Zwischen den Sternen
das Publikum nicht zu sehr unter den Probeläufen leiden musste, bevor sich das Ergebnis schmerzfrei anhören ließ.
Man konnte mit Fug und Recht behaupten, dass einige dieser Arrangements mehr arrangiert waren als andere, um es höflich zu formulieren, aber manche Leute sangen mit der stimmlichen Kontrolle einer Katze unter der Dusche. Doch inzwischen, als es die Jekamis schon ein paar Monate lang gab, hatten die Leute allmählich den Dreh raus. Und immer mehr kamen mit neuen Liedern zum Jekami, fix und fertig a cappella arrangiert. Eines der beliebtesten Lieder der letzten Jekamis war »Lass mich den Traktor fahren« - die Ballade von einem Kolonisten, dem ein Mennonit beibrachte, wie man einen mechanischen Traktor fuhr, weil die Mennoniten die Einzigen waren, die mit nichtcomputerisiertem landwirtschaftlichem Gerät umgehen konnten und allen anderen erklären mussten, was man mit dieser vorsintflutlichen Technik anstellte. Das Lied endete damit, dass der Traktor in einem Graben landete. Es basierte auf einer wahren Geschichte. Die Mennoniten fanden das Stück sehr witzig, auch wenn darin ein Traktor zu Schrott gefahren wurde.
Lieder über Traktoren waren weit von dem entfernt, was wir zuvor gehört hatten, aber schließlich waren wir auch in jeder anderen Hinsicht weit von allem entfernt, was wir zuvor
gekannt hatten, so dass es gar nicht so unpassend war. Und wenn man etwas für Soziologie übrig hatte, konnte man sich vorstellen, dass Roanoke in zwanzig oder fünfzig Standardjahren, falls die Koloniale Union uns jemals wieder mit dem Rest der Menschheit Verbindung aufnehmen ließ, bestimmt einen ganz eigenen Musikstil hervorgebracht hatte. Vielleicht nannte man ihn Roanokappella. Oder Jekamioke. Oder sonst wie.
Doch in diesem speziellen Moment interessierte mich nur, wie ich Gretchen dazu bringen konnte, den richtigen Ton zu singen, damit wir beim nächsten Jekami mit einer halbwegs erträglichen Version von »Delhi Morning« auftreten konnten. Aber ich war dabei, auf ganzer Linie zu scheitern. So fühlte es sich an, wenn einem klar wurde, dass man nicht einmal von seinem Lieblingslied, das man ständig rauf und runter gehört hatte, jeden einzelnen musikalischen Pinselstrich kannte. Und da meine einzige Kopie dieses Liedes auf meinem PDA gespeichert war, den ich nicht mehr benutzen konnte, den ich nicht einmal mehr hatte, sah ich keine Möglichkeit, dieses Problem zu beheben.
Es sei denn … »Ich habe eine Idee«, sagte ich zu Gretchen.
»Bist du darauf gekommen, wie du lernen könntest, beim Singen den richtigen Ton zu treffen?«
»Viel besser!«
Zehn Minuten später befanden wir uns auf der anderen Seite von Croatoan und standen vor dem Informationszentrum des Dorfes - dem einzigen Ort auf dem gesamten Planeten, wo es noch funktionierende elektronische Geräte gab, weil man es so eingerichtet hatte, dass die Wände keine Radiowellen oder sonstige Signale hindurchließen. Leider
reichten unsere technischen Mittel kaum aus, mehr als einen Frachtcontainer umzubauen. Die gute Nachricht war, dass man bereits an einem zweiten arbeitete. Die schlechte Nachricht war, dass es nur noch für einen Klinikcontainer reichte. Manchmal war das Leben einfach nur ungerecht. Gretchen und ich betraten den Empfangsbereich, in dem es wegen der signalschluckenden Wandverkleidung pechschwarz war. Man musste erst die äußere Tür des Informationszentrums schließen, bevor man die innere öffnen konnte. Also fühlte es sich für etwa anderthalb Sekunden an, als würde man vom bitterschwarzen, gesichtslosen Tod verschluckt. Keine Erfahrung, die ich weiterempfehlen würde.
Dann öffneten wir die innere Tür und standen vor einem Computerfreak. Er sah uns beide an, reagierte mit leichter Überraschung und setzte dann diesen Nein -Ausdruck auf.
»Die Antwort ist: Nein«, bestätigte er seinen Gesichtsausdruck.
»Ah, Mr. Bennett«, begrüßte ich ihn. »Sie wissen ja gar nicht, weswegen wir gekommen sind.«
»Dann gehen wir die Sache mal logisch an«, sagte Jerry Bennett. »Zwei jugendliche Mädchen - beide zufällig Töchter der Führungsriege dieser Kolonie - kommen in den einzigen Raum in der ganzen Kolonie spaziert, wo man mit einem PDA spielen könnte. Hmm. Sind sie hier, um mich zu bitten, mit einem PDA spielen zu dürfen? Oder sind sie hier, um sich an der Gesellschaft eines stämmigen Mannes im mittleren Alter zu erfreuen? Diese Frage ist nicht sehr schwer zu beantworten, Miss Perry.«
»Wir wollen uns nur ein
Weitere Kostenlose Bücher