Zwielichtlande: Schattenmann (German Edition)
den Tisch legte und seinen Mantel über die Sofalehne warf, konnte den Blick jedoch nicht von dem Telefon lösen. Er legte die Arme um ihre Taille und betrachtete ebenfalls Kathleens deckenhohes Gemälde. Im Vordergrund vor den wunderschönen Bäumen der Zwielichtlande lag ihr Mobiltelefon. Und welche Nummer erschien auf dem Display? Die des japanischen Verteidigungsministers, mit dem sie zu einer Telefonkonferenz verabredet war. Die Angriffe durch Geister in Tokio nahmen zu, doch die Japaner taten sich schwer, Rat aus Segue anzunehmen. Dieser Anruf bedeutete einen Durchbruch.
»Es hat mich eine Woche gekostet, diesen Termin zu arrangieren«, sagte sie. Wenn sie den Blick abwandte, verschwand es ganz.
»Wer von den Jungs war es?« Khan zog sie dicht an sich. Sie lehnte ihren Kopf an seine Brust.
Alle dachten, Michael mit den schwarzen Augen und seiner Vorliebe für das Schattenreich wäre der schwierigere von Talias Söhnen. Doch Cole, der stille Cole, konnte genauso ein Schelm sein. Kinder eben.
»Ich habe keine Ahnung«, antwortete Layla. Sie konnte ihnen keine Minute den Rücken zuwenden. Mittlerweile krabbelten sie mit enormer Geschwindigkeit. Sie wusste nicht, wie einer von ihnen es geschafft hatte, das Telefon vom Tisch zu holen.
»Ist das ein wichtiger Anruf?« Sie spürte wie Khans tiefe Stimme sie erregte. Khan. Er hatte sich den Namen für den täglichen Gebrauch ausgesucht, doch für sie blieb er immer ihr Schattenmann.
Als er mit seinen Lippen über ihren Nacken strich und an ihrem Ohrläppchen knabberte, schloss Layla die Augen. Angenehmes Kribbeln breitete sich in ihrem Körper aus, dabei benutzte er vermutlich noch nicht einmal Magie. So konnte sie nicht arbeiten.
»Ich besorge mir besser ein anderes Telefon«, sagte sie.
»So spät in der Nacht?«
»In Japan ist es Morgen.«
»Ach.«
Sie drehte sich in seinen Armen um und blickte in seine schwarzen Augen. »Es sei denn, du greifst hinein und holst es mir zurück?«
Khans Fähigkeiten als Magier verbesserten sich rasch, wahrscheinlich schneller als sie ahnte, weshalb sie sich ein bisschen sorgte. Sie hatte beobachtet, wie er eine Spinne dazu brachte, im Todeskampf die Beine zu krümmen und sie dann – schnipp – wiederbelebt hatte.
»Und wieso sollte ich das Ding wiederhaben wollen?« Seine Hand glitt unter ihre Bluse.
»Damit ich die morgige Verabredung planen kann«, versuchte sie ihn zu überzeugen. Die Verabredungen waren ihre Idee – eine Möglichkeit, ihn in diese Welt einzuführen und sich in einer normalen Umgebung kennenzulernen. Beim Bowling war es besonders lustig gewesen. Ein kleines Kind hatte Khan vorgeschlagen, er sollte Kinder-Bowling spielen. Dort konnten sie sich nicht mehr blicken lassen. Schade, denn im Umkreis von dreißig Meilen gab es nicht viel, was sie unternehmen konnten. Sie musste sich etwas Gutes einfallen lassen.
»Das ist nicht nötig.« Das Zimmer verdunkelte sich. Schatten wallten sinnlich durch den Raum. »Ich habe eine bessere Idee.«
»In Japan gibt es ein Problem mit den Geistern«, führte Layla aus, obwohl ihr die Richtung von Khans Gedanken gefiel. Sie versuchte mit aller Macht, ihnen nicht nachzugeben.
»Das Telefon ist verloren, Layla«, sagte er. »Ich weiß nicht, ob ich weit genug hineingreifen kann, um es zu fassen. Und selbst wenn, wird es kaum noch funktionieren. Ich plädiere stattdessen für eine Reise. Stell das Geisterproblem persönlich vor.«
Das wäre schön. Doch die Wahrscheinlichkeit, einen persönlichen Termin zu erhalten, war sehr gering. Selbst bei Segues Verbindungen. Segue und seine übersinnliche Arbeit waren ihr einst verdächtig erschienen. Es überraschte sie nicht, dass andere genauso dachten.
»Ich will keine Zeit verlieren.« Und wenn ihr endlich jemand zuhören wollte, musste sie die Chance wahrnehmen.
»Ich meine jetzt.«
Layla wich zurück, doch irgendwie war sie nicht überrascht. »Du kannst die Zwielichtlande passieren?«
Seit sie das Tor zerstört hatten, war er wie besessen davon. Er hatte geschworen, dass er nie wieder auf der einen Seite des Vorhangs gefangen sein würde und sie auf der anderen. Er hatte genug davon und sie, offen gestanden, auch.
Er lächelte finster und verrucht. »Vielleicht ist das immer meine Bestimmung gewesen. Vielleicht will das Schicksal, dass wir für immer zusammen sind.« Jetzt war Layla überrascht. Nach allem, was sie durchgestanden hatten … »Du glaubst an das Schicksal?«
»Nur an das, das wir selbst
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