Zwielichtlande: Schattenmann (German Edition)
dafür sorgen, dass dir nichts geschieht«, erklärte Talia.
Talia wusste also ebenfalls Bescheid. Verdammter Khan. Anscheinend hatte er alle informiert, nur sie nicht.
»Du kannst die Kinder kennenlernen … « Talias Stimme brach. »Wenn du willst, meine ich.«
Talia Thornes Kinder. Ihre kleinen Jungen. Der Schatten über Segue.
Das Gefühl in Laylas Brust verwandelte sich in Schmerz und raubte ihr den Atem, ihr Herz pochte laut in ihrem Kopf.
Der wundervolle Geruch eines Babys erfüllte den Behandlungsraum. Es war auch der Geruch einer Mutter. Um sich nicht zu blamieren, konzentrierte sie sich auf den Schmerz an ihrem Bein und ließ es brennen, brennen, brennen. Wenn sie versuchten, ihr zu schaden, sie ganz und gar zu vernichten, leisteten sie hervorragende Arbeit. Lern die Kinder kennen, aber leider wirst du jeden Augenblick sterben.
»Wenn nicht«, sagte Talia, »ist das auch okay.«
Doch Layla hörte ihr an, dass sie die Vorstellung verletzte.
Layla errötete. Ihre Augen und ihre Nase kribbelten, und sie stand kurz davor, sich doch peinlich aufzuführen. Verdammt. Wenn sie nicht etwas unternahm, brachte sie der Druck in ihrer Brust noch um.
Mit einem Husten löste sie den Kloß in ihrem Hals. »Nein, ich möchte sie wirklich gern kennenlernen. Das wäre … einfach … toll. Und wenn du nichts dagegen hast, würde ich mir gern eine Kamera leihen.«
11
Khan trat zur Seite, damit die Engel das Tor in die Berghöhle in der Nähe von Segue tragen konnten. Wie klug von den Engeln, einen für Menschen unzugänglichen Ort zu wählen, der zudem noch stets im Schatten lag. Orte wie dieser, an denen seit langem Dunkelheit herrschte, bewegten sich am Rande des Jenseits. Die in der Höhle wohnenden Wesen scheuten das Licht genauso wie die Schattenwesen.
Kat-a-kat-a-kat. Öffne mich! , forderte das Tor.
Aber wie unklug, das Tor zur Hölle genau vor dem Eingang zu platzieren.
Andere Engel hatten für ein behelfsmäßiges Schmiedefeuer und einen schwarzen Amboss gesorgt. Ähnlich dem, mit dem er das Tor geschmiedet hatte, lief auch dieser auf einer Seite spitz zu.
Auf dem Amboss lag der Hammer. Wie er dieses glatte, widerspenstige Ding hasste. Für Kathleen hatte er ihn dennoch benutzt, und das würde er nun auch für Layla tun. Seltsam, wie ihre Leben sich spiegelten.
»Das habe ich in dem Lagerhaus gefunden«, bemerkte Custo und trat hinter ihn. Khan spürte kein Brennen. Hier an diesem Ort waren die Schatten sogar stärker als Custos Engelleuchten.
»Lass sie hier liegen und geh aus dem Weg.«
Custo legte die schwarze Blüte, die Khan als Probestück für die Blumendekoration des Tors angefertigt hatte, neben den Hammer auf den Amboss. Die Blätter, von denen jedes eine der drei Welten symbolisierte, schützten einen inneren Kern, eine Seele. Natürlich bestand die Blume aus schwarzem Metall – schwarz wie die dunklen Schatten, schwarz wie der Tod. Er hatte die Blüten an die Ranken zwischen den vertikalen Streben geschmiedet. Sie symbolisierten seine Hoffnung, dass Kathleen die Hölle überlebte und ihre Seele unversehrt blieb, bis er sie fand.
Dann hatte sie ihn gefunden.
»Ich dachte, du kannst es vielleicht erst mit der Blume versuchen und dann mit dem Tor weitermachen.« Für den Fall, dass der Orden diese Strategie für unwirksam befand, hatte sich Custo bereit erklärt, Layla umzubringen.
Khan drehte sich zu ihm um.
»Schattenmann, wenn ich es nicht tue, tut es jemand anders«, sagte Custo mit festem Blick, wirkte jedoch verzweifelt. »Das Tor muss zerstört werden.«
Khan schürte Custos Unbehagen: »Hast du nicht schon genug Unschuldige getötet?«
Khan kannte Custos Vergangenheit. Das Leben vor seinem Tod war von reichlich Gewalt bestimmt gewesen. Hätte er sich am Ende seines Lebens nicht so selbstlos verhalten, wäre seine Existenz im Jenseits ganz anders verlaufen. Und jetzt begab er sich wieder auf den feinen Grat zwischen Dunkelheit und Licht.
»Ich habe dir den Hammer gegeben. Deshalb trage ich die Verantwortung.« Schaudernd musterte Custo das Tor zur Hölle. »Das Ding darf auf keinen Fall auf der Erde bleiben, aber ich will auch nicht, dass Layla stirbt. Ich helfe dir so gut ich kann. Sag mir, was ich tun soll.«
Kat-a-kat-a-kat-a-kat.
Eine Bewegung zog Khans Aufmerksamkeit auf sich. Wie ein Schlafwandler ging ein Engel langsam auf das Tor zu, um ihn herum waberte eine dunkle Wolke aus Angst und Schrecken. Der Engel streckte die Hand nach dem Griff aus. Das Tor hielt ihn als
Weitere Kostenlose Bücher