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Zwielichtlande

Zwielichtlande

Titel: Zwielichtlande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Kellison
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schwarze Cargohosen, aber sie konnte nicht anders, als sich ihn in Ballettstrumpfhosen vorzustellen. Beinahe musste sie lachen: Dieser Mann? In Strumpfhosen? Nicht in tausend Jahren.
    »Ich habe Ihnen keine Vorwürfe gemacht. Ich habe Sie gelobt. Es gefällt mir, dass Sie selbständig denken. Es gefällt mir, dass Sie so umsichtig waren, sich diese Taschenlampe zu besorgen. Es muss anstrengend sein, sie mitzuschleppen. Ich nehme an, Sie haben Ersatzbatterien dabei?«
    Sie hob das Kinn. »In meiner Tasche.«
    Er lächelte sie an und sie hörte schlagartig auf zu denken. Schließlich erreichte das Lächeln seine Augen, sie strahlten. Sie wurde von einem supergruseligen Wolf verfolgt, und dieser Mann war glücklich ?
    »Jetzt wird alles gut. Ich würde Ihnen sagen, dass Sie ins Bett gehen sollen, aber Adam wird gleich hier sein. Gut, dass er in New York war. Er hätte auch in West Virginia sein können.« Custos Lächeln verschwand. »Es sei denn, sie haben die Einrichtung nach dem Angriff aufgegeben.«
    »Welche Einrichtung? Wer ist Adam?«
    »Adam Thorne. Er betreibt das Segue Institut. Eine Forschungseinrichtung, deren Hauptaugenmerk sich auf die wachsende Population an Geistern richtet, obwohl sie sich gelegentlich auch mit anderen übersinnlichen Erscheinungen beschäftigt.«
    »Schon wieder Geister.« Und übersinnliche Erscheinungen. Der Kerl schien irre, aber schließlich war sie diejenige, die Fantasiewölfe sah und sollte sich lieber zurückhalten.
    »Raubtiere, die aussehen wie Sie und ich«, erklärte Custo. »Aber unmenschlich stark und unsterblich sind. Sie ernähren sich von den Seelen ihrer menschlichen Opfer. Ich habe über sechs Jahre mit Adam zusammen daran gearbeitet, ihre Verbreitung unter Kontrolle zu bringen.«
    Custos Telefonat nach zu urteilen stand seine Anstellung anscheinend infrage. Sie biss sich auf die Zunge. Viele Alternativen hatte sie nicht. »Geht dieser Adam meinem Wolf auf den Grund?«
    »Ja. Bestimmt.«
    »Heute Abend?«
    »Wir tun, was heute Abend möglich ist. Segue hat eine einzigartige Aufklärungseinheit, wir sollten in der Lage sein … «
    Custo legte den Kopf auf die Seite, als würde er auf etwas lauschen. Dann war er mit einem Schritt bei ihr, griff ihren Arm – die Taschenlampe verdrehte ihr schmerzhaft das Gelenk – und zog sie hinter sich. »Alles wird gut«, sagte er etwas zu ruhig.
    »Wo ist er?« Annabellas Herz hämmerte. Sie hielt sich an seiner Taille fest, linste um ihn herum und suchte mit eingeschalteter Taschenlampe nach dem Wolf.
    Sie sah nichts als Kisten.
    »Nicht schießen. Ich bin unbewaffnet«, schrie Custo. »Und ich habe eine unschuldige Frau bei mir.«
    Also kein Wolf. Sie richtete die Taschenlampe auf den Eingang.
    Custo blickte zu ihr hinunter. »Wehren Sie sich nicht. Damit habe ich gerechnet. Adam ist nur vorsichtig.«
    »Auf den Boden«, rief eine heisere Männerstimme.
    Custo nickte, als würde er diesen Schritt für angemessen halten. »Hinunter«, sagte er. »Sie tun Ihnen nichts.«
    »Aber ich dachte … « Sie wusste nicht, was sie gedacht hatte. Vielleicht, dass sie hier die Nacht verbringen würden. Vielleicht, dass er eine schnelle Lösung für ihr Problem hatte, wie Jaspers Vorschlag mit dem Vögeln. Vielleicht, dass sie sicher war und gut ausgeruht in ihre Vorstellung ging. Wenn sie sich nicht bald hinlegte, würde sie ohnehin umfallen.
    »Auf den Boden. Sofort!«
    Custo drückte sie mit sich auf die Knie nieder. »Keine schnellen Bewegungen. Nur auf den Boden legen. Alles wird gut.«
    Kaum hatte ihre Wange den kalten Linoleumboden berührt, tauchten zahlreiche schwarze Springerstiefel in ihrem Blickfeld auf. Einer landete auf Custos Nacken, während ihm jemand den Lauf einer Waffe an den Kopf hielt. Andere Stiefel drückten auf seine Arme, seinen Rücken und die Beine.
    »Nein, nein, nein«, schrie Annabella, während ihr Körper vor Angst und Wut zitterte. Das alles war ein Fehler. Es war ein Fehler gewesen, das Taxi zu teilen. Ein Fehler, einem fremden Mann zu vertrauen. Ein Fehler, der sie vielleicht ihre Giselle kostete. »Er hat Sieangerufen! Er hat Sieangerufen!«
    Custo besaß die Nerven, mit dem Stiefel in seinem Gesicht noch darüber zu lächeln, aber er schwieg und blieb ruhig liegen.
    Jemand packte Annabella grob unter den Achseln und riss sie hoch. Krachend fiel die Taschenlampe auf den Boden. Aus dem Augenwinkel beobachtete sie, wie ein Soldat den Inhalt ihrer Tasche auskippte und ihre Sachen durchsuchte. Man drängte

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