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Zwienacht (German Edition)

Zwienacht (German Edition)

Titel: Zwienacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimon Weber
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habe ich neu installiert.“ Richard klopfte mit dem Fingerknöchel gegen eine digitale Kamera, die auf einem Stativ vor dem Fenster stand. Der Vorhang war ein Stück zur Seite gezogen worden. Die Linse war auf die Straße gerichtet.
    „Sehen Sie hindurch“, forderte ihn Münzberg auf.
    Richard ging in die Hocke und sah auf den Bildschirm auf der Rückseite der Kamera. Er blickte auf ein winziges Abbild der gegenüberliegenden Hausfront. Die Kamera zielte auf Krügers Wohnung. Er konnte den Waffensammler zurzeit nicht entdecken.
    „Ich filme ihn rund um die Uhr“, verkündete Münzberg und in seiner Stimme schwangen Hass und Wut mit. „Wenn er wieder irgendjemanden etwas antut, werde ich es mitbekommen.“
    Richard schwieg. Seine Gedanken kehrten zu der scheußlichen Ratte in seiner Wohnung zurück. Er war sich sicher, dass sie groß genug war, um es mit einem klein gewachsenen Kater aufzunehmen.
    „Ich muss jetzt in meine Wohnung zurück“, sagte Richard. Er tippte Münzberg, der konzentriert durch den Spalt im Vorhang zu Krügers Fenster herüberstarrte, auf die Schulter. „Vielen Dank für alles. Sie haben mich aus einer sehr unangenehmen Lage gerettet.“
    „Sie hätten für mich doch dasselbe getan.“ Münzberg strahlte ihn an, dann kicherte er wieder. „Obwohl ... Sie hätten mich wohl kaum die Treppe hochtragen können.“ Sofort wurde er wieder ernst. „Möchten Sie, dass ich Sie in Ihre Wohnung begleite. Wegen der Ratte. Wir könnten gemeinsam nachsehen, ob sie wirklich verschwunden ist.“
    „Das wäre gut!“, sagte Richard voller Inbrunst und reichte Münzberg seine Hand. Der beleibte Nachbar nahm sie hocherfreut in seine Pranke und schüttelte sie wie einen Pumpenschwengel.
    „Dann mal los, Herr Gerling.“

Der Drohbrief

    Richard betrat mit unsicheren Schritten seine Wohnung. Jan Münzberg hatte sie beide mit Waffen ausgestattet: einem Schrubber und einem Besen.
    Damit Richard sich nicht barfuss auf die Jagd begeben musste – er hatte sich auf seine Halbstiefel ausgiebig übergeben, trug er ein paar bestickte Hausschuhe seines Nachbarn. Größe 39. Der korpulente Münzberg bewegte sich auf kleinem Fuße.
    „Wir sollten zusammenbleiben und uns ein Zimmer nach dem anderen vornehmen“, schlug Richard mit dem Schrubber im Anschlag vor.
    „Und ob!“, stimmte ihm Münzberg zu. „Ich habe nie verstanden, warum sich die Darsteller in einem Horrorfilm immer trennen müssen. Von wegen: Bob, du gehst in den stockfinsteren Gang da links! Ich übernehme den rechten mit den unheimlichen Geräuschen! Da ist doch sofort klar, dass einer von beiden draufgeht.“
    Das Tageslicht sorgte nur für ein fahles Grau. Richard schaltete die Lampe im Flur ein. In dem kleinen Regal mit dem Telefon entdeckte er seine Brille und setzte sie erleichtert auf. „Hatten Sie gestern auch einen kurzen Stromausfall?“
    „Nein“, hörte er Münzbergs Stimme direkt hinter sich. „Warum ...?“
    „Pst!“, machte Richard.
    Ein Geräusch! Leise! Kurz! Metallen!
    Münzbergs Anwesenheit gab ihm ein wenig Sicherheit, aber der Anblick der Ratte – oder einer ganzen Horde! – wäre zu viel für ihn. Sein Vorrat an Selbstbeherrschung war mittlerweile fast aufgebraucht. Richard umklammerte den Stiel des Schrubbers. Er spähte um die Ecke. Das Geräusch – Pling! – wiederholte sich. Der Stiel sauste durch die Luft, ohne ein Ziel zu haben. Ein Reflex seiner strapazierten Nerven.
    Pling!
    Ein Tropfen löste sich vom Wasserkran an der Küchenspüle und fiel auf den Rand einer schmutzigen Glasschüssel, aus der Richard erst kürzlich sein Müsli gelöffelt hatte.
    Münzberg stocherte mit dem Besen hinter dem Kühlschrank herum, während Richard alle Zimmerecken mit einer Vorsicht absuchte, als befürchtete er auf einen Sprengsatz zu stoßen.
    „Was ist damit?“ Der Nachbar klopfte mit dem Besenstiel gegen eine schmale Holztür, die direkt in die Wand eingelassen war.
    „Eine Art Rumpelkammer, die ich nicht nutze“, erwiderte Richard. „Sie ist immer verschlossen. Da kann die Ratte wohl kaum rausgekommen sein.“ Er hatte die Kammer beinahe vergessen. Die nur einen halben Meter breite, in Wandfarbe lackierte Tür hob sich von der Umgebung kaum ab. Zudem war sie in der Ecke rechts neben dem Küchenschrank schnell zu übersehen.
    „Die Kammer ist leer“, erinnerte sich Richard. „Ich wollte sie als Vorratsraum nutzen, aber da drin riecht es feucht und muffig. Also habe ich es gelassen.“
    „Besser ist besser.“ Als

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