Zwischen den Welten: Eine neue Welt (German Edition)
er fühlt sich schon wieder halbwegs wach. Je länger er über vergangene Nacht nachdenkt, desto mehr erzürnt es ihn. Ein kurzer Blick in den Spiegel. ”Ich werd dem Mistkerl heute zeigen, dass ich kein Versager bin.” Ein tiefes Durchatmen ”Ich werde Jennifer heut meine Liebe gestehen”. Aber wem macht er was vor? Er glaubt es doch selbst nicht, was er seinem Spiegelbild eben voller, nicht gerade souverän vorgespielter Überzeugung weis machen wollte. Nicht überlegen, schnell die Zähne putzen, dann hinein in die Klamotten. Kaffee. Auf jeden Fall noch einen Kaffee runterkippen, bevor es rüber zu Kev geht. Nochmal kurz alles abchecken, denn er will Kevin nicht immer unnötig mit seinem Kummer belasten. Sowas wird einem irgendwann peinlich, wenn man nicht in der Lage ist, mit sich und seinen Problemen klarzukommen. Er ist nun mal kein Mensch, der alles selbst in die Hand nimmt, sich seinen Weg freikämpft, er wird einfach nicht fertig damit.
Perfekt. Nun kann es losgehen. Raus aus dem Haus, bloß nicht den Eltern begegnen, denn das Gelaber, wo er gestern war, was er gemacht hat, warum er so spät und vor allem wie er nach Hause gekommen ist, muss er sich jetzt nicht antun. Schnell über die Straße ab zu Kevins Haus. Kev öffnet die Tür,
”Moin C, komm rein. Warte ich hol erst mal Bier.”
Schon geht es los. Wenn das so weitergeht, dann wird das heute Abend wieder nix mit Jennifer. Ein Gedanke, der Cody fertig macht. Irgendwie ist es mit Jennifer einfach mehr, als pures, jugendliches "Verliebt sein". Sie passt eigentlich perfekt zu ihm. Sie liebt es sich zu amüsieren, sie hat auch keine Abneigung gegen Leute, die nicht so wirklich mit sich selbst klar kommen. Die meisten Mädels, mit denen er bis dato zu tun hatte, waren einfach nur auf Kurzweil, auf Spaß aus, etwas wofür er Kev dankbar ist, aber was ihn nicht richtig zufrieden gestellt hat. Jennifer ist hingegen die Erfüllung seiner Träume, intelligent, perfekt gebaut und im Kern ein sensibles Wesen. Eigentlich nicht der Typ, der auf Cole hereinfällt. Weshalb also seine Befürchtungen?
Er weiß es selber nicht. Er ist einfach zu pessimistisch. Nie verlässt ihn die Hoffnung, aber auch nie das Gefühl, dass er einfach ein Träumer ist. Dies ist seine Bestimmung, sein unabwendbares Schicksal, zumindest redet er sich das ein. Egal wie sehr Kev ihm zur Seite steht, egal, wie sehr er ihm versucht zu helfen, nichts ändert etwas dadran : er ist ein Träumer, einer, dessen Wünsche sich nie zu erfüllen drohen. Auch My Dying Brides "A cruel Taste of Winter", welches laut und melancholisch aus Kevs Anlage dröhnt ändert nix daran. Eher verdeutlicht es ihm seine Hoffnungslosigkeit. Mut mag er sich machen so viel er will, er bleibt der Gleiche, die Person, die Jennifer mit all seinen Gefühlen nicht zu faszinieren mag. Da kommt auch schon Kev mit dem Bier. Ein kurzes Zischen, schon ist es auf. Es hilft kein Stück, aber es spendet Trost, es lenkt ab, somit ist es für den jetzigen Moment genau das Richtige. Still lauscht Cody der Musik, nickt den Kopf langsam zum Takt.
”Was ist los?”, wirft Kev ein, ”Immer noch deprimiert wegen Jennifer?”
Am liebsten würde Cody laut ”Ja” schreien, am liebsten anfangen zu weinen, doch wie paralysiert sitzt er da. Nur ein Nicken kann er aus sich herausdrücken.
”Mensch, es gibt doch noch andere, früher oder später wirst auch du die Richtige finden. Lass dich deswegen nicht runterziehen. Mir geht es doch ähnlich, ich begegne nur oberflächlichen Weibern, die einem nix bedeuten können.”
Er mag Recht haben, aber er kann glücklich sein. Er ist kein Versager. Ihm ist Erfolg, wie auch immer er aussehen möge, nicht fremd. Mehr fällt Cody dazu nicht ein, nur auszusprechen wagt er es nicht, selbst wenn Kev ihn bedingungslos verstehen würde. Kev steht ihm innerlich näher, als Cody bewusst ist.
”Ach was soll’s, heute Abend werd ich dir mit Jennifer helfen, du weißt doch, dass du auf mich zählen kannst.”
Ja, er kann auf ihn zählen. Doch hilft ihm das? Wer mag schon unselbstständige Trottel, die nicht einmal mit ihren Gefühlen klar kommen, geschweige denn, sie offen zeigen können? Nein, hierbei kann Kev tun was immer er will, eine wahre Hilfe wäre es nicht.
Das Bier leert sich, die Zeit verstreicht. Man trinkt noch ein Bier. Der Moment der Wahrheit rückt näher. Und nie kam sich Cody so einsam, so verlassen vor. Je ernster sein Vorhaben, Jennifer alles zu gestehen wird, desto geringer wird
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