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Zwielichtlande - Kellison, E: Zwielichtlande

Zwielichtlande - Kellison, E: Zwielichtlande

Titel: Zwielichtlande - Kellison, E: Zwielichtlande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erin Kellison
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lag Gillian auf dem Boden und schluchzte, die Wimperntusche rann in schwarzen Bächen über ihre Wangen. Talia rappelte sich auf und versuchte, sich von Adams Gewicht zu befreien.
    »Bist du okay?« Adam umfasste ihre Taille fester und hielt sie noch einen Augenblick. Er musste erst ihr Gesicht sehen, musste wissen, wie sie alles verkraftete. Er richtete sich auf den Knien auf, ohne dabei ihren Körper loszulassen, griff ihre Arme, sodass er ihr Gesicht zu sich herumdrehen konnte, und schob ihr Kinn vorsichtig in Richtung Licht.
    Sie wandte ihm ihr Gesicht zu, hielt den Blick jedoch strikt nach unten gerichtet. Er duckte sich zu ihr herunter und zwang sie, ihn anzusehen. Ihre Augen waren trocken, ihr Blick schien klar. Und einsam.
    »Ich wollte wegrennen«, sagte sie und klang dabei seltsam distanziert. »Ein Geist hat mich erwischt. Patty hat mich gerettet und sich für mich geopfert. Sie hat das Monster auf den Mund geküsst.« Beschämt senkte sie den Blick.
    Oh, lieber Jesus. Tante Pat.
    Adam packte Talia an den Armen und schüttelte sie heftig. »Hast du jetzt genug vom Wegrennen, vom Verstecken und dem ganzen Mist?«
    »Ich bin hier«, erwiderte sie hohl. »Sag mir, was ich tun soll.«
    Wenn er sie geradeheraus bitten würde, das Gebäude zu verlassen und sich den Geistern zu stellen, würde sie es tun. Das war Adam klar. Sie hatte all ihre Geheimnisse preisgegeben. Ihr Leben gehörte nicht länger ihr, sondern Pat, genauso wie sein Leben seiner verlorenen Familie gehörte.
    Aber Talia traf keine Schuld, nicht im Entferntesten. Er hätte vorausahnen und verhindern müssen, dass so etwas geschah. Hatte er Pat nicht erst gestern Abend gebeten, Talia zu beschützen? Und hatte er nicht die Frauen ohne Sicherheitsschutz in die Stadt geschickt? Es gab eine Million Sachen, die er hätte tun können. Nun war es zu spät.
    »Steh auf«, sagte Adam. Er fasste Talia am Ellbogen, sie folgte ihm stumm.
    »Lass mich runter«, schrie Gillian von hinten. Custo musste sie hochgehoben haben.
    An der Treppe gab Adam seinen Code ein, und die vier gingen hinunter in die Laboretage. Verängstigte Mitarbeiter liefen vor seinem Büro durcheinander. Sie befanden sich eindeutig nicht da, wo sie sich eigentlich aufhalten sollten. Ihre gemurmelten Worte und ihre Bewegungen waren von ruheloser Angst getrieben.
    »Ach, Mist« sagte Armand, als er die Waffen und die verlaufene Wimperntusche sah. »Ich wusste doch, dass ich diese verdammte Stelle nicht hätte annehmen sollen … «
    »Zick jetzt nicht rum«, murmelte jemand anders.
    »Ist er draußen?«, fragte Jim.
    »Nein, Jacob ist sicher«, teilte Adam der Gruppe mit.
    »Bitte bewahrt Ruhe, damit Custo und ich die Lage einschätzen und euch umfassend informieren können.«
    »Die Geister haben Patty in Middleton geschnappt«, platzte Gillian heraus. »Und Talia ist so etwas Ähnliches wie Jacob. Sie hat Patty den Geistern ausgeliefert.«
    Talia stand mit erhobenem Kinn etwas abseits der Gruppe an der Wand und schien auf alles gefasst. Adams Blick zuckte zu Custo, und Custo stellte sich neben sie. Eine unmissverständliche Geste – wer Talia anfassen wollte, musste erst an ihm vorbei.
    Adam wandte sich an Gillian. »Wo warst du, als das passiert ist? Wieso hast du nicht geholfen? Tatsache ist, dass Talia dir das Leben gerettet hat. Wenn du wieder klar denken kannst, wirst du ihr dankbar sein.«
    Gillian verfiel in heftiges Schluchzen. Er wandte sich an die Gruppe und fuhr fort: »Wenn wir uns untereinander bekämpfen, werden wir das hier nicht durchstehen. Wir müssen Ruhe bewahren und zusammenhalten. Armand – ich brauche den Personalbestand. Es sollten sich siebzehn Personen auf dem Gelände befinden.« Adam dachte an Patty und korrigierte sich. »Sechzehn.«
    Adam holte tief Luft und konzentrierte sich. Er verfügte über Notfallpläne, und sie hatten gewisse Abläufe trainiert. Er ging im Geiste die einzelnen Schritte durch: Das Ziel lautete natürlich, alle in Sicherheit zu bringen. Die Überlebenspakete, Waffen und Munition zu holen. Den unterirdischen Tunnel zu erreichen und in den Wald zu fliehen. Vier gepanzerte Geländewagen standen dort jederzeit bereit. Dann mussten sie sich in unterschiedliche Richtungen zerstreuen. Mit etwas Glück schafften seine Leute es zu einer der sechs Nebenstellen von Segue, die innerhalb von vier bis fünf Stunden mit dem Wagen zu erreichen waren. Er würde alles von dort aus koordinieren. Hoffentlich erhielt er ein paar Informationen, mit denen er

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