut er mit … Duldung des IBÜ. Als wir herausgefunden haben, dass Adam einen Geist gefangen und eingesperrt hat, den er nun untersucht, haben wir ihn beinahe erschossen. Um es kurz zu machen, am Ende haben wir uns darauf geeinigt, dass es ein Versäumnis war, dem eine offizielle Entschuldigung folgte. Ab jetzt pflegen wir einen aktiven Informationsaustausch.« Talia sagte nichts und wartete, während die Ziffern im Fahrstuhl von eins über zwei und drei auf vier sprangen. Diese Vereinbarung musste Adam nerven. Er schien gern die Oberhand zu behalten.
»Das ist im Interesse aller Beteiligten. Unter uns gesagt, ist das IBÜ ziemlich konservativ, was den Umgang mit Geistern angeht. Dort hätte man den Nahtod nie als eine Untersuchungsmöglichkeit in Betracht gezogen. Ich muss zugeben, dass mich die eher unkonventionellen Ideen, die hier entstehen, gelegentlich beeindrucken. Wie jetzt zum Beispiel.«
»Wie schon gesagt, es war nur so ein Gedanke.« Talia trat aus dem Fahrstuhl und ging den Flur hinunter.
»Ich frage mich: Was riskiert jemand, wenn er sich entscheidet, ein Geist zu werden?«
»Buchstäblich seine Menschlichkeit.« Das verstand er bestimmt. »Ein Blick auf Jacob genügt, denn abgesehen von seinem Äußeren qualifiziert ihn nichts als Homo sapiens. Nur in der Welt der Sagen und der Magie gibt es entsprechende Bezeichnungen für diese Wesen. Nämlich Geist.«
Talia blieb vor der Tür stehen. Sie gab ihren Code ein und nahm sich vor, ihn sofort zu ändern. Die Art, wie Spencer ihr über die Schulter sah, gefiel ihr nicht. Das Schloss sprang auf, und Talia öffnete die Tür.
Spencer hob eine Hand, um zu verhindern, dass sie wieder zufiel. »Was bedeutet eigentlich Menschlichkeit?«
Talia runzelte die Stirn. Sie hatte keine Ahnung, worauf er hinauswollte.
»Ich spiele nur den Anwalt des Teufels. Was ist Menschlichkeit? Verlieren wir sie vielleicht alle früher oder später? Ist Jims Lady Amunsdale menschlich?«
»Das kann ich wirklich nicht beurteilen.« Talia schlüpfte hinein. »Das
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