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Zwielichtlande

Zwielichtlande

Titel: Zwielichtlande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Kellison
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Wahrscheinlich ein Großonkel soundsovielten Grades oder so ähnlich.
    »Er hat mich gebeten, dir das hier zu geben.« Adam reichte ihm eine schneeweiße Visitenkarte, die an einer Ecke mit Blut befleckt war. In feiner Schrift stand DER WEIßE TURM darauf. »Er hat gesagt, dass du morgen früh um neun Uhr dort sein sollst.«
    »Ist Luca weg?« Custo konnte es nicht glauben. Auf der Karte befand sich keine Adresse. Wahrscheinlich stand er auch nicht im Telefonbuch. »Und die anderen?«
    Adam zuckte mit den Schultern. »Verschwunden, als der letzte Geist erledigt war. Sie haben nicht auf meine Fragen reagiert. Und mir auch sonst keine Beachtung geschenkt, sondern mir lediglich diese Karte gegeben.«
    Erst vor wenigen Stunden hatte Custo Luca um eine weitere Nacht gebeten, und Luca hatte sie ihm gewährt. Hätte er um eine Woche bitten sollen? Um ein Jahr? Hundert Jahre? Hätte es eine Rolle gespielt? Welch schrecklicher Gedanke.
    Und so unwichtig.
    Custo blieb eine einzige Nacht, aber er besaß keine Chance, den Wolf zu finden. Annabella war emotional und körperlich über ihre Kräfte gegangen. Er konnte nicht einmal seine Unsterblichkeit nutzen, um im Geisterkrieg zu helfen, weil er an ihrer Seite bleiben musste, falls der Wolf zurückkehrte.
    Er blickte noch einmal auf die blütenweiße, wenn auch befleckte Karte. Der Weiße Turm. Was für ein bombastischer Name für eine Ansammlung von Engeln. Das war genau der Grund, weshalb er nichts mit ihnen zu tun haben wollte. Absolut nichts.
    Gut, er würde sie einfach abzocken, nicht hingehen. Er hatte sich bereits so viel zuschulden kommen lassen, auf eine Sache mehr oder weniger kam es jetzt auch nicht mehr an. Er hatte tausendmal gelogen; sie mussten damit rechnen. In seinem letzten Leben war er ein Dieb gewesen, hatte immer nach dem Vorteil gesucht. Nun, er würde so viele Augenblicke stehlen wie möglich. Wenn er Annabella verlassen musste, wüsste sie, dass er sich mit dem Himmel angelegt hatte, um bei ihr zu bleiben.
    »Er ist wie du, oder?«, fragte Adam überaus wachsam. »Er und die anderen, die bei ihm waren.«
    »Ja«, erwiderte Custo. Aber er wusste nicht, welches Privileg es ihnen gestattete, auf der Erde zu leben. Auf der Erde zu leben . Er wusste nicht, wie man das beantragte, oder ob er aufgrund seiner Flucht aus dem Himmel und der Folgen dafür vielleicht überhaupt nicht infrage kam. Wie immer bedauerte er seine Entscheidungen.
    »Ich würde dich morgen gern begleiten«, sagte Adam.
    Na klar. Der große Bruder Adam musste immer alles ganz genau wissen.
    »Ich will herausfinden«, fuhr Adam fort, »ob sie bereit wären, im Kampf gegen die Geister mit Segue zu kooperieren. Ich würde alles dafür tun, damit Talia von dieser Aufgabe erlöst ist.«
    Custo fröstelte. Talia. Wie hatte er sie vergessen können? Talia trug ein unvorstellbar schreckliches Joch. Sie musste die Grenze zwischen den Welten zerreißen, um stinkende Tote hinüberzudrängen.
    Er war zu sehr mit sich selbst beschäftigt gewesen, um Adams Gedanken zu folgen, aber sie waren nicht allzu schwer zu erraten. Adam hatte selbst erlebt, dass die Engel in der Lage waren, Geister zu zerstören, ohne dabei in Gefahr zu geraten.
    Custo legte eine Hand auf seinen schmerzenden Bauch. Ein Engel riskierte bei dem Kampf gegen die Geister vielleicht Schmerzen und anschließend ein paar Unannehmlichkeiten, aber ansonsten wenig. Was hatte Adam denn noch an Möglichkeiten, nachdem der Schattenmann eindeutig nicht gewillt war, ihm zu helfen? Keine. Adam brauchte die Engel, und er benötigte Custo, um sie zu finden.
    Der Weiße Turm war für einen Sterblichen unmöglich zu finden, selbst für den gut vernetzten Adam mit dem reinen Herzen. Zum ersten Mal in seinem Leben war Custo in der Lage, Adam zu helfen, ihm die Verbindung zu verschaffen, die er so dringend in diesem Krieg gegen die Geister brauchte.
    Annabella bewegte sich und zog Custos Aufmerksamkeit auf sich. Sie benutzte eine Art Creme, um die Schminke aus ihrem Gesicht zu entfernen. Die Haut unter der weißen Farbe war beinahe bleich. Ihre Gedanken kreisten um Peter, Jasper und Wolf. Der Name Wolf war neu, und es gefiel Custo nicht, dass Annabella und das Tier sich offenbar nähergekommen waren.
    Vielleicht konnten die Engel ja auch Annabella vor dem Wolf retten. Wieso hatten sie es nicht schon getan? Er würde gern hören, was sie dazu sagten.
    Custo räusperte sich, aber seine Stimme klang weiterhin angespannt. »Ich sage dir Bescheid, wenn ich den

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