Zwillingsbrut
streicheln, dann marschierte sie schnurstracks zum Kühlschrank. Sie warf ihre Handschuhe auf den Tisch mit der Post, riss die Tür auf und starrte hinein. »Gibt es hier nichts zu trinken?«
Pescoli, die ihr gefolgt war, knallte die Kühlschranktür mit der flachen Hand zu.
»He! Pass doch auf!«, rief Bianca und sprang rasch zurück. Empört blickte sie ihre Mutter an. Sie war blass und hatte dunkle Ringe unter den Augen. Mit einer raschen Handbewegung zog sie sich die Mütze vom Kopf und schleuderte sie auf den Tisch zu den Handschuhen. »Was ist dein Problem?«
»Genau das möchte ich von dir wissen.«
»Noch einmal: Es geht mir nicht gut. Kapiert?« Sie starrte ihre Mutter an, als wäre diese schwer von Begriff.
»Du hast mich nicht angerufen, und du bist auch nicht nach Hause gekommen.«
»Ich war bei Chris!«
»Anstatt zum Unterricht zu gehen?« Pescoli trat einen Schritt zurück und gab den Weg zum Kühlschrank frei.
»Mir war
nicht gut.
« Bianca nahm sich eine Dose Cola light und zog den Verschluss auf.
Knack. Zisch.
»Wenn es dir nicht gutgeht, dann hast du mich anzurufen und mir mitzuteilen, dass du a)« – sie streckte einen Finger in die Höhe – »nach Hause kommst und b)« – ein zweiter Finger folgte – »zum Arzt gehst. Andere Alternativen gibt es nicht.«
»Ich könnte Dad anrufen.« Bianca nahm einen Schluck aus ihrer Dose.
»Hast du?«
»Nein.«
»Warum nicht?«
»Weil es keine richtige Alternative ist, vermute ich.« Ein weiterer Schluck Cola light.
»Genauso wenig, wie zu Chris zu gehen. Waren seine Eltern zu Hause?«
»Nein. Was denkst du denn? Sie arbeiten!«
»Eben.«
»Ich brauche doch keinen Babysitter!«
»Da bin ich mir nicht sicher«, entgegnete Pescoli. »Also, was habt ihr gemacht?«
Ihre Tochter zog die Augenbrauen zusammen. »Rumgehangen. Was denkst du denn? Ach Gott, ich weiß schon. Du denkst, wir hätten Sex gehabt oder so was.«
Pescoli krümmte sich innerlich. »Ja, wenn du stundenlang allein mit deinem Freund zusammen bist und alle um dich herum deswegen belügst, gehe ich schon davon aus, dass du dich in ernsthafte Schwierigkeiten bringst!« Sie bemerkte ihren anklagenden Tonfall und schraubte etwas zurück. »Na schön … also … erzähl mir, was ihr gemacht habt. Ich weiß, ich weiß, ihr habt ›rumgehangen‹, aber ich würde mich freuen, wenn du dich ein wenig genauer ausdrücken könntest.«
»Wir haben ferngesehen, Videospiele gemacht, einen Film ausgeliehen … keine große Sache.«
»Außer dass du in der Schule gefehlt hast«, fügte Pescoli mit ruhiger, ernster Stimme hinzu. »Es war eine große Sache, Bianca. Eine sehr große Sache. Ich weiß nicht, was da zwischen dir und Chris läuft, aber was immer es ist: Es lohnt sich nicht, deswegen blauzumachen und dem Unterrichtsstoff hinterherzuhinken!«
»Du bist so lächerlich! Ich habe doch bloß ein paar Filme angeschaut!« Sie schnaubte beleidigt und stolzierte zur Küchentür. Pescoli hielt sie am Ellbogen fest und drehte sie zu sich herum.
Nase an Nase mit ihrer fünfzehnjährigen Tochter, sagte sie: »Es geht hier nicht um mich, Bianca. Versuch nicht, abzulenken. Es geht um dich, um dein Verhalten und die Konsequenzen daraus, und ja, in der Tat, um den Rest deines Lebens, den du dir ganz offensichtlich versauen möchtest.«
»Geh mir nicht auf den Wecker!«
»Doch, genau das werde ich tun. Zumindest in den nächsten paar Jahren.«
Bianca riss ihren Arm weg. »Ich könnte das Jugendamt anrufen! Du darfst mich nicht anfassen!«
»Hat Chris dir das erzählt?«
Pescoli griff nach dem Telefon, nahm den Hörer ab und hielt ihn ihrer Tochter vors Gesicht. »Nimm. Ruf an und warte, was passiert. Wenn sie dir glauben, werden sie dich aus diesem Haus holen. Wo willst du hin? Zu deinem Vater? Zu einer Pflegefamilie? Ist es das, was du möchtest?«
»Schon möglich!«
Obwohl es ihr schier das Herz zerriss, sagte Pescoli: »Gut, dann ruf an.«
Bianca beäugte das Telefon, und für eine halbe Sekunde glaubte Regan, sie würde tatsächlich anrufen. Nach einer weiteren halben Sekunde war es ihr schon vollkommen egal. Sie würde sich nicht von einer Fünfzehnjährigen erpressen lassen. Entschlossen drückte sie ihrer Tochter den Hörer in die Hand.
»Sie – sie werden mir nicht glauben«, stammelte Bianca. »Du bist Polizistin! Du wirst doch alles verdrehen!« Sie knallte den Hörer auf den Küchentresen und stapfte zu ihrem Zimmer.
»Wenn du die Tür zuschlägst, nehme ich sie
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