Zwischen den Welten: Eine neue Welt (German Edition)
Sohn groß zu ziehen. Inzwischen war ihre Seele so kalt geworden, wie sie sich immer gegeben hatte. Sie hasste inzwischen alle Menschen, außer ihrem Sohn. Genauso erzog sie ihn auch. Sie selbst unterrichtete ihn in staatsmännischen Angelegenheiten, Ethik und allem, was ein zukünftiger König brauchen würde, wobei sie keine gute Lehrerin war und in erster Linie nur ihren Hass an ihn weitergab. Zudem untersagte sie ihm jeglichen Kontakt zu anderen Kindern, sie wollte ihn ganz für sich haben. Als er dann ein Jugendlicher wurde begann etwas, das nie hätte beginnen dürfen. Seine Mutter Avinia war für Rogiin eine Göttin, ebenso war er für sie eine Art Gott, das einzige Wesen, fürdas sie etwas empfand. Und so wurde aus elterlicher Liebe mehr. Da sie für sich die einzigen Bezugspersonen waren, hasste Fanmor seinen vermeidlichen Sohn und seine Frau inzwischen doch. Wie weit diese verbotene Beziehung führte weiß keiner so genau, jedenfalls ging sie weit genug, dass Fanmor etwas tun musste. Er zwang seinen Sohn, der Sorvina beizutreten, damit er ihn ständig unter Kontrolle hatte. Nachdem sein Sohn also erst mal aus dem Weg und in der Ausbildung war, wollte Fanmor einen weiteren Nachkommen, diesmal einen, der definitiv von seinem Blut sei, und den er nach seinem Bild erziehen konnte. Avinia verweigerte sich ihm der Legende nach. Ob dies wirklich auf handfesten Fakten beruht, können wir heute nicht mehr sagen. Also musste er sich mit Gewalt das nehmen, was er begehrte. In den folgenden Monaten ließ er seine Frau Tag und Nacht streng bewachen, dass sie dem tatsächlich in ihr heranwachsenden Kind nichts anzutun vermochte.
Vor zweihundertneunzig Jahren wurde das Kind unter dem Namen Kalin dann geboren. Fanmor widmete dem Kind in der Tat seine ganze Zeit. Durch diesen Jungen wurde er auch besänftigt. Statt weiter eine Terrorherrschaft zu pflegen erkannte er durch sein plötzliches Kindesglück seine väterliche, sorgsame Seite. Kalin wuchs, im Gegensatz zu seinem Bruder Rogiin, zu einem bedacht handelnden, klugen und einfühlsamen Jungen heran, wodurch oftmals der Eindruck entstand, sein Vater lerne mehr von ihm, als andersherum. Doch das Unheil war schon angerichtet. Avinia lehnte das in aller Gewalt gezeugte Kind ab und liebte weiterhin nur ihren anderen Sohn Rogiin. Dieser genoss, wider Erwarten, die Zeit bei der Sorvina, fand er hier doch eine im geheimen auf den Sturz Fanmors wartende Gruppierung von Elitesoldaten vor. Obwohl er seine Mutter abgöttisch liebte, wie bereits erwähnt, nicht wie ein Kind seine Mutter lieben sollte, sah er sie kaum noch. Dann, vor zweihundertdreiundsechzig Jahren, eskalierte die Situation. Die Duwalfir, wurden durch eindanebengegangenes, magisches Experiment einiger Mitglieder des alten Volkes, soweit wir Wissen allen voran Talon unter dem Einfluss seines geheimen Freundes Ken barh U'uk, zu lebenden Toten und verwandelten das einst fruchtbare Land westlich des Dornenwaldes in das heutige Dunkelmoor. Fanmor erkannte, ebenso wie viele andere Menschen, wie gefährlich die Kräfte des alten Volkes waren. Und aus dem Misstrauen wurde Hass auf sie. Alle bisherigen Bemühungen der Duwalfir, beide Parteien zusammenzuführen trugen wenig Früchte, und nun sahen sich alle bestätigt darin, dass die bisherige Ablehnung richtig war. Dennoch weigerte Fanmor sich zum Krieg rüsten, was sein verstoßener Sohn und die Sorvina nicht unterstützen wollten.
Zu diesem Zeitpunkt beging Avinia dann Selbstmord. Der Druck wurde zu viel für sie. Nicht nur, dass ihr Gemahl sie vergewaltigt und das entstandene Baby mehr geliebt hatte, als er sie jemals tat, auch der Sohn, zu dem sie sich auf einer beziehungsähnlichen Ebene hingezogen fühlte, hatte nie Zeit für sie und schien ihr an die Sorvina verloren gegangen zu sein. Der streng geheim gehaltene Abschiedsbrief, der heute ein wertvolles zeitgeschichtliches Dokument ist, offenbarte all dies, wobei manches auch durchaus Versuche der Verleumdung sein könnten. Nun gab es im Königshaus jedenfalls zwei voneinander abgespaltene Seiten: Auf der einen der offizielle Thronerbe Rogiin, welcher mit reichlich Unterstützung aus dem Militär und der Bevölkerung, Krieg gegen das alte Volk führen wollte, auf der anderen der König Fanmor und Rogiins Bruder Kalin, welche den Krieg verhindern wollten. Fanmor plante die anstehende Hochzeit seines geliebten Sohnes Kalin dazu zu nutzen, zu verkünden, dass aufgrund der Aussichten auf einen weiteren Thronerben und des
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