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Zwillingsbrut

Zwillingsbrut

Titel: Zwillingsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
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Werkzeugkiste und suchte nach einem Schraubenzieher, mit dem sie die Tür aus den Angeln hebeln wollte. Nachdem sie sich durch selten benutzte Drahtscheren, Zangen und Schraubenschlüssel gewühlt hatte, fand sie einen langen Schraubenzieher mit Farbtropfen darauf, den sie normalerweise zum Aufstemmen widerspenstiger Farbeimer verwendete. Gerade wollte sie sich an Biancas Tür zu schaffen machen, als ihr Handy klingelte.
    Sie drückte auf »Gespräch annehmen«. »Pescoli?«
    »Alvarez«, meldete sich ihre Partnerin. »Ich denke, du solltest zu dem Felsvorsprung bei den Wasserfällen kommen. Hinter dem Wandererparkplatz, an der Straße, die den Boxer Bluff hinaufführt. Sieht so aus, als wäre eine Joggerin auf dem Gipfelweg ausgerutscht und über die Brüstung in die Tiefe gestürzt. Hatte keinen Ausweis bei sich.«
    »Tot?«
    »Fast. Die Rettungssanitäter geben ihr Bestes. Vermutlich ein Unfall. Es ist höllisch glatt da draußen.«
    »Reichen dir nicht die Fälle, die wir schon bearbeiten?«, fragte Pescoli. »Noch haben wir nicht mal einen Todesfall, geschweige denn einen Mord.«
    »Hmmm … ja.«
    »Nun, zumindest übertrifft es das, was sich im Augenblick hier abspielt«, befand Pescoli. »Ich mache mich gleich auf den Weg.« Sie warf den Schraubenzieher zurück in die offene Werkzeugkiste, dann rief sie in Richtung der geschlossenen Zimmertür ihrer Tochter: »Gnadenfrist, Bianca, aber nur eine kurze. Ich bin bald wieder da.« Ausnahmsweise verzichtete sie darauf, ihre Stimme klingen zu lassen wie die von Arnold Schwarzenegger.
    Cisco trottete ihr hinterher, als sie zur Hintertür eilte. »Diesmal nicht«, teilte sie dem Hund mit, zog den Reißverschluss ihrer Iso-Jacke hoch und schlüpfte in ihre Stiefel, dann tätschelte sie sein struppiges Köpfchen. »Heute hast du hier die Aufsicht.« Sein Schwänzchen wedelte so heftig, dass sein ganzes Hinterteil in Schwung geriet.
    Regan ging durch die Hintertür zur Garage. Von ihrem Jeep tropfte noch immer der schmelzende Schnee.
    Sie kletterte hinters Steuer und setzte zurück. Jeremys Wagen stand auf seinem üblichen Parkplatz, als wäre er nie ausgezogen. Ein Teil von ihr wollte zwar, dass er nach Hause zurückkehrte, aber das war reiner Mutterinstinkt. Es wäre falsch, das wusste sie, ein solches Hin und Her hatte sie bei mehreren ihrer Freundinnen und deren Kindern mitverfolgen können.
    Ein Jugendlicher musste irgendwann damit anfangen, verantwortungsvolle Entscheidungen zu treffen.
    Sie stellte die Automatik auf R und setzte zurück, dann drückte sie auf die Fernbedienung an der Sonnenblende und vergewisserte sich, dass sich das Garagentor hinter ihr schloss.
    Wie war es nur dazu gekommen; würden sie und ihre Kinder einander ewig auf die Probe stellen? Als sie vergangenes Jahr in die Fänge eines Irren geraten war und gedacht hatte, sie würde die beiden nie wiedersehen, hatte sie sich geschworen, alles wiedergutzumachen, sich mit ihnen auszusöhnen, entweder ihre Dienstmarke abzugeben oder andere Möglichkeiten zu finden, nur noch vierzig Stunden die Woche zu arbeiten, die Familie über alles zu stellen. Auch Jeremy und Bianca hatten versprochen, ihre selbstsüchtigen Gewohnheiten abzulegen, auf dem rechten Weg zu bleiben, sich um gute Noten und die richtigen Entscheidungen zu bemühen und ihr keine Minute Kummer zu bereiten.
    Doch schon am Valentinstag waren all die guten Neujahrsvorsätze längst gebrochen, und sie waren allesamt in ihre alte Routine zurückgefallen.
    Vielleicht war es ein Fehler, dass sie nicht bei Santana einzog. Möglicherweise war eine starke Vaterfigur tatsächlich genau das, was Jeremy und Bianca brauchten.
    »Es ist nie zu spät«, sagte sie laut zu sich selbst.
    Ihre Rolle als alleinerziehende Mutter erfüllte sie so jedenfalls nicht.
    Als sie den Stadtrand erreichte, zwang sie sich, die Sorgen um ihre Kinder und die damit einhergehenden Probleme zurückzustellen und sich auf das zu konzentrieren, was vor ihr lag.
    Sie fuhr den Boxer Bluff hinauf und sah schon bald die Lichter der Polizei- und Rettungsfahrzeuge durch die Dunkelheit zucken, rote und blaue Blitze im Schnee. Feuerwehrleute, Rettungskräfte sowie mehrere Polizeibeamte waren am Unfallort beschäftigt.
    Pescoli parkte ihren Jeep in einer freien Lücke am Straßenrand, gerade als zwei Sanitäter die verunglückte Frau auf einer Trage in den wartenden Rettungswagen schoben. Etwa fünfzehn Schaulustige hatten sich hinter der Polizeiabsperrung versammelt, reckten ihre

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